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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Wehrli lachte dabei. »Jäggi, der Spinner!«
    »Er behauptet sogar, der Asiate vom Himmel, der in der Hütte gelandet ist, hätte damit zu tun.«
    Ein leichter Rotschimmer legte sich auf die Wangen der Frau Wehrli. Was ihr ausgesprochen gut stand.
    »In der Hütte wurde ein Kondom gefunden.«
    Frau Wehrli schwieg – wohlweislich.
    »Ein gefülltes Kondom. Der Inhalt war noch warm.«
    Der Engel langte kräftiger zu, wie Plotek schien.
    »Aua!«
    Das Bein war überdehnt, die Muskeln ächzten.
    »Entschuldigung.« Frau Wehrli sagte es weniger ent schuldigend als vorwurfsvoll. »Aber Sie müssen sich auf d ie Bewegungen konzentrieren, sonst kann das Ki nicht fließen! Wenn Sie ständig reden, ist das kein Wunder.« Noch größerer Vorwurf.
    Was ist kein Wunder?, dachte Plotek und hielt von nun an den Mund.
    Dennoch konnte er sich nicht auf die Anregung und Harmonisierung seines Energieflusses konzentrieren. Da hatte die Frau Wehrli schon recht. Auch wenn sie noch so sanft auf ihm herumknetete.
    »Vielleicht sollte man einen Gentest machen«, fiel Plotek wie ganz nebenbei aus dem Mund. »Speichelprobe. Dann könnte man herausfinden, von wem …« Der sanfte Druck war gar nicht mehr sanft.
    »Aua!«
    Dieses Mal kein »Entschuldigung«. Dafür: »Das macht den Asiaten auch nicht mehr lebendig.«
    Noch ehe Plotek weitere Provokationen von sich geben konnte, beendete Frau Wehrli, die ein bisschen genervt klang, mit »Fertig!« die Therapiesitzung. Ihr Energiefluss schien auch nicht mehr ganz so harmonisch zu sein.
    Während der anschließenden Akupunktursitzung ging plötzlich die Tür auf. Eine elegante, vielleicht siebzigjährige Frau mit akkurater Dauerwelle, geschminkt und mit Klunkern behängt, als wäre sie zu einer Opernveranstaltung unterwegs, kam ins Zimmer. Sie sah auf Dr. Wehrli herab wie der Vorstandsvorsitzende eines Großkonzerns auf das Reinigungspersonal.
    »Matteo, kommst du mal!«
    Ein Satz wie ein Strafbefehl.
    Dr. Wehrli zuckte zusammen. Die Akupunkturnadel verfehlte haarscharf das Ziel. Sie steckte jetzt neben und nicht im Meridian.
    »Aua!«
    »Mama, ich kann jetzt nicht«, sagte der Doktor, um Versöhnung bemüht. Aber denkste.
    »Matteo! Bitte!« Eine Stimme wie die vom Freisler vom Volksgerichtshof. Bedeutet: Todesstrafe.
    »Verzeihen Sie, Herr Plotek.« Der Delinquent schien geständig. »Ich bin gleich wieder da.«
    War er dann nicht. Nach fast einer Stunde auf der Liege hatte sich Plotek schon damit abgefunden, die Nadeln selbst aus den Meridianen zu ziehen. Musste er dann doch nicht, weil Britta, die Qigong-Expertin, den Raum betrat und zu Hilfe kam.
    »Wenn seine Mama ruft, dann muss er springen.«
    »Wie ein Reh.«
    »Ja. Da ist der Herr Dr. Wehrli einfach nicht konsequent genug.« Es klang ein wenig enttäuscht. »Die Mutter ist gewöhnungsbedürftig.« Sie flüsterte es mehr, als dass sie es sprach. Offenbar aus Angst. »Aber er hat ihr ja auch einiges zu verdanken.«
    »Was?«
    Britta zeigte mit einer weit ausholenden Geste um sich, als wollte sie sagen: »Das alles!«
    Das war allerhand.
    »So. Fertig.«
    Sie reichte ihm die Hand. »Geht’s?«
    Plotek stand auf. »Geht.«
    Nach dem Mittagstrunk verabredete sich Plotek mit Vinzi erneut zum Angeln. Dieses Mal war auch Klemens mit dabei. Als Vinzi ihm zwei Schnäpse in Aussicht stellte, war Klemens sogar bereit, mit dem Pickel das mittlerweile längst wieder zugefrorene Loch, das aber viel größer als noch am Vortag wirkte, aufzupickeln.
    »Danke!«
    »Kackarsch … doch nicht dafür … Ziegenficker!«
    Während Plotek anschließend angelte, rauchten Vinzi und Klemens einen Joint nach dem anderen zu Asche. Bis Klemens anfing zu singen. Lieder von Elvis natürlich. Dank des Marihuanas fast ohne Schimpfwörter.
    »Das wird!« Vinzi sagte es und reckte den Daumen in die Höhe. »Den Sieg kann dir niemand mehr nehmen!«
    Höchstens er selbst, dachte Plotek.
    Seit einer Stunde hing die Angelrute im Eisloch des Silsersees, wobei das Loch langsam schon wieder zufror, ohne dass sich da etwas bewegte. Kein Fisch weit und breit. Eigentlich hatte Plotek noch nie etwas gefangen. Eigentlich war Angeln auch nicht die Art von Sport, für die sein Herz schlug. Schon gar nicht im Winter. Es gab ehrlich gestanden überhaupt keine Sportart mehr, die ihn begeisterte. Fußball vielleicht mal, früher. Heute fand er Fußball so sexy, wie mit einer Angelrute an einem See zu stehen und sich den Arsch abzufrieren. Als ob die Angelrute Ähnliches empfand, bog sie

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