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Silver Moon

Silver Moon

Titel: Silver Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elea Noir
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sah ich zu ihm. Er stand auf und näherte sich mir unaufhaltsam. Ich wollte zurückweichen, doch mein schockartiger Zustand verhinderte das. Ich verharrte fest angewurzelt im Türrahmen und vermochte mich nicht zu bewegen. Magnus kam immer näher, sein nach Alkohol stinkender Atem schlug mir direkt ins Gesicht, und ich fühlte die Stumpen seines dreckigen Dreitagebartes auf meiner Wange. Er wollte mich ganz offenbar küssen. Als sich sein ekeliger Mund meinem näherte, drehte ich angewidert den Kopf zur Seite, sodass seine klebrigen Lippen auf meiner rechten Wange landeten.
    Mir wurde übel …
    »Pass auf, was du tust, mein Weib! Beschenkst du mich nicht angemessen, wird dein Schwesterchen herhalten müssen! Die kleinen Weiber lernen oft besser als die großen«, sagte er und lachte gehässig. In mir begann etwas zu sterben; es fühlte sich an, als würde mein Herz zerreißen. Das durfte doch alles gar nicht wahr sein, das konnte einfach nicht wahr sein, redete ich mir selbst gut zu.
    Aber nur kurze Zeit später wurde mein letzter Hoffnungsschimmer auch noch zerstört. Magnus wendete sich an meinen Vater.
    »Ist die flotte Biene eigentlich schon eingeritten?«, fragte er offen heraus und deutete auf mich. In meinen Augen bildeten sich Tränen, ich schaffte es diesmal nicht, sie zurückzuhalten, und sah flehend zu meinem Vater. Er starrte mich nur teilnahmslos an, trank und wischte sich mit dem Handrücken den Bierschaum vom Mund, ehe er antwortete. »Ich schätze, noch nicht. Aber wie ich dich kenne, bekommst du das hin. Sollte sie sich wehren, halte ich sie auch mit fest, wenn’s sein muss!«, waren seine erschlagenden Worte, die mich meinen persönlichen Weltuntergang erleben ließen.
    Vollkommen verstört stand ich in der Tür und fühlte mich wie ein in die Enge getriebenes Tier. Die Tränen tropften mir über die Wangen und ich hörte das laute Lachen von Magnus.
    Ich ertrug diesen beängstigenden Zustand keine Sekunde länger.
    Obwohl kein Ausweg in Sicht war und ich mein festgeschriebenes schweres Schicksal kommen sah, so fasste ich mir dennoch ein Herz, stieß Magnus beiseite und rannte, so schnell ich konnte, aus dem Brockhaus, hinaus in die dunkle Nacht, einfach nur weg von den zwei Männern, die ich so abgrundtief hasste – mehr hasste als alles andere.

Ausharren

    Ich rannte ohne Unterbrechung, bis ich zu Hause war, dort fiel ich weinend in mein Bett und schlief sogleich ein. Bereits vier Stunden später wurde ich durch das laute Klingeln meines Weckers wachgerüttelt. Ich war total benommen, hatte Kopfweh und glaubte, die Geschehnisse der vergangenen Nacht nur geträumt zu haben, zumindest so lange, bis ich den gelben Bierfleck auf meiner weißen Bluse bemerkte, die ich vor lauter Müdigkeit nicht mehr ausgezogen hatte, als ich ins Bett gegangen war. Die Bluse diente nun als Beweis für die schrecklichen Dingen, die ich in jener Nacht erfahren hatte; also war es doch real – ich sollte Magnus Brock zu meinem Mann nehmen. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Am liebsten wäre ich für alle Zeit liegen geblieben und nie wieder aufgestanden, aber ich dachte an meine Arbeit im Krankenhaus, an das Leben unter normalen Menschen … das war es, was ich jetzt am meisten brauchte, um meine Angst, die sich in jeder Zelle meines Körpers eingenistet hatte, unter Kontrolle zu bekommen.
    In einer guten Stunde hatte ich Dienstbeginn. Mein Pflichtbewusstsein half mir, trotz der großen Müdigkeit aufzustehen. Ich fühlte mich schlapp und matt und schleppte mich erschöpft ins Badezimmer. Nach einer erfrischenden Dusche, die den widerlichen Bier- und Zigarettengestank von meinem Körper wusch, ging es mir etwas besser. Ich zog noch frische Kleidung an und machte mich dann auf den Weg zur Küche. Mia und Nino saßen bereits am Tisch und aßen Müsli.
    »Guten Morgen, Kira. Wie war es gestern bei diesem Brock?«, wollte Mia wissen und sah mich neugierig an.
    Unbewusst biss ich auf meine Lippe, obwohl ich am liebsten wieder in Tränen ausgebrochen wäre. Reden konnte ich gar nicht an dieser Stelle, stattdessen schüttelte ich stumm den Kopf, und Mia sah bedrückt nach unten.
    »So schlimm?«, fragte Nino vorsichtig. Ich nickte erneut und schmierte schweigend für die beiden die Pausenbrote. Nur gut, dass der Bus der Kinder in wenigen Minuten fuhr. Mir war an diesem Morgen nicht nach einem Gespräch zumute, und schon gar nicht, wenn es um Magnus Brock ging. Ich war erleichtert, als meine Geschwister endlich auf dem

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