Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)
wiederum zu irritieren schien. Indem er Plotek fixierte, fragte er: »Was macht er da?« Außer einem abwesend wirkenden Lächeln war von Plotek nichts zu erwarten.
»Ich weiß nicht, ob ich das verraten darf.« Beat wollte wohl ein wenig mit seinem Wissen kokettieren.
»Du darfst«, sagte Vinzi.
»Du darfst, mein Schatz«, bestätigte Agatha. »Die beiden sind völlig integer und die liebsten Menschen, die ich kenne. Außer dir natürlich.« Wieder pflanzte sie einen Kus s auf seine Wange. Von nun an guckten zwei rote Kussmünder aus Beats Gesicht.
Wieder lachte Beat herzhaft, authentisch, liebenswert. »Aber ihr sagt es nicht weiter, ja?«
»Ganz bestimmt nicht.« Vinzi schüttelte den Kopf, und Plotek lächelte noch immer erhaben.
»Einmal im Monat wildert er in fremdem Gehege.« Beat gab sich noch immer geheimnisvoll. »Soll heißen: Er treibt sich im horizontalen Gewerbe herum.«
»Und was macht er da?«
»Das kannst du dir denken.« Er machte eine kurze Pause. »Seinen Hormonhaushalt auf den neuesten Stand bringen.«
Wie du mit Hilfe der Frau Wehrli, dachte Plotek plötzlich, wieder von sich selbst zurück und auf das Gespräch eingeschwenkt. Er sagte aber nichts aus Rücksicht auf Agatha. Denn dass sie über den Seitensprung ihres Bräutigams Bescheid wusste, war unwahrscheinlich.
»Wie weißt du das?«, fragte Vinzi und nickte Plotek zu, als wüsste er, was dieser momentan dachte.
»Ich habe ihn zufällig gesehen. Im Niederdorf, in Zürich. Bekannt als Puffviertel, Animiermeile, mit einer Menge Bordellen, auch Bars für die Homosexuellenszene.«
Und was machst du da?, wollte Plotek fragen. Ließ es aber, erneut aus Rücksicht auf Agatha.
»Jäggi ist schon ein kurioser, undurchschaubarer Typ. Ein Eigenbrötler. Aber nicht wegzudenken von hier. Ohne den läuft nichts. Entweder man hat ihn zum Freund oder als Feind.«
»Und du?«
»Eher Feind, würde ich mal sagen.«
Agatha schien widersprechen zu wollen. Ehe sie aber etwas sagen konnte, fuhr Beat fort: »Ja, du hast schon recht, irgendwie haben wir uns auch arrangiert.«
Soll heißen: Der eine weiß vom anderen das, was niemand wissen soll, dachte Plotek, und so halten sie sich womöglich gegenseitig in Schach.
»Ist Jäggi eigentlich verheiratet?«, fragte Plotek, worauf hin die anderen ihn ansahen, als wären sie nicht nur über seine Frage verwundert, sondern auch über ihn selbst.
»Nee. Ich glaube, Frauen spielten bisher in seinem Leben nur eine untergeordnete Rolle«, sagte Beat. »Na ja, vor vielen Jahren, ich war da noch ein kleiner Knirps, gab es da wohl mal so eine Frauengeschichte. Sagt man.«
»Würdest du mit jemandem zusammenleben wollen, der Tiere ausstopft, Waldhorn spielt, ekelhaften Pfeifentabak raucht und sich am liebsten mit Waffe und scharfer Munition im Wald herumtreibt?«, fragte Agatha an Beat gewandt.
Der küsste nun seine Braut auf den Mund und sagte: »Ich will mit überhaupt niemandem außer dir zusammenleben!« Dann lachten beide überglücklich.
Würdest du jemanden heiraten wollen, der heimlich verheiratete Frauen in Futterhütten von hinten vögelt?, dachte Plotek und schüttelte lächelnd den Kopf. Was Agatha offenbar zum Anlass nahm, um zu fragen: »Wusstet ihr eigentlich, dass ich wieder schwanger bin?«
»Woher denn?« Vinzi wirkte gespielt überrascht.
»Im dritten Monat.«
Auch das noch, dachte Plotek und wollte schon »Von wem?« fragen. Er kam aber nicht dazu, weil Agatha freudig mit »Sein erstes!« dazwischenging. Nun küsste sie wieder ihren Bräutigam.
»Und hoffentlich nicht das letzte.«
»Wir wollen drei zusammen.«
»Das wären dann vier mit …«
»Kyra.«
»Wo ist die eigentlich?«, fragte Vinzi.
»Sie schläft.« Es klang wie: »Das Tier ist im Käfig.« Wieder bemerkte Plotek einige Pflaster an Agathas Hände n. Auch Beat hatte zwei an seinen. Als wäre dies das Stichwort, fragte Plotek: »Wie laufen eigentlich die Vorbereitungen für den Elvis-Wettbewerb?«
Heikles Thema jetzt.
»Na ja, könnte besser gehen.«
»Die Merchandising-Produkte in deinem Geschäft sind ja ziemlich großzügig ausgelegt«, sagte Plotek, wie man sagt: »Den Dreck verkaufst du nie!«
»Was soll das heißen?« Etwas feindselig von Beat.
»Glaubst du wirklich, dass so viele Elvis-Fans hierherkommen?«
»Ich glaube es nicht, ich weiß es!« Es klang trotzig.
»Die Silser haben noch nicht gemerkt, was für ein großes Potenzial in so einem Contest steckt.« Agatha eilte ihrem zukünftigen Mann zu
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