Silver Moon
und umarmte ihn. Wie weich und flauschig er war … Sein Kopf ruhte auf meiner Schulter, sein Körper war dicht an meinen gepresst, es tat so unglaublich gut, seine Wärme zu spüren.
Die Stunden plätscherten an diesem Morgen dahin. Ich redete nicht viel mit Sakima, wir alberten auch nicht herum; selbst das Frühstück lehnte ich ab, als er mich liebevoll in die Küche schleifen wollte. Einzig die Stille und meine nicht enden wollende Furcht beherrschten den beginnenden Tag. Aber solange Sakima ganz nah bei mir war, hatte ich meine Angst im Griff, doch meine besorgten Blicke, die ich hin und wieder zur Uhr warf, entgingen ihm nicht.
Es war um halb zehn, als ich mich dazu entschloss, mich in der Hütte umzuziehen. Das Dirndl und das Dessous hatte ich zum Glück noch im Wagen. Die Vorstellung, mich wieder komplett vor Magnus entkleiden zu müssen, glich einem unüberwindbaren Gräuel; ich würde es heute nicht noch einmal schaffen. Gestern war ich unvorbereitet gewesen, ich wusste nicht, was kommen würde, und war Brocks Anweisungen blindlings gefolgt. Aber in dieses stickige Büro zu gehen, mit der Gewissheit … Nein, selbst der Gedanke daran war mir momentan zu viel. Verängstigt ging ich zum Auto und holte die Sporttasche mit den Klamotten. »Sakima, kann ich das Badezimmer benutzen? Ich möchte mich umziehen!« Er nickte.
Als ich im Bad stand und die schwarze Unterwäsche anzog, dachte ich daran, wie dumm ich doch war. Vor Magnus hatte ich mich komplett entkleidet, aber bei Sakima verkroch ich mich ins Badezimmer. Weswegen? Er war ein Hund! Ich schüttelte den Kopf, schlüpfte in das Dirndl und ging sogleich ins Wohnzimmer zurück. Sakima lag auf dem Teppich vor dem Fernseher. Als er mich sah, sprang er auf und bellte mehrmals.
»Ja, ich weiß. Nicht wirklich mein Stil … aber ich muss dieses Ding tragen!« Traurig blickte ich an mir herunter. Das Dirndl verwandelte mich in eine andere Person. Das war ich nicht!
Meine Brüste wurden unnatürlich nach oben gepuscht, zudem war der Ausschnitt so tief, dass fast nichts verborgen blieb. Meine Annahme, dass das Kleid noch kürzer war als das rote, bestätigte sich auch. Ich hatte das Gefühl, man könnte sogar den schwarzen Slip sehen, und dazu brauchte ich mich noch nicht einmal zu bücken. Resigniert blickte ich zur Uhr.
»Ich muss los, Brock erwartet mich!« Sakima bellte laut, extrem laut und ununterbrochen. Sein Bellen wollte nicht verklingen. Dann schnappte er nach meiner Sporttasche. Er zerrte sie mir aus der Hand und nahm mit seinen Zähnen vorsichtig meine Jeans heraus; die legte er mir vor die Füße. Mir blieb nur ein wehmütiges Lächeln.
»Ja, die würde ich auch viel lieber anziehen als dieses widerliche Teil, das ich anhabe – aber ich darf nicht! Magnus verlangt, dass ich in dem Kleid arbeite!«, erklärte ich. Sakima schüttelte sich, trampelte mit den Vorderpfoten wie ein wild gewordenes Pferd, nahm wieder die Jeans in sein Maul und warf sie abermals vor die Füße. Ich streichelte besänftigend über seinen flauschigen Rücken.
»Ist schon gut, ich verstehe ja, was du mir sagen willst: dass ich die Jeans anziehen soll! Aber so einfach funktioniert mein Leben nicht mehr«, begann ich zu erzählen und setzte mich auf den Boden neben ihn. Während ich redete, kraulte ich sein Fell.
»Vater zwingt mich, Brock zu Diensten zu sein. Ich muss alles tun, was Magnus von mir verlangt … alles – selbst die widerlichsten Dinge. Ich dachte noch vor einem Monat, mein Leben wäre nicht einfach«, ich lachte sarkastisch auf, ehe ich weitersprach, »tja, jetzt würde ich alles geben, um mein altes Leben wiederzuhaben! Es ist nicht nur, dass ich für Magnus arbeiten, ihm sämtliche Wünsche erfüllen und wie eine Marionette funktionieren muss, nein – in zehn Tagen muss ich ihn sogar heiraten!« Eine Träne rann mir über die Wange. Ich wischte sie weg und schaute zu Sakima. In seinen sonst so friedlichen Augen konnte ich zum ersten Mal Zorn sehen. Er schaute mich an, unbeweglich, starr …
Jetzt blickte das Tier aus ihm, ein gefährliches Tier, das seine Lefzen fletschte. Plötzlich sprang er auf und begann sich wie ein Irrer zu schütteln; er bellte und jaulte und knurrte, was das Zeug hielt. Ich ließ ihn gewähren und verharrte stumm neben ihm, während er lauthals der Wut Ausdruck verlieh, die auch in mir steckte. Sein Wehklagen, der Schmerz, den er herausschrie, war auch der meinige … Seine Laute standen für meine Angst, für meine
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