Silver Moon
Tag nach der Hochzeit verschwinden, sobald Mia frei ist! Entweder müsste ich Mia ewig behalten oder dich dann permanent einsperren, oder aber …«
»Oder aber!«, fiel ich ihm ins Wort und spielte meine Karten weiter aus. »Es gibt ein ›Oder‹, Magnus! Und dieses ›Oder‹ ist weder Mia noch sind es meine Brüder – es ist der Wolf! Solange er unversehrt und am Leben ist, werde ich dir alle Wünsche freiwillig erfüllen! Solltest du oder sollte mein Vater je wieder das Gewehr gegen ihn richten, mache ich dir dein Leben zur Hölle!«
»Was hast du bloß mit dem Köter? Das ist ein Wolf!«
»Ja, er ist ein Wolf, aber ein zahmer, und er heißt Sakima. Er gehört den Moores, sie haben ihn von klein an. Er ist weder wild noch gefährlich, er ist …«, ich stockte und hatte einmal mehr mit den Tränen zu kämpfen.
»Wenn du ’nen Köter willst, kaufe ich dir einen! So ein Jagdhund wäre nicht schlecht, hatte ich schon lange vor, mir so ’ne Töle anzuschaffen!«
»Ich will keinen Jagdhund! Ich will, dass Sakima kein Leid geschieht! Ich will nicht, dass du je wieder auf ihn schießt! Ich will ihn in Sicherheit wissen, auch für den Fall, dass er hier aufkreuzt, denn das wird er vermutlich von Zeit zu Zeit! Das Glück und die Zufriedenheit deiner Lenden hängt von seiner Gesundheit ab! Sollte ich je sehen, dass du eine Waffe oder deine Hand gegen ihn erhebst, wirst du keine Frau mehr haben! Wenn er nicht mehr ist, hast du kein wirksames Druckmittel mehr gegen mich! Ich bin nämlich nicht nur wegen Mia hier, sondern auch wegen Sakima! Die Moores wollten ihn schicken, um Mia aufzuspüren. Im Grunde sitze ich jetzt seinetwegen hier! Sakimas Leben für dein Glück!«
Nie war ich aufrichtiger zu Magnus gewesen wie in diesem Augenblick. Ich meinte jede Silbe so, wie ich sie sagte. Selbst er spürte meine Überzeugung. »Aber die Töle hat mich gebissen!«, konterte er und es klang verzweifelt. »Ja, aber nur meinetwegen, oder hast du vergessen, dass du in dem Moment, als er dich biss, über mir gehangen und mich geschlagen hast?«
»Also schön«, murmelte Magnus, aber seine Worte überzeugten mich noch nicht. » ›Also schön‹ reicht mir nicht! Nach unserer Hochzeit werde ich mich wöchentlich nach Sakima erkundigen, nicht dass es irgendwann heißt, er wäre auf merkwürdige Weise verschwunden! Nur solange er gesund und wohlbehalten bei seiner Familie ist, wirst du etwas von mir haben!«
»Was kann ich dafür, wenn der Köter irgendwann abkratzt oder verschwindet?«, fragte Magnus verunsichert. »Nimm Sakima ab sofort als deinen persönlichen Glücksbringer und sorge mit allen Mitteln dafür, dass weder einer deiner Jagdfreunde – allen voran mein Vater – noch du selbst ihm ein Leid zufügen! Garantierst du Sakimas Freiheit und Unversehrtheit, garantiere ich dir, eine gute Ehefrau zu sein und auch offiziell zu dir zu stehen!«
»Von mir aus! Ich rühre die Töle nie wieder an, sofern mich das Vieh in Ruhe lässt. Und all meinen Jagdfreunden – auch deinem Vater – werde ich mitteilen, dass der Wolf … dass … er mein Jagdgefährte ist, jedenfalls, dass sein Abschuss verboten ist und es sonntags immer Freibier gibt, solange der Köter lebt; darauf springen alle an. Aber dafür musst du mir einiges bieten, Bienchen!«
»Du wirst nicht von mir enttäuscht sein!«, antwortete ich im Hinblick auf die Tatsache, dass Sakima fortan in Sicherheit leben konnte. Ich war von meiner eigenen Courage überrascht. Aber ich hatte meine Wahl schon am Morgen getroffen und ich würde sie nicht bereuen. Solange Sakima am Leben war, keimte die Hoffnung wie ein zartes Pflänzchen in meinem Herzen. Die Hoffnung darauf, ihn ab und zu sehen zu können, sofern er das noch wollte, wenn ich Magnus’ Frau war. Wie ich Brock einschätzte, würde er es nie er- lauben, dass ich mich mit einem anderen Mann treffen würde, aber gegen einen Wolf konnte er keine Einwände haben – vielleicht blieb mir Sakima erhalten, vielleicht würde er mir irgendwann verzeihen.
»Wenn du willst, kann ich dich jetzt zu deiner Schwester bringen. Ich muss ein paar Besorgungen wegen der Hochzeit machen, schließlich brauchst du ein Kleid, und die Ringe muss ich auch noch abholen. Tom kümmert sich heute früh um die Kneipe und du kannst mit dem kleinen Käfer machen, was du willst. Allerdings traue ich dem Frieden noch nicht ganz, deshalb schließe ich euch ein.« Dies ließ ich mir nicht zweimal sagen. Sogleich packte ich für Mia einige Snacks
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