Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)
entkrampft, Beine schulterbreit auseinander.«
Britta, die Therapeutin mit den spitzen Brüsten unter dem T-Shirt, gab mit ihrer warmen Stimme Anweisungen, die alle Patienten zu befolgen versuchten. Mehr oder weniger erfolgreich. Bei manchen war das Becken, anstelle von leicht, extrem gekippt. Bei anderen sah der Reiterstand aus wie der eines Pferdes. Von wirklicher Entspannung konnte bei niemandem die Rede sein.
»Wir atmen tief ein und auf dem Holzlaut aus«, sagte Britta.
Während Plotek noch Hä? dachte und Holzlaut?, hörte er schon, wie die versammelten Qigongler alle »Schschschschsch …« machten.
Machte er eben auch »Schschschsch …«.
»Wir heben die Arme, falten die Hände wie zum Gebet und atmen auf dem Feuerlaut aus.«
»Haaaaaaaa …«
Bei Plotek klang es weniger nach »Ha« als nach »Ah!«.
»Die Hände sinken neben den Körper, wir atmen ein, heben die Hände vor dem Körper nach oben und atmen auf dem Erdlaut aus.«
»Ooooooooaaaaaaaa …«
So ging das noch eine ganze Weile. Dabei schienen nicht nur Brittas Brustwarzen unter dem T-Shirt immer spitzer zu werden, Plotek merkte auch, wie sein Schwindelgefühl mit jedem Ausatmen zunahm. Bei der Verbindung von Himmel und Erde war es dann wieder so weit. Das morgendliche Qigong endete einmal mehr mit dem Sturz auf der Matte. Schadenfroh belächelt von allen anderen. Nur die Qigong-Expertin Britta half ihm liebevoll hoch und übte sich in Zuspruch.
»Macht nichts!«, sagte sie und: »Ich garantiere Ihnen, bevor Sie nach Hause fahren, wird Ihnen die Übung ganz leicht von der Hand gehen.«
Immerhin meldeten sich die Rücken- und Fußschmerzen nach diesem Sturz nicht zurück. Gestützt von Britta fand sich Plotek kurze Zeit später auf dem Futon wieder. Nach der Shiatsu-Massage von Frau Wehrlis flinken Händen, bei der er erneut eine hammerharte Erektion auf den Futon drückte und erbarmungslos vor sich hinfurzte, beabsichtigte Plotek, angeregt oder besser genötigt von Frau Wehrli, sich auf einen Mittagsspaziergang zu begeben.
»In Sils gibt es unbeschreiblich viele Parkbänke«, sagte Frau Wehrli, während sich Plotek vom Futon erhob. »Ideal also auch für ungeübte Wanderer, wie Sie es sind.«
Sie sah ihm offenbar an, dass er jegliche Bewegung normalerweise vermied.
»Sollten Sie ermüden, setzen Sie sich einfach ein wenig hin und ruhen sich aus. Aber immerhin sind Sie an der frischen Luft und haben Bewegung.« Frau Wehrli lächelte engelsgleich. Sie sah jetzt so aus, als wollte sie mit und würde gleich die Wanderschuhe schnüren. »Am besten nehmen Sie die Route die Fexer Straße hoch Richtung Hotel Waldhaus ins Fextal . Eine halbe Stunde hin und eine halbe zurück.«
Das Lächeln entwickelte sich zu einem Lachen. Es war ein schönes, offenes Lachen, das schneeweiße Zähne preisgab. Plotek merkte Frau Wehrli an, dass sie bedauerte, noch weitere Patienten therapieren zu müssen, anstatt ihn auf einem gepflegten Spaziergang zu begleiten.
»Sie werden sehen, wenn Sie zurück sind, geht es Ihnen noch viel besser.«
Eigentlich hatte Plotek keine Lust zu wandern. Schon ga r nicht, als er einen Blick aus dem Fenster warf. Es schneite wieder. Trotzdem konnte er der bezaubernden Frau Wehrli nicht widersprechen. Hätte sie von ihm verlangt, ins Fextal und zurück zu joggen, hätte er ihr auch das womöglich nicht abschlagen können.
»Na, geben Sie sich einen Ruck. Es lohnt sich«, sagte sie und erstickte seine letzten Zweifel mit ihrem Charme.
Doch kaum war er auf der Straße Richtung Hotel Waldhaus unterwegs, ärgerte er sich, dass er sich hatte breitschlagen lassen. Das war mal wieder typisch. Normalerweise war Plotek ein Sturkopf. Wenn er etwas nicht wollte, dann machte er es auch nicht. Aber sobald ein süßes Vöglein in seine Ohren zwitscherte, wurde er zur närrischen Katze und sah sich Dinge unternehmen, an die er zuvor nicht einmal zu denken gewagt hatte.
Als er außerhalb von Sils Maria angelangte und sich dann den steilen Berg hochschleppte, nahm auch noch der Schneefall zu.
»Verflucht!«
Daumennagelgroße Flocken fielen nicht nur vom Himmel, sondern stürzten sich geradezu halsbrecherisch zur Erde und überzogen die schmale Straße mit einer weißen Schneeschicht. Der Wind nahm ebenfalls zu und peitschte Plotek ins Gesicht, Schnee und Wind zusammen gaben ein erstklassiges Schneegestöber ab. Ploteks Beine schmerzten bereits. Er fror. Seine Cordjacke war mittlerweile durchnässt, die leichten Sommerschuhe ebenso. Er war
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