Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
nachdenklich.
»Du musst mich mit Nicole Kidman verwechselt haben, das tun alle, bevor ihnen in den Sinn kommt, dass sie groß und blond ist und ich nicht«, erwiderte sie munter.
Der junge Mann lächelte, aber er war neugierig geworden. »Möglich«, meinte er mit seinem eigenartigen Akzent. »Aber irgendwie … erinnerst du mich genau an … dich.«
Uff! Madison war sich sicher, ihm noch nie begegnet zu sein, und dennoch war da etwas, das sich ihr entzog.
»Du hast mich vielleicht irgendwo gesehen, ich bin oft im Rainbow.«
»Nein, glaube ich nicht.«
Ja, klar . Er war ganz und gar nicht der Typ, der ins Rainbow ging.
»Warst du schon mal in Wales?«
Endlich machte es klick in ihrem Kopf und sie begriff. Er war Waliser, deshalb der markante Akzent!
Schade nur, dass ihre Erinnerungen an Wales nicht gerade angenehm waren …
»Nur einmal«, antwortete sie und wurde plötzlich argwöhnisch. »Aber ich kenne da niemanden.«
Sie senkte energisch den Kopf, begann, einen Apfel zu schälen, und tat sehr beschäftigt. »Hast du dich entschieden, was du nimmst?«
»Einen frisch gepressten Orangensaft, bitte.«
Madison ging zur Saftpresse und drückte auf die Taste. Der Motor ging grollend an.
Ganz ruhig, Mad , ermahnte sie sich schnaubend, auch wenn er Waliser ist, heißt das noch nicht, dass er ein Vampir ist oder zu den Familien gehört …
Und dennoch versetzte sein weiterhin auf sie gehefteter Blick ihrem Optimismus einen Dämpfer.
Die Eingangstür klingelte erneut und ihre Schichtablösung, ein sehr blondes und sehr übergewichtiges Mädchen, kam herein. Hastig ging sie an ihr vorbei und verschwand im Hinterzimmer.
»Hey, hallo!«, rief Madison ihr hinterher.
»Hallo, Madison, entschuldige.«
Ihre Stimme klang so weit weg, dass sie bereits draußen im Hof sein musste.
Madison verdrehte die Augen. Trotz ihres beträchtlichen Umfangs war ihre Kollegin eine der hektischsten Personen, die sie kannte, immer mit irgendetwas beschäftigt, von dem nur sie wusste.
Sie presste den Orangensaft fertig und brachte ihn dem Jungen. Er ignorierte den Saft.
»Madison?«, wiederholte er dann. Und fügte hinzu: »Madison Winston?«
Sie blieb regungslos stehen. »Darf man wissen, wer zum Teufel du bist?«
»Danny Roberts … Ich bin Polizist. Ich habe dich erkannt, weil dein Foto der Akte deiner Entführung beigelegt war.«
Statt sie zu beruhigen, machte seine Antwort sie noch nervöser. Sie hatte das Trauma überwunden, doch es gefiel ihr nicht, daran erinnert zu werden, dass sie gekidnappt worden war, noch dazu von einer Vampirbande, die von einem verrückten Professor angeführt wurde, der Winter erpressen wollte.
»Ich war Evans Vize in Cae Mefus. Ich habe den Fall eine Weile bearbeitet, bis er mir entzogen wurde.«
»Dann betrifft dich die Sache ja nicht mehr. Und wie du siehst, bin ich gesund und munter. Was willst du also?«
»Einfach nur verstehen …«
»Machst du Witze?«, fragte Gareth ungläubig.
Ohne die Sin-derella, die dort probten, war die Kellerwohnung so still, dass das Echo seiner Stimme an den Wänden der Kochnische widerhallte.
Madison griff nach der Schere und schnitt im Karton auf dem Tisch ein weiteres Stück Pizza ab.
»Du hast offenbar keine hohe Meinung von meinem Sinn für Humor …«, erwiderte sie und biss gierig hinein.
Der Junge schaute ihr fasziniert zu, wie sie das Pizzastück in nur drei Bissen verdrückte.
»Bemerkenswert«, meinte er.
»Wenn ich aufgeregt bin, bekomme ich Heißhunger«, erklärte sie und riss ein Blatt Küchenpapier direkt von der Rolle. »Und euer Freund Danny hat mich ziemlich in Aufregung versetzt.«
Gareth lehnte sich auf dem Stuhl zurück.
Obwohl er die Kellerwohnung erst vor einem Tag bezogen hatte, fühlte er sich hier schon ganz zu Hause. Und er hätte sich noch wohler gefühlt, wenn das Gespräch weniger beunruhigend gewesen wäre.
»Er will also herausfinden, was wirklich geschehen ist«, murmelte er vor sich hin.
»Ja. Und da er der Meinung ist, ich solle es ihm sagen, hätte ich freundlicherweise gern ein paar Tipps, Mister Hüter jahrhundertealter Geheimnisse.«
Der Junge kreuzte die Arme vor der Brust und dachte nach. »Um’s kurz zu machen, er hat seinen Job so gut gemacht, dass er der Wahrheit etwas zu nah gekommen ist. Deshalb hat Evans ihn mit einer Anklage erpresst, die von meinem Vater unterschrieben war und natürlich sofort verschwunden ist, als er der Versetzung zugestimmt hat. Und während er mit meiner Familie zur alten
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