Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)
einer Frau durchaus noch zuzutrauen. Jetzt rein kräftemäßig. Aber der Österreicher …«
»Frau … Kackspecht … Pan?«, sagte Klemens ganz leise und warf einen hastigen Blick zum Tresen. Frau Pan lächelte, wie sie immer lächelte.
Vinzi schüttelte den Kopf, als könnte er sich alle und jeden, sogar sich selbst, als Mörder vorstellen, nur nicht die reizende Vietnamesin.
»Und was spielt eigentlich dieser dubiose Ami für eine Rolle?«, fragte Agnes.
Keiner der anderen wusste eine Antwort darauf, und sie schwiegen eine Weile, bis Klemens schließlich sagte: »Spargelfresse, Sackfalte … das macht doch … Pornohengst … alles keinen Sinn!«
»Stimmt, so kommen wir nicht weiter. Ich schlage vor, wir teilen uns auf.« Ein vergewissernder Blick in die Runde. »Ich knöpfe mir mal den Dorfpolizisten Jäggi vor. Klemens, Sie hören sich bei den Elvis-Imitatoren um. Vielleicht sind das ja gar nicht alles potenzielle Opfer. Und ihr beide«, sie zeigte auf Plotek und Vinzi wie die Lehrerin auf ihre Musterschüler, »macht euch an Beat Zuberbühler ran, okay?«
Einhellige Zustimmung.
Sils Maria glich jetzt einem belagerten Dorf. Die Presse spielte nun eine Hauptrolle mit starkem Drang zur Rampe. Soll heißen: alles Rampensäue! Oder: Vorher hatte sich keine Sau darum gekümmert, jetzt glaubte jeder darüber berichten zu müssen. Die Folge: Manche Silser rümpften die Nase ob dieser Dauerüberwachung. Andere genossen es, endlich mal wieder im Mittelpunkt zu stehen. Wenn auch nur des medialen Interesses. Sils Maria war seit Langem wieder mal eine Meldung in den Acht-Uhr-Nachrichten wert. Das wirkte sich auch auf den Tourismus aus. Es wurden Zimmer gebucht, was das Zeug hielt, und höchstens wie zur Hochsaison im Sommer. Fast alle Hotels waren voll. Nur war es jetzt nicht mehr die Abgeschiedenheit, nach der sich die Touristen sehnten. Die Ruhe war dahin, jetzt lockte das Abenteuer. Nach dem Motto: Wir sind mittendrin, also auch dabei . Oder: Von den Logenplätzen aus sieht man am besten. Was, war noch nicht ganz klar. Aber in Sils Maria lag nun mehr in der Luft als nur Frische. Es knisterte. Es knisterte bedrohlich. Der oder die frei laufenden Mörder verursachten Gänsehautgefühl. Wie Tatort im Ersten, nur in Echt. Und ohne die trügerische Sicherheit der Fernbedienung. Die Spanner, Adabeis und Möchtegern-Erlebnisreisenden kamen aus ihren Löchern gekrochen und gesellten sich zur Medienmeute.
Was die einen mit Argwohn beobachteten, war den anderen nur recht. Beat und Agatha zum Beispiel. Ihr Geschäft boomte. Die Karten für den Contest waren schon kurze Zeit nach dem dritten toten Elvis ausverkauft. Die T-Shirts, Zahnbürsten, Topflappen, Umhängetaschen, Tassen mit Elvis-Konterfei und dem Contest-Schriftzug drauf und die CD s der Imitatoren wurden gekauft, als ergatterte man damit auch einen Hauch des Grusels gleich mit. Das Anglergeschäft war belagert wie höchstens das Mauermuseum am Checkpoint Charlie in Berlin. Es zu betreten war kaum möglich. Es ging zu wie an den Wühltischen beim Kaufhof . Beat war natürlich bester Laune. Auch Agatha. Nur das Tier brüllte im Kinderwagen, als verlangte es ein Stück Hand.
Als Plotek und Vinzi zu den beiden aufbrachen, mussten sie feststellen, dass Marlies ums Hotel Zentral herumschlich wie eine rammelige Katze auf der Suche nach einem potenten Kater, sodass die beiden zwangsläufig, um nicht schon wieder in Handgreiflichkeiten verwickelt zu werden, den Hinterausgang nehmen mussten. Mit einem Umweg über den Fexbach und am Tennisplatz vorbei kamen sie am Anglergeschäft an.
Als Beat Plotek sah, war seine Laune sichtlich dahin. Er zuckte kurz zusammen. Das schlechte Gewissen ob seines doppelten Seitensprungs schien mit Ploteks Anwesenheit zurück. Agatha hingegen strahlte vor Freude über die beiden, dass die Wangen glänzten wie aufgehende Sonnen. Sicher freute sie sich auch ein wenig über den lang herbeigesehnten Erfolg. Und wie immer über Beat.
»Und, alles klar?«, fragte sie mit einer Fröhlichkeit, als könnte in Anbetracht von drei Toten gar nichts unklar sein.
»Bestens!«, kam von Vinzi, während Plotek Beat einen Blick zuwarf, der dem, wie es schien, das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Wenn es so weiterläuft, verlegen wir den Contest womöglich an einen größeren Austragungsort und verkaufen noch mehr Karten.« Jetzt sah Agatha voller Bewunderung zu ihrem Bräutigam.
»Verlegen wohin?«, fragte Plotek, während Beat sich noch immer
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