Silvermind (German Edition)
verschwinde kurz.“
„Habe ich mitbekommen. Ist da echt nichts zwischen euch?“, meinte Dean. Ray verdrehte die Augen und stand auf.
„Nichts, dem du Beachtung schenken müsstest. Und jetzt höre auf, mich zu löchern.“ Sein Kumpel schnappte empört nach Luft.
„Ray!“ stieß Dean aus. Aber er wartete nicht, sondern zog sich an und verließ die Wohnung.
***
Es war mild. Die Sonne schien sanft auf die Erde. Frühling lag das erste Mal seit Wochen in der Luft. Ray atmete tief ein. Der Weg bis zum Stadtpark war nicht weit. Der Nordeingang befand sich ungefähr eine Viertelstunde von Deans Wohnung entfernt. Da Nero länger brauchen würde, ließ Ray sich Zeit. Er genoss die Sonnenstrahlen, das Gezwitscher der Vögel, die um ihn herum sangen. Es war ein schöner Tag, weswegen er hoffte, dass das Gespräch mit Nero nicht im Streit enden würde. Sie mussten Waffenstillstand schließen.
Ray wusste, dass die kommende Zeit anstrengend würde, Nerven zerrend. Eine Tournee bedeutete unweigerlich Stress. Zum Frieden aller waren persönliche Fehden Gift. Er war bereit, den Zwist beizulegen. Genügend Bedenkzeit hatte er gehabt und letztlich entschieden, dass das, was zwischen ihnen lief, auf Dauer hinderlich für einen normalen Umgang war. Außerdem befand er, zum Großteil übertrieben und kindisch. Es musste nicht sein.
Die Hände in den Hosentaschen vergraben ging Ray über die Straße. Er schlug den Weg durch den Park ein, anstatt außen herum zu laufen. Einige Passanten hatten es sich auf den Wiesen gemütlich gemacht, die im Park an einem See lagen. Sie nutzten die Wärme, um sich zu sonnen oder um ausgelassen Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Ray lächelte, als er den Blick schweifen ließ, die Harmonie tief in sich aufnahm.
Zehn Minuten später erreichte er den Nordeingang. Wie erwartet war Nero noch nicht anwesend. Daher lehnte Ray sich an einen Pfeiler aus Stahl, der Bestandteil eines Gerüstes war, an dem Rosenranken wuchsen. Er schloss die Augen, hielt das Gesicht in die Sonne und atmete ruhig ein. Die Luft roch blumig, nach Wärme und dem Duft des Wassers. Er mochte es, draußen zu sein, durch die Gegend zu spazieren. Das gab ihm Zeit und Raum, seine Gedanken zu ordnen, Klarheit in das Chaos zu bringen, abzuschalten. Er überlegte, welche Worte er Nero sagen würde, legte sie sich mental zurecht. Sie waren zwei erwachsene Männer, die in der Lage sein sollten, vernünftig miteinander umzugehen. Er hoffte, dass dies nach dem Gespräch der Fall wäre. Als ein Schatten sich über ihn legte, öffnete Ray die Augen. Nero stand vor ihm.
„Hey“, meinte er und lächelte kurz. „Danke, dass du kommen konntest.“
„Kein Problem. Hast du lange gewartet?“ Die dunkle Stimme jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Nero war nicht sehr dicht, dennoch bekam Ray Gänsehaut.
„Nein.“ Der Leader nickte. Einen Augenblick sahen sie sich an. Nero fragend, Ray nach Antworten suchend. Er wusste nicht, was Nero an sich hatte, dass er so extrem auf ihn reagierte. Es gab Einiges, das für ihn unerklärlich war. Der Kerl gehörte definitiv zu diesen Phänomenen.
„Gab es hier nicht einen Biergarten?“, meinte der und warf einen Blick über den Park, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
„Ja, weiter hinten. Ich dachte, du kennst die Gegend?“, erkundigte sich Ray. Gemeinsam schlenderten sie in die Richtung, in der der Biergarten lag.
„Es ist bereits einige Zeit her, dass ich den Park besucht habe. Deswegen war ich mir nicht sicher.“ Ray nickte. Konversation war nicht gerade seine Stärke. Zudem hatte er die Wirkung Neros unterschätzt. Heute war ein Tag, an dem er sich bis dato nicht abgestoßen fühlte. Unruhig rieb er seinen Nacken. Stumm gingen sie an angelegten Blumenbeeten, spielenden Kindern, Joggern und Rentnern vorbei. Bienen summten, Pollen flogen durch die Luft. Ferner konnte Ray das Gackern der Enten vernehmen, die auf dem See schwammen. Nero und er wirkten beinahe wie ein Paar, fiel ihm auf. Vertraulich, intim. Der Abstand zwischen ihnen maß nicht genug.
Nach einer Weile erreichten sie das Lokal. Holzbänke waren unter einer Allee aus Eichen aufgestellt, auf denen einige Leute saßen, Eis aßen oder Getränke zu sich nahmen. Er suchte mit Nero eine Bank abgelegen von der Masse aus und ließ sich in der Sonne nieder. Die Strahlen kitzelten Rays Haut, wärmten ihn. Nero nahm ihm gegenüber Platz und sah ihn unergründlich an.
Ray wusste, dass er den Anfang machen
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