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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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und in dem Vinzi ein Zimmer für sich gebucht hatte. Es war ein dreistöckiges Hotel mit dicken Mauern und kleinen Fenstern. Im Erdgeschoss war eine Gaststätte, bei der es sich aber erstaunlicherweise nicht um ein traditionelles Schweizer Wirtshaus handelte, wo es Rösti, Fondue oder Pizzoccheri gab. Der geschwungene Schriftzug über der Eingangstür ließ vermuten, dass es ein asiatisches Restaurant war. Wang Tong 23 stand in leuchtenden Neonbuchstaben an der Wand, was so gar nicht zu dem rustikal aussehenden Hotel mit den massiven Fensterläden und den Wandmalereien passen wollte.
    Vinzi öffnete die Tür des Mercedes, woraufhin das Mädchen, das kein Wort mehr von sich gegeben und auch sonst keinen eindeutigen Hinweis auf ihre Anwesenheit geliefert hatte, ebenfalls Anstalten machte auszusteigen.
    »Sag mal, wo willst du denn hin?«, wollte Plotek wissen.
    Sie öffnete flugs die hintere Tür, stieg aus, entfernte sich ohne ein Wort oder auch nur einen Blick zurück vom Wagen und verschwand in der Dunkelheit. Plotek und Vinzi sahen ihr hinterher.
    »Die hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank, oder?« Vinzi tippte sich an die Stirn.
    »Hmm.«
    »Ich muss noch mal kurz an den Kofferraum.«
    »Schaffst du das allein?« Plotek saß noch immer auf dem Fahrersitz.
    »Klar.«
    »Bis morgen.«
    »Ja.«
    Nachdem Vinzi den Rollstuhl von der Rückbank gewuchtet hatte, machte er sich kurz am Kofferraum zu schaffen. Dann schloss er den Deckel, hob die Hand zum Gruß und rollte in seinem Rollstuhl mit dem Stoffbeutel im Netz auf dem schneebefreiten Weg in Richtung Hoteleingang. Als Plotek einen kurzen Blick nach hinten warf, entdeckte er auf der Rückbank eine selbst gebrannte und unbeschriftete CD .
    Hat die Göre wohl vergessen, dachte er und steckte sie in seine Jackentasche. Dann startete er den Mercedes, der jetzt erstaunlicherweise sofort ansprang, und fuhr los.
    Nur ein paar Straßen weiter befand sich die Privatklinik von Dr. Wehrli. Es war ein erst jüngst von einem Schweizer Stararchitekten umgebautes Hotel, wie Plotek von Dr. Hohenthaler wusste, das nicht nur modern und funktional daherkam, sondern anlässlich der zurückliegenden Feiertage auch noch festlich beleuchtet war. Alles wirkte zwar auf den ersten Blick etwas kühl, aber dennoch einladend. Der zweite Blick ließ Plotek dann in eine andere, vorher nicht gekannte Welt eintauchen. Die Welt der traditionellen chinesischen Heilmethoden. Die Welt der Alternativmedizin und des Alternativlebens. Das war auch ein wenig China in der Schweiz. Das war keine schnöde Privatklinik, die in erster Linie Kranke gesund zu machen gedachte. Das war auch ein anderer Lebensentwurf. Es war faszinierend, aber auch befremdlich. Genau so sah es auch aus. So roch es auch. Nach ätherischen Ölen, nach Räucherstäbchen und sonstigen exotischen Düften. Wie aus der Zeit gefallen und kopfüber hineingestürzt in dieses schlitzäugige Universum, fand sich Plotek mit seiner abgewetzten Sporttasche, auf der die Weltmeisterschaftsmaskottchen Trip und Trap von 1974 abgebildet waren, im Eingangsbereich der Klinik wieder. Er war verunsichert, zerzaust und fühlte sich, als stünde er mit dem falschen Fuß in der falschen Welt. Dabei schien er alles richtig zu machen. Denn gleichzeitig hatte er den Eindruck, es ginge ihm, allein durch das Betreten dieser gesund machenden Einrichtung, schon ein bisschen besser.
    Dr. Wehrli wartete bereits ganz in Weiß gekleidet auf den empfohlenen Gast aus München. Er empfing Plotek mit weit ausgebreiteten Armen und einem warmherzigen, noch breiteren Lachen. Der vielleicht fünfzigjährige Arzt war auffällig braun gebrannt, hatte nur mehr schütteres blondes Haar und ein freundliches, aber spitzes Gesicht, das, als das Lachen verschwunden war, ein wenig ausgemergelt wirkte. Dr. Wehrli sah eher wie ein Extremsportler aus – Bergsteiger, Marathonläufer, Ruderer – als wie ein Mediziner. Sein Händedruck war fest und trocken, und seine Zähne schimmerten weiß. Fast so weiß wie der Pullover, den er trug. Der Doktor wirkte entspannt, gar heiter und war die Freundlichkeit in Person. Als müsste er seinem alten Kommilitonen Hohenthaler nicht nur einen Gefallen tun, sondern stünde in seiner ewigen Schuld.
    Vielleicht mal die Freundin ausgespannt oder dergleichen, dachte Plotek, und war von so viel Herzlichkeit und Wärme irritiert. Es war aber nicht nur die menschliche Wärme, die ihn in dieser Privatklinik empfing. Auch die Ofenwärme, die so intensiv nach

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