Silver Dragons 01 - Ein brandheisses Date
machte eine vage Handbewegung. »Er ist sehr flatterhaft, ehrlich gesagt. Er verfolgt immer hundert Projekte gleichzeitig, ohne jemals etwas zu Ende zu führen. Allerdings kann mir das nur recht sein, und ich bin die Letzte, die daran etwas ändern möchte.«
»Weil er dann für die sterbliche Welt nicht so gefährlich wird?«, fragte Aisling.
»Ja. Nichts, was ich in den letzten achtzig Jahren für Magoth stehlen musste, war auch nur annähernd so bedeutsam wie dieses Phylakterium. Ich werde zwar nicht gerne in die Rolle des Diebs gedrängt, aber zu wissen, dass die Dinge, die ich gestohlen habe, keine größere Rolle spielten, machte es irgendwie ein bisschen erträglicher. Magoth war einfach zu unkonzentriert, zu leicht abgelenkt.«
»Ja, er ist nicht der Hellste.« Jim nickte zustimmend.
»Genau. Aber dies hier … ist etwas völlig anderes. Er scheint geradezu auf das Phylakterium fixiert zu sein, und das bereitet mir große Sorgen. Ich darf nicht zulassen, dass er es in die Finger bekommt. Aber ich weiß auch nicht, wie ich mich einem direkten Befehl entziehen kann.«
»Manchmal habe ich etwas Spielraum, wenn Ash mir einen Befehl erteilt«, sagte Jim. »Was genau hat Magoth gesagt?«
»Er sagte mir, ich solle ihm das Phylakterium bringen. Besonders viel Spielraum sehe ich da nicht.«
Nachdenklich blickte Aisling mich an. »Das bedeutet, dass du ihm das Phylakterium geben musst, sobald es physisch in deinem Besitz ist.«
»Ja«, erwiderte ich langsam. Worauf wollte sie hinaus?
»Wir dürfen also einfach nicht zulassen, dass du es berührst. Wenn es sich nicht in deinem Besitz befindet, kannst du es ihm auch nicht geben, oder? Kinderleicht – du bist zwar eine Meisterdiebin, aber die grünen Drachen sind auch nicht schlecht, wenn es darum geht, etwas zu stehlen. Und Drake ist besonders gut darin.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, erwiderte ich verzweifelt. »Das Tresorgewölbe des Au-delà wird schwer bewacht, und es übersteigt sicher die Fähigkeiten selbst des allergeschicktesten Drachen, dort hineinzugelangen … aber ich verschaffe mir Zutritt zu Orten, die allen anderen versperrt sind. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben, als das Phylakterium dort zu holen. Ich sehe keine andere Möglichkeit – deshalb habe ich ja gedacht, du hättest vielleicht eine Idee, wie ich den Befehl missachten könnte.«
»Es tut mir leid, aber da bin ich auch ratlos«, erwiderte Aisling bedauernd. »Jim?«
Der Dämon schüttelte seinen zottigen Kopf. »Nada. Mir fällt bloß Dibbuk ein, und dazu würde ich nicht raten. Magoth mag nicht der Hellste sein, aber er ist kein Idiot. Er würde bestimmt an dir ein Exempel statuieren.«
Angst und Schuld schnürten mir die Kehle zu.
»Ich nehme an, du hast nicht mit Gabriel darüber geredet?«, fragte Aisling und warf einen raschen Blick zur Tür.
»Nein, es ist schon schwer genug, ihn davon abzuhalten, geradewegs auf Magoth loszugehen – ich möchte nicht das Verlangen bei ihm wecken, mich von meiner Bindung zu befreien.«
»Auch darüber werde ich mit Nora sprechen«, sagte Aisling entschlossen. »Sie ist meine Mentorin, und sie weiß alles, wozu Hüterinnen in der Lage sind. Ich weiß, es ist schwer, May, aber mach dir keine Sorgen. Alle zusammen finden wir vielleicht einen Weg, deine Bindung an Magoth zu beenden.«
»Du kannst Ash vertrauen – sie kennt Abaddon. Schließlich ist es ihr gelungen, sich rausschmeißen zu lassen«, sagte Jim.
Aisling versuchte, ein bescheidenes Gesicht zu machen. »Das ist mein Job …«
»… sie ist ein Profi«, fügte der Dämon hinzu.
»Entschuldigung!«, sagte ich weniger als eine Stunde später, als ich außer Atem die schmale Treppe zu einem kleinen Jet hinaufrannte. »Ich dachte, wir nehmen ein Portal.«
»Das lässt Drake nicht zu«, sagte Aisling lächelnd, während sie den Sicherheitsgurt über ihren mächtigen Bauch zog. »Er behauptet, sie seien für schwangere Frauen nicht sicher. Natürlich sagt er von Flugzeugen das Gleiche, aber es muss doch schließlich ein paar Vorteile haben, unsterblich zu sein, und einer davon ist, dass man fliegen kann, obwohl man schwanger ist.«
»Ah! Nun, ich muss mich entschuldigen, weil wir alle aufgehalten haben. Es ist meine Schuld, nicht Gabriels – ich wollte eine Doppelgängerin anrufen, die in Paris lebt, weil ich sie fragen wollte, ob sie uns mit dem Tresorgewölbe des Au-delà helfen kann, weil es so extrem gut geschützt ist. Es hat ewig gedauert, bis ich
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