Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
Hof der Burg. Als er den Schlüssel abzog, begannen seine Hände heftig zu zittern.
»Erreichst du immer noch niemanden?«
Winter gab ihm das Handy mit einem gereizten Seufzer zurück.
»Jetzt haben auch wir keinen Empfang mehr.«
Sie dachte genau dasselbe wie er: Die Besitzer all dieser Autos um sie herum näherten sich mit jeder Minute ihrem Tod. Wenn sie jemanden in der Burg warnen könnten, würde ihnen das einen Vorsprung verschaffen. Aber sie konnten nicht einmal sicher sein, dass die Wächter sie einlassen würden …
»Du wirst doch nicht im letzten Moment einen Rückzieher machen, oder, Starr?«, fragte Cameron sie besorgt.
Sie kniff die Lippen zusammen. Ihr blieb keine Zeit zu zögern.
»Ich habe es dir geschworen, Cameron.«
Sie trug eine übergroße schwarze Jacke, deren riesige Kapuze ihr ganzes Gesicht verbarg.
»Ich weiß nicht, warum du riskieren willst, dass sie uns festhalten.«
»Da drinnen sind mein Vater und alle meine Freunde, Cameron. Sie müssen wissen, dass ich lebe«, wiederholte sie zum zigsten Mal. »Und ich muss dich daran erinnern, dass wir uns nicht allzu gut geschlagen haben, als wir versucht haben, es ohne ihre Hilfe zu schaffen.«
Cameron zog eine entnervte Grimasse, erwiderte aber nichts.
»Sie werden uns helfen. Glaub mir.«
»In Ordnung«, räumte er schließlich ein. »Aber wenn es auch diesmal schiefgeht, wird unser Tod nicht mehr nur scheinbar sein.«
Sie starrten sich einen Moment lang an, bleich und entschlossen. Sie hatten eine Übereinkunft.
Der Vampir hakte sie unter.
»Ich werde jetzt allein vorgehen. Halt den Kopf gesenkt und versuch, keine Aufmerksamkeit zu erregen, während ich probiere, die Typen am Eingang davon zu überzeugen, uns durchzulassen. Ich glaube nicht, dass Rhys sich die Mühe gemacht hat, ihnen mitzuteilen, dass wir nicht mehr beste Freunde sind, aber man kann nie wissen. Im Notfall musst du also zum Auto rennen und fliehen.«
Winter nickte und folgte ihm. Neben der Tür standen zwei Wachposten; Soldiers, nach den weißen Schärpen zu schließen. Sie blieb im dunkelsten Teil der Veranda stehen.
Während Cameron weiterging, zwang sie sich, auf ihre Schuhe zu blicken, und hörte konzentriert zu, damit ihr kein Wort entging.
»Ich bin Cameron Farland«, sagte der junge Vampir mit kaum spürbarer Nervosität in der Stimme. »Meine Schwester und ich werden erwartet.«
Die Wächter würdigten sie keines Blickes.
»Tretet ein«, sagte einer der beiden mit einem untadeligen Lächeln.
Winter trat schnell neben Cameron.
»Das ging viel zu leicht«, murmelte sie, als sie durch die Gänge liefen. »Da stimmt etwas nicht.«
Cameron grinste. »Da sind wir ganz einer Meinung, liebe kleine Schwester .«
Sie irrten eine Weile herum, bis der Zufall ihnen zu Hilfe kam.
Einsam hallende Schritte zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich, und sie trafen auf Malcolm Dougall, der vor einer geschlossenen Tür stand. »Mach auf, Blackey«, sagte er.
Als sich die Tür öffnete, erkannte Winter die Stimmen von Danny Roberts, Morgan und Gareth, die miteinander diskutierten.
Ihre Großmutter hatte gesagt, dass auch Madison bei ihnen sei.
Cameron schnellte unvermittelt vor. »Ich muss mit Ihnen reden, Dougall. Jetzt gleich.«
Er trat hinter ihm ein. Als Dougall die Tür schließen wollte, blockierte Cameron sie mit dem Ellbogen.
Winter glitt in den Raum, erst dann schloss Cameron die Tür und lehnte sich dagegen.
Winter verlor keine Zeit mit Erklärungen, sondern stürzte zu ihrem Vater. Die Kapuze rutschte ihr vom Kopf, während sie ihn fast mit ihrer Umarmung erdrückte.
Morgan schwankte, völlig verblüfft. Er erkannte den Geruch seiner Tochter, noch bevor er ihr ins Gesicht sehen konnte.
Er hob sie hoch und wirbelte sie im Kreis, als sei sie ein kleines Mädchen.
»Du hier …«, murmelte er.
Winter lachte und weinte gleichzeitig, unfähig aufzuhören oder sich zu entscheiden.
»Ich lag im Koma und bin erst heute wieder aufgewacht.« Sie zog die Nase hoch. »Papa«, wisperte sie. »Papa …«
Mehr brachte sie nicht heraus.
Sie lag einige Minuten in den Armen ihres Vaters, bevor auch Madison und Gareth sie umfingen, so fest, dass es ihr den Atem nahm.
»Ihr seid also auch dabei«, sagte sie leise. »Wie habt ihr es geschafft, reinzukommen?«
»Es gab überhaupt keine Kontrollen. Am schwierigsten war es, Doug und deinen Vater zu überzeugen, uns mitzunehmen«, lautete Madisons schlichte Antwort.
Sie und Gareth entließen Winter gleichzeitig aus
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