Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silvermind (German Edition)

Silvermind (German Edition)

Titel: Silvermind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.S. Nightsoul
Vom Netzwerk:
gehörte Roger. Aber schließlich hausten sie unter einem Dach. Er war unweigerlich davon betroffen. Ebenso Lora.

    „Scheiße!“, fluchte er leise und strich dabei die Haare aus der Stirn. Er hatte genug am Hals, da konnte er sich nicht noch um den Stromkonzern kümmern, der auf die fälligen Abschläge wartete. Zudem reichte das Geld kaum, um über die Runden zu kommen. Ray würde den Betrag nicht zahlen können. Abstottern, Ratenzahlung? Für was, fragte er unweigerlich. Roger hatte ihm nie etwas anderes außer Hass gegeben.

    Bittere Wut nahm von Ray Besitz. Schleichend, aus seinem Inneren nach außen ausbreitend. Wie zäher Schleim floss sie durch seine Adern, brachte sein Blut zum Brennen. Er ballte die Hand zur Faust, als die Erinnerungen ihn übermannten. Nicht jetzt flehte er innerlich, versuchend die Gedanken zu vertreiben. Aber sie wogen schwer. Zu schwer, um sie verdrängen zu können, aus dem Kopf zu verbannen. Ray schluckte trocken. Schmerz stach mit spitzen Nägeln in seine Eingeweide, kratzte, stocherte, riss vergessene blutende Wunden weiter auf. Leid konnte man nicht beschreiben, nicht in Worte fassen. Man verstand es nur, wenn man es selbst erlebt hatte. Ray hatte zu viel davon erfahren.

    Er lehnte sich nach vorne, stützte den Kopf in den Händen ab. Mit geschlossenen Augen bemühte er sich, tief und gleichmäßig zu atmen. Roger hatte großen Anteil daran, dass Ray von Tag zu Tag ein Stück mehr litt. Es musste aufhören. So konnte er nicht leben. Er besaß nicht die Kraft, sich diesen täglichen Kämpfen auszusetzen. Von allen Seiten. Das, was in seiner Macht stand, reichte nicht aus, um das Leben zu meistern. Nicht in der Form, wie es derzeit vor ihm lag. Ändern … es musste sich etwas ändern. Ray würde alles daran setzen, dass das passierte.

    Ein Klingeln riss ihn aus der apathischen Starre, ließ ihn kurz zusammenzucken. Mit trägen Gliedern stand er auf und griff nach dem Telefon, das auf dem kleinen Sekretär im Flur lag.

    „Hallo?“

    „Hey, Mark hier. Kurze Frage. Hast du Bock heute früher zur Probe zu kommen?“ Mist, die hatte Ray ganz vergessen. Er ließ den Blick flüchtig zur Uhr schweifen. In einer halben Stunde hatte Lora Schulschluss. Ray hatte fest geplant, mit der Kleinen etwas zu unternehmen. Sein Timing war miserabel. Sein Gedächtnis für Termine ebenso.

    „Wie viel früher?“

    „In ´ner Stunde.“

    Ray unterdrückte einen Fluch. Der Band gegenüber hatte er Verpflichtungen, die er einhalten musste. Die Tour war in wenigen Wochen, sie hatten davor Einiges zu tun.

    „Wenn es euch nichts ausmacht, dass ich jemanden mitbringe“, meinte Ray, schnappte sich Schlüssel und schlüpfte in Schuhe. Vielleicht war es von Vorteil, dass er früher los zog. So würden die Zweifel zumindest für eine Weile verdrängt. Vergessen. Manchmal war es das, was Ray wollte.

    „Nein, kein Problem“, meinte Mark.

    „Okay, bin bald da.“

    „Cool, bis dann.“ Ray beendete das Telefonat, legte den Hörer zurück und verließ die Wohnung.

    ***

    Lora stand bereits auf dem Parkplatz der Schule und wartete. Als sie ihn sah, lächelte sie breit. Angekommen bei ihr, umarmte Ray sie.

    „Wie war die Schule?“, fragte er, während er ihr die Tasche abnahm, die sie zuvor über der Schulter hängen hatte.

    „Langweilig. Die Lehrer taugen alle nichts.“

    „Du bist einfach zu anspruchsvoll, Kleine.“ Lora verdrehte die Augen.

    „Lass deine Späße, Bruderherz. Was machen wir heute?“

    Sie überquerten die Straße und schlenderten anschließend Richtung Innenstadt.

    „Ich kann leider nichts mit dir unternehmen. Mark hat mich angerufen. Sie wollen früher mit der Probe anfangen.“

    „Du hast Probe?“

    „Ja, ich hab es total vergessen.“

    Lora versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen. Ray kannte seine Schwester zu gut, um nicht zu wissen, was sie dachte. Er mochte es nicht, wenn sie ihre Gefühle hinter einer ausdruckslosen Maske verschleierte. Für ihr Alter konnte sie es bereits viel zu gut. Kinder sollten so etwas nicht können. Nie.

    „Weißt du was?“

    „Nein“, meinte sie und sah ihn von unten her an. Eine Locke hatte sich aus ihrem Zopf gelöst, die sie nun mit einem leisen, genervten Seufzen aus dem Gesicht strich.

    „Du darfst mitkommen. Hab vorhin extra gefragt. Du wolltest doch die ganze Zeit schon mit.“

    „Ehrlich?“ Freude blitzte in ihren Augen auf.

    „Klar.“

    „Du bist der Beste, Ray.“ Stürmisch umarmte Lora ihn. Ray fing an

Weitere Kostenlose Bücher