Silver Dragons 03 - Drachen lieben heisser-neu-ok-26.12.11-KM
für ihn,
nicht darauf zu reagieren. Das wäre so, wie wenn ich einem ruhigen, schönen
Teich den Rücken zuwenden würde.«
»Wenn du müsstest, könntest du das durchaus«, grummelte ich.
Die Erkenntnis, dass sie die Wahrheit sagte, schmerzte.
»Nein, ich könnte es nicht.« Sie ergriff meine Hand und
drückte sie, bis ich aufblickte. »Mayling, das ist vielleicht schwer für dich
zu verstehen, weil du kein Wasserelement-Wesen bist. Aber Wasser ist nicht nur
etwas, was mich interessiert - es ist mein Leben. Es beherrscht mich, es treibt
mich an; der gesamte Fokus meines Seins richtet sich darauf. Wenn ich in der
Nähe eines Flusses bin, muss ich ihn sehen, ihn berühren, ich muss in seiner
Schönheit und Reinheit baden. Ich bin der Fluss, May. Verstehst du das?
Er ist ebenso Teil von mir wie meine Arme, meine Beine, mein Gehirn. Und ich
nehme an, so empfindet Gabriel bei dem Stück Drachenherz - es ist Teil des
Herzens, das in allen Drachen schlägt. Es ist ein wesentlicher Bestandteil von
ihm, so wie Wasser bei mir. Und du gehörst jetzt für ihn in dieser Gleichung
dazu.«
»Solange ich das Stück Drachenherz in mir trage«, sagte ich
düster.
Sie blickte mich einen Moment lang an und erhob sich dann.
»Sicher machst du dir Sorgen, dass du dich an das Stück Drachenherz verlierst,
aber ist dir jemals in den Sinn gekommen, dass auch das Gegenteil zutreffen
könnte?«
»Hä?«
Sie ging zur Tür und ergriff das Handtuch, das sie auf die
Kommode gelegt hatte. »Ich glaube schon, May, dass das Drachenherz dich
verändert. Aber du veränderst es auch. Vielleicht wirst du so werden, wie es
dir bestimmt ist. Und vielleicht veränderst du das Stück Drachenherz zu etwas
ganz anderem.«
8
Ich grübelte die ganze Nacht bis zum Morgengrauen über
Cyrenes bizarre Äußerung nach. Sie hatte mir zwar nicht versichert, dass
Gabriel mich noch genauso lieben würde, wenn das Stück Drachenherz nicht mehr
in mir war, aber ich stellte fest, dass mir ihre aufrichtige Antwort mehr wert
war als alle Plattitüden. Ich rieb über die kleine Narbe auf meiner Brust, wo
das Stück Drachenherz in meinen Körper eingedrungen war, starrte hinaus auf die
roten und goldenen Streifen am Horizont und fragte mich, was Gabriel jetzt wohl
tun mochte. Für den Augenblick war ich zufrieden damit zu wissen, dass ich ihm
ebenso fehlte wie er mir.
Ein paar Stunden später ging ich nach unten, müde von
Schlafmangel und zu vielem Grübeln. Ich dachte, ich sähe Gespenster, als Jim
auf mich zugetrottet kam.
»Heya, Mayling. Du siehst aus, als hätte man dich rückwärts
auf einem Stachelschwein durch Abaddon gezogen.«
»Jim ... hattest du nicht einen Teil deines Fells verloren?«
Ich berührte die Seite seines Kopfes, die angesengt gewesen war, und ließ dann
meine Hand zu einem großen weißen Fleck auf der Brust gleiten. »Und was ist das
hier? Ist es Farbe? Bleichmittel?«
»Nein, ich habe mich für ein paar Minuten von Ash nach
Abaddon schicken lassen, damit ich eine neue Gestalt besorgen konnte, eine,
deren Fell noch heil ist. Gefällt sie dir?« Der Dämon drehte sich um die eigene
Achse. »Der Schwanz ist zwar nicht ganz so buschig, aber diese Gestalt hat
einen weißen Fleck, und es weiß ja jeder, dass Frauen so was mögen. Oh, und
sieh mal! Drei weiße Zehen! Irgendwie rassig, was?«
»Sieht sehr gut aus«, stimmte ich ihm zu. »Ich ... äh ... es
tut mir leid. Mir war nicht klar, dass dir der Verlust des Fells so viel
ausgemacht hat. Ich hoffe, du hast Aisling nicht allzu sehr damit belästigt.«
»Eifersüchtig?« Er wackelte vielsagend mit den Augenbrauen.
»Ganz sicher nicht.«
»Oh, oh. Ich merke dir doch an, dass du sauer bist, weil ich
mich von dir nicht nach Abaddon habe schicken lassen - aber mach dir nichts
draus, süße Maus. Aisling hat es gerne gemacht. Sie war gerade auf und wollte
unbedingt der verrückten Dame aus dem Weg gehen. Außerdem war ich mir nicht
sicher, ob du es kannst.«
»Verrückte Dame? Oh, Drakes Mutter?«
Jim erschauerte. Er blickte über die Schulter. »Sie ist
gerade im Esszimmer mit Aisling. Drake macht den Schiedsrichter. Ich soll mit
Suzanne Gassi gehen. Kommst du mit?«
»Nein, ich bleibe lieber hier. Danke.«
Suzanne, Istváns Freundin, die für Aisling und Drake als
Köchin arbeitete, tauchte aus einem der hinteren Zimmer auf mit einer Leine und
ein paar Plastiktüten.
»Zeit zum Spazierengehen«, sagte sie mit schwerem Akzent.
»Willst du mitkommen, May?«
»Heute Morgen nicht,
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