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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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und
wärmte ihn am eigenen Leib, als sich von der Kälte die Körperwärme rauben zu
lassen. Sie schlüpfte mit den Füßen hinein und schob ihre Arme durch die Ärmel,
dann machte sie den Reißverschluss vorn zu.
    Auf nackten Sohlen
ging sie zu Solo. Dieses Mal konnte sie seinen Hals spüren. Er fühlte sich warm
an. Sie war sich nicht sicher, wie lange eine Leiche die Körperwärme
speicherte. Dann spürte sie ein schwaches, langsames Pochen an seinem Hals.
Einen Puls.
    »Solo!« Sie
schüttelte ihn an der Schulter. »Hey!« Welchen Namen hatte er noch gleich
geflüstert? Sie erinnerte sich: »Jimmy!«
    Sie untersuchte die
Kopfhaut unter seinem struppigen Schopf und sah eine Menge Blut, das meiste
geronnen. Sie blickte sich nach ihrer Umhängetasche um – sie hatten Essen,
Wasser und trockene Kleider für ihre Rückkehr mitgebracht –, doch die Tasche
war verschwunden. Stattdessen nahm sie ihre feuchte Unterwäsche. Sie wusste
nicht, wie sauber das Wasser war, das der Stoff aufgesogen hatte, aber es war
besser als nichts. Sie drückte den Stoff zu einem dichten Knäuel zusammen und
wrang es über Solos Lippen aus. Sie ließ Wasser auf seinen Kopf tropfen, strich
sein Haar zurück, damit sie die Wunde untersuchen konnte, und fuhr mit den
Fingern über den hässlichen Schnitt. Kaum hatte das Wasser das klaffende Loch
berührt, war es, als hätte sie einen Knopf gedrückt. Solo zuckte zur Seite, weg
von ihrer Hand und der tropfenden Unterwäsche. In seinem Bart blitzten die
Zähne gelb auf, er schrie vor Schmerz laut auf. Seine Hände hoben sich vom
Boden, verharrten angespannt. Noch immer war er nicht bei Bewusstsein.
    »Solo! He, alles ist
in Ordnung.«
    Sie hielt ihn fest,
als er mit flackerndem Blick und blinzelnden Lidern zu sich kam.
    »Alles okay, alles
wird gut.«
    Mit der
zusammengeknüllten Unterwäsche betupfte sie seine Wunde. Solo brummte und hielt
ihr Handgelenk fest, zuckte aber nicht zurück.
    Blinzelnd sah er
sich um. »Wo bin ich?«
    »Ganz unten im
Silo.« Sie war glücklich, seine Stimme zu hören. Am liebsten hätte sie vor
Erleichterung geheult. »Ich glaube, du bist angegriffen worden …«
    Er versuchte, sich
aufzurichten, stöhnte mit zusammengebissenen Zähnen. Seine Finger umklammerten
ihr Handgelenk.
    »Ganz ruhig!« Sie
versuchte, ihn auf dem Boden zu halten. »Du hast ein schlimmes Loch im Kopf.
Eine riesige Beule.«
    Er entspannte sich.
    »Wo sind sie?«,
fragte er.
    »Ich weiß es nicht.
Woran erinnerst du dich? Wie viele waren es?«
    Er schloss die
Augen, sie betupfte noch immer die Wunde.
    »Ich glaube, nur
einer.« Plötzlich riss er die Augen auf, als würde ihn die Erinnerung an den
Angriff erschrecken. »Er war in meinem Alter!«
    »Wir müssen nach
oben«, sagte Juliette. »Wir müssen ins Warme, müssen die Wunde auswaschen und
mir trockene Sachen besorgen. Kannst du dich bewegen?«
    »Ich bin nicht
verrückt«, sagte Solo.
    »Das weiß ich doch.«
    »Die Dinge, die sich
im Silo bewegt haben, das war nicht ich. Ich bin nicht verrückt.«
    »Nein«, stimmte
Juliette zu. Sie erinnerte sich an all die Male, als sie dasselbe von sich
selbst gedacht hatte, immer ganz unten im Silo, zumeist, wenn sie die Versorgungsabteilung
durchkämmt hatte. »Du bist nicht verrückt, ganz und gar nicht.«

73. KAPITEL
    Silo 18
    Lukas
konnte sich nicht zum Lernen durchringen – nicht zu dem, was er lernen sollte.
Die Weisung lag aufgeschlagen hinter ihm auf dem Holzschreibtisch unter der
kleinen Lampe, deren Lichtkreis auf die Seiten fiel. Lukas stand stattdessen
vor der Schautafel und starrte auf die Lage der Silos – die ähnlich angeordnet
waren wie die Server im Raum über ihm – und lauschte den Kampfgeräuschen, die
knisternd aus dem Funkgerät drangen.
    Sims’ Team hatte ein
paar Mann in einer größeren Explosion verloren – irgendetwas war mit einer
Treppe passiert, aber nicht mit der Haupttreppe –, und nun führten sie ein
Gefecht, von dem sie hofften, dass es das letzte wäre. Das Funkgerät rauschte,
als die Männer ihre Aktionen abstimmten und Bernard von seinem Büro in der IT aus Befehle gab, und immer waren hinter den Stimmen
noch Schüsse zu hören.
    Lukas wusste, dass
er nicht zuhören sollte, doch er konnte nicht anders. Juliette würde jeden
Moment anrufen und ihn nach den neuesten Meldungen fragen. Sie würde wissen
wollen, was geschehen war, wie die Kämpfe ausgegangen waren. Und schlimmer, als
ihr das zu erzählen, wäre es, zugeben zu müssen, dass er nicht

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