Silvermoon - Jaegerin der Nacht
und ging auf das kleine Gasthaus zu.
Eine wohlgenährte ältere Dame stand hinter einem Tresen und lächelte sie an. Ihre Wangen waren gerötet, scheinbar hatte sie gerade sehr gelacht, denn noch immer strahlte sie pures Glück aus.
„ Kann ich Euch helfen, Lady?“, fragte sie freundlich, als Cassandra den Tresen erreicht hatte.
„ Ja, ich würde gerne in einem Eurer Zimmer übernachten. Sagen wir für zehn Tage“, erwiderte die Jägerin und rang sich ein Lächeln ab.
Eifrig nickte die Wirtin und nahm einen Schlüssel vom Schlüsselbrett hinter sich.
„ Soll ich Euch das Zimmer zeigen oder möchtet Ihr vorher speisen?“, fragte sie.
„ Ich möchte zuerst für dieses Zimmer zahlen, denn es kann sein, dass ich früher abreise. Ich will Euch nicht um die Zeche bringen“, sagte Cassandra und holte fünf Goldstücke aus einem kleinen Beutel, der an ihrer Hose befestigt war.
Mit großen Augen sah die Wirtin sie an.
„ Das ist viel zu viel, Lady“, japste sie und fuhr fort: „Die Zimmer kosten ein Silberstück pro Nacht und selbst, wenn Ihr speist, würdet Ihr diesen Betrag nicht zahlen müssen.“
Die Jägerin schmunzelte.
„ Ich lege Wert auf Ruhe. Ich möchte zu keiner Zeit gestört werden und ich bin sehr großzügig.“
Nach kurzer Diskussion hatte die Inhaberin sich geschlagen gegeben und ohne weitere Widersprüche die Goldstücke angenommen.
„ Würdet Ihr mir nun das Zimmer zeigen?“, bat Cassandra sie freundlich.
Wieder nickte die Gastwirtin eifrig und kam hinter dem Tresen hervor. Sie war sehr gut genährt, erkannte die Jägerin.
Solch eine runde Frau hatte sie bisher noch nicht gesehen, aber sie fand daran nichts schlimm. Schließlich war es der Charakter, der zählte und nicht die Erscheinung. Sie wurde eine Treppe hinauf geführt und eine weitere.
„ Ich denke, dass das Dachzimmer genau das ist, was Ihr sucht. Hier seid Ihr ungestört“, sagte die Wirtin und öffnete die Türe zum Dachboden.
Er war ausgebaut worden und ein großes Bett stand direkt am Glasfenster, ein Badezuber daneben und auf einer Kommode standen eine Schale und eine Kanne.
„ Es ist perfekt, vielen Dank“, erwiderte die Jägerin.
Cassandra mochte die Wirtin auf Anhieb.
Sie hatte einige Zeit benötigt, um die Fenster und die Türe des Zimmers mit Salz zu verschließen. Es hielt die bösen Geister ab und sie sicherte sich so stets ab, wenn sie nicht in Belron war. Der Fels der Gilde war durch einen Zauber geschützt und so konnte kein Monstrum dort eindringen. Seufzend ließ sie sich auf ihr Bett fallen und packte ihre Tasche aus, sie ordnete ihre Silberklingen darauf aus und sah sie an.
„ So viele Waffen ihn zu töten, doch er selbst würde sich doch niemals ausliefern“, überlegte sie laut und wurde nachdenklich.
Die Nacht war angebrochen, als sie die Silberklingen schließlich auf der Kommode, neben der Schale, angeordnet hatte. Dort waren sie in Reichweite und sie konnte sich schnell damit ausrüsten, sollte sie aufbrechen müssen. Cassandra legte sich ins Bett und starrte an die Decke. Die Zeit in Belron hatte sie selten an James denken lassen, doch jetzt war er wieder präsent. In greifbarer Nähe und sie verspürte das Verlangen, ihn aufzusuchen. Sie ballte ihre Fäuste und widerstand dem Drang einfach aufzuspringen und zu seinem Anwesen zu reiten.
Ein Schrei zerriss die Stille des Gasthauses in der Nacht und Cassandra schreckte hoch. Sie war in ihren Kleidern eingeschlafen und so konnte sie einfach ihre Waffen greifen und sich auf die Suche nach der Ursache begeben. Sie griff Silberschwert und Dolch, verließ den Dachboden und begab sich nach unten. Am Fuße der Treppe hörte sie Kaugeräusche und wie Knochen gebrochen wurden. Mit Herzklopfen ging sie weiter. Sie wusste nicht, wie viele hier waren, aber es war mindestens ein Werwolf. Kein anderes Wesen außer einem Vampir drang in Häuser ein, aber Vampire verspeisten ihre Opfer nicht, sie saugten sie bloß aus. Cassandra ging weiter den Geräuschen nach.
Sie stockte, als sie im Schein der Wandleuchten die Füße der Wirtin aus einem Zimmer lugen sah und kurz darauf ein Werwolf aus dem Raum kam. Die Jägerin erstarrte, sie wollte dem Ungetüm die Attacke überlassen. Als jedoch ein zweites Monstrum hinaustrat, kam Leben in die Jägerin. Keinesfalls durfte sie den Jagdtrieb in ihnen wecken und deshalb ging sie langsam rückwärts zur Treppe. Sie folgten ihr. Es reichte. Jetzt blieb ihr nur noch eine Möglichkeit, Angriff oder Entkommen.
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