Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
der Fassung. Winter verdient zunächst einmal Erklärungen, finden Sie nicht?«
Dougall beschränkte sich darauf, die Augenbrauen hochzuziehen.
Winter dagegen schüttelte den Kopf.
»Ist schon gut, Bethan«, sagte sie mit fester Stimme. »Ich will antworten.« Dann richtete sie den Blick auf den Vampir. »Sie wissen doch genau, dass es bereits geschehen ist, Dougall, nicht wahr?«
Er lächelte, und in seinem Lächeln war mehr Wärme als Selbstzufriedenheit.
» Moran taing , Winter«, dankte er ihr in schottischem Gälisch, bereit, das Gespräch damit zu beschließen.
Keiner sprach mehr und Winter nutzte die Gelegenheit, um ihren Gedanken nachzuhängen, ohne weiter auf die Blicke zu achten, die der Mann ihr hin und wieder zuwarf.
Endlich landete der Hubschrauber.
Der Vampir löste als Erster den Sicherheitsgurt und ging zum Ausstieg. Als Winter neben ihn trat, mit steifen Bewegungen von der langen Reise und etwas misstrauisch, machte er eine blitzartige Bewegung.
Er streckte eine Hand nach ihr aus und fand ohne Zögern die Silberkette.
»Auf dieser Insel brauchst du dich vor nichts zu schützen«, erklärte er und nahm die Kette an sich. »Und nenn mich ruhig Doug. Ich hasse unnötige Förmlichkeiten.«
M adison hob die Augen vom Küchenbrett, das sie gerade spülte, und schaute zum x-ten Mal über die Schulter auf die Wanduhr.
Sechs Uhr.
Ihre Schicht in der Saftbar war zum Glück fast zu Ende. Es waren so wenige Kunden gekommen, dass nicht einmal die Arbeit sie von ihren Gedanken abgelenkt hatte, und der Tag war ihr endlos erschienen.
Vor etwas mehr als einem Monat hatte sie den Job angenommen, weil sie etwas Geld verdienen wollte, um ein altes Auto zu kaufen, aber heute hatte sie sich zum ersten Mal gelangweilt.
»Da kann ich genauso gut nach Hause gehen und Gareth etwas vorjammern«, murrte sie halblaut. »Dann hat er wenigstens etwas zu tun, wo er schon mal beschlossen hat, in London zu bleiben.«
Sie dachte gern laut, wenn niemand da war, der sie hören konnte.
Laut zu denken half ihr, etwas Ordnung in die wirren Gedanken in ihrem Kopf zu bringen, und nach Winters Abreise, dem seltsamen Gebaren von Rhys Llewelyn und Gareths plötzlicher Entscheidung hatte sie ein großes Bedürfnis danach.
Der Gedanke an Gareth war wie immer mit einer endlosen Folge von Zweifeln verbunden. Wer weiß, warum er nicht nach Cae Mefus zurückgegangen ist?
Madison war immer etwas vorschnell mit ihren Vermutungen, aber es war tatsächlich so, dass sie oft zutrafen. Und in diesem Fall vermutete sie, dass es sich eher um eine Flucht als um einen Urlaub handelte.
Gareth, mein Junge, du verbirgst mir etwas!
Noch eine halbe Stunde, beschloss sie, dann würde sie ihn in die Enge treiben und zum Reden bringen.
Es ist ja offensichtlich, dass du eigentlich ein Riesenbedürfnis hast, dich auszusprechen …
Plötzlich klingelte die Glocke der Eingangstür. Ein Kunde trat ein und Madison drehte sich um, bereit, ihn mit einem Lächeln zu begrüßen.
Es war ein junger Mann von ungefähr fünfundzwanzig Jahren, hochgewachsen, kastanienbraunes Haar. Er trug ein schlichtes graues T-Shirt und eine Sonnenbrille, die er abnahm, bevor er an den Tresen kam. Sie hatte ihn noch nie gesehen, und an der Art, wie er sich umschaute, erkannte sie, dass er die Bar zum ersten Mal betrat.
Er war gut aussehend, nicht allzu auffällig, aber ganz entschieden attraktiv mit seinem drahtigen und durchtrainierten Körper und den lebhaften dunklen, etwas langgezogenen Augen.
»Hallo, kann ich dir helfen?«
Der Junge lächelte etwas schief. »Ich kann dir versichern, dass allein schon die Tatsache, nicht mehr dem Straßenlärm ausgeliefert zu sein, eine Hilfe ist.«
Vielleicht war er nicht mal aus London, denn sein Englisch hatte einen leicht harten, irgendwie bekannten Akzent.
»Die Getränkekarte hängt dort. Alles Obst ist frisch. Nimm dir Zeit; wenn du eine Frage hast, bin ich hier.«
Madison nutzte seine Unentschlossenheit, um die Glashalter aufzufüllen und den Behälter des Entsafters zu leeren. Während sie ihn wieder zusammensetzte, hatte sie den Eindruck, beobachtet zu werden, und kreuzte den Blick des Jungen.
»Entschuldige, hier ist dauernd etwas aufzuräumen! Hast du dich schon entschieden?«
Er schüttelte den Kopf. »Ehrlich gesagt, war ich in Gedanken versunken. Ich habe den Eindruck, dass wir uns schon mal irgendwo begegnet sind …«
Madison fragte sich, ob das seine Masche war, doch sein Gesichtsausdruck war konzentriert und
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