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Silver Moon

Silver Moon

Titel: Silver Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elea Noir
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überleg doch mal: Als Tier leben zu können, diese unglaubliche Freiheit und Pflichtlosigkeit, das habe ich mir schon immer gewünscht! Als Mensch wirst du in feste Etiketten gesteckt, du hast nur zu funktionieren, fast roboterartig. Tu dies, mach das … den ganzen Tag! Wann kann man schon als Mensch nach seinen Gefühlen leben? Einfach tun und lassen, wonach einem der Sinn steht? Wenn er den ganzen Tag auf dem Hof liegt und sich rekelt, während ihr in der Scheune oder auf den Feldern schuftet, ist das normal, und wenn er rausgeht und an einem Baum das Bein hebt, um zu pinkeln, sagt auch keiner etwas; aber das müsste ich mir mal erlauben«, verdeutlichte Kai und Anouk gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.
    »Siehst du, genau das meine ich!«, setzte Kai nach. »Als Mensch darf man noch nicht mal sagen, was man denkt, geschweige denn tun, was man will! Man muss immer brav nach den Regeln leben, allen nach dem Munde reden und sich gesittet benehmen – Mann, Alter, du hast’s gut! Den ganzen Tag wirst du von Kira gekrault; sie spielt mit dir, bürstet dich, füttert dich – und nachts, wenn du Mensch bist, könnt ihr dann die richtig schönen Dinge tun, und sobald der Morgen beginnt, verhätscheln dich wieder alle! Das Leben eines Gottes, besser geht’s nicht!«, machte Kai seinen Standpunkt klar, aber Anouk hielt dagegen. »Du weißt gar nicht, worüber du redest und wie hart so ein Leben als Wolf ist!«
    »Diese Härte würde ich gerne für all die Annehmlichkeiten in Kauf nehmen!«
    »Pass auf, was du sagst!« Anouk wirkte bedrückt. Sie konnte meinen Bruder nicht verstehen, ich ebenso wenig. Ich wusste, wie sehr Yuma darunter litt, als Wolf leben zu müssen, und Kai stellte es dar wie eine Existenz im Schlaraffenland.
    Seine Meinung verstärkte sich auch noch, als er Sakimas Verwandlung mit ansah – Kai war schier begeistert. »Mann, das ist wie Zauberei! Habt ihr das gesehen? Das ist, das ist … absolut genial!«
    Anouk schüttelte nur noch den Kopf.
    »Hätte ich bloß nichts gesagt«, flüsterte sie verzweifelt.
    »So toll ist das nicht, Kai! Für eine kurze Zeit mag es interessant sein, aber wenn du gezwungen bist, dein Leben lang tagsüber in Wolfsgestalt umherlaufen zu müssen, gefällt es dir bestimmt nicht mehr. Ich würde alles dafür geben, um meiner Familie bei der Arbeit zu helfen, mit Kira am Tag ausgehen zu können, mit ihr reden zu können, ihr ein richtiger Mann zu sein, und das nicht nur in der Nacht!«, erklärte Yuma.
    Ich ging zu ihm, um ihn in meine Arme zu schließen. Die nächsten Stunden gehörten uns und ich mochte sie mit keinem anderen teilen, deshalb gingen Anouk und Kai auch wieder. Meinen Bruder hatte allerdings das Thema Wolf und Verwandlungen gepackt. Er ließ Tunkasila nicht mehr in Ruhe und quetschte ihn in den folgenden Tagen nach sämtlichen Informationen darüber aus. So kam es auch, dass Kai am Donnerstag wieder mit Bob zusammensaß und sich Legenden der Lakota-Sioux anhörte. Ich war noch in der Klinik und Sakima mit Jacy bei den Pferden. Ein Teil der Weide hatte Jacy neu abgezäunt, dahinter war das immense Grab von Eyota entstanden. Sie errichteten gerade einen Ehrenpfahl für ihn, an dessen Entstehung ich auch mit beteiligt gewesen war. Das bunte Anmalen mit indianischen Elementen übernahm allerdings Nino. Anouk war an jenem Donnerstag mit Mia im Obstgarten, sie ernteten Früchte, um verschiedene Marmeladen zu kochen.
    Als ich gegen sechzehn Uhr nach Hause kam, bemerkte ich sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Stimmung war angespannt, Kaya warf mir ein trauriges Lächeln zu und verschwand sofort im Haus, als sie mich sah. Anouk kam mit gesenktem Kopf über den Hof gelaufen – sie hatte Tränen in den Augen und ihre Schläfe war blau. Sofort versetzte es mir einen gewaltigen Stich in den Bauch. Ich musste an Sakima denken …
    Mir rutschte das Herz in die Hose.
    »Was … was ist?«, fragte ich stockend. Anouk haderte, sie strengte sich an, mir etwas zu erklären. Sie suchte offenbar die richtigen Worte und brauchte sehr lange dafür, aber ich hielt die Spannung einfach nicht aus. »Was ist los? Jetzt sag schon!«, forderte ich sie auf.
    »Mia«, flüsterte sie und biss sich auf die Lippe.
    »Was? Was ist mit Mia?«
    »Ein Mann hat sie geholt!« Mir blieb der Mund offen stehen, ich wusste im ersten Moment nicht, wie ich reagieren sollte.
    »Ein Mann? Was für ein Mann? Und wie, geholt? Anouk, komm, jetzt sag schon!«
    Eingeschüchtert ging sie zu der

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