Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel F. Galouye
Vom Netzwerk:
nicht. Durch einen Streuungsverlust im Elektronenspeicher erfuhr No, was los war, und er gab die Information weiter.«
    »Welche Information?« fauchte ich.
    »Daß Ihre Welt auch nicht existiert! Sie ist nichts anderes als ein Komplex veränderlicher Ladungen in einem Simulator – nicht mehr als die Spiegelung eines simulektronischen Prozesses auf höherer Ebene!«
    Er schluchzte und lachte. Ich stand da wie gelähmt.
    »Nichts! Nichts!« tobte er. »Wir sind nichts – Sie und ich! Nur Triumphe elektronischen Wunderwerks, simulektronische Schatten!«
    Er war wieder auf den Beinen.
    »Schicken Sie mich nicht mehr hinunter! Arbeiten wir doch zusammen, vielleicht können wir dann endlich den Boden der absoluten Realität erreichen. Ich habe doch schon einen Schritt getan, nicht wahr?«
    Ich schlug wieder zu, nicht, weil er nicht mehr zu bändigen gewesen wäre, sondern nur wegen der erniedrigenden Ironie seiner Worte. Aber während meine Augen die leblose Gestalt Jack Whitneys auf dem Teppich anstarrten, schrie eine Stimme der Vernunft in mir auf, daß alles wahr sein mußte. Alles verhielt sich genauso, wie Ashton es dargestellt hatte.
    Ich, alles, was um mich war, die Luft, jedes Molekül in meinem Universum – nichts als vorgespiegelte Realität. Eine simulierte Umwelt, entworfen von einer Welt absoluter Existenz.
     

10
    Der entsetzliche Gedanke zerhämmerte die Fundamente der Vernunft. Alle Personen und Gegenstände, die Wände rings um mich, der Boden unter meinen Füßen, jeder Stern bis hinaus in die fernste Unendlichkeit, nichts als raffinierte Erfindungen. Eine Analog-Umwelt, eine simulektronische Schöpfung. Eine Welt unkörperlicher Illusion. Ein ausbalanciertes Wechselspiel elektronischer Ladungen, über Bänder und durch Speicher rasend, von Kathoden zu Anoden springend, die Reize von Vorspannungsgittern aufnehmend.
    Beängstigt von einem plötzlich schrecklichen, feindseligen Universum, sah ich gefühllos zu, als Whitneys Assistenten seinen bewußtlosen, von Ashton übernommenen Körper fortschleppten. Ich stand wie gelähmt dabei, während sie die Rücktransferierung erfolgreich durchführten. Durch einen Nebel irrer Gedanken kämpfte ich mich in mein Büro zurück.
    Fuller und ich hatten eine so perfekte Analog-Welt geschaffen, daß unsere individuellen Reaktions-Einheiten nie erkennen konnten, wie unwirklich ihre Welt war. Dabei stellte unser Universum nur das simulektronische Produkt einer höheren Welt dar!
    Das war die grundlegende Entdeckung, die Fuller gemacht hatte. Deshalb war er auch beseitigt worden. Aber er hatte die Skizze von Achilles und der Schildkröte hinterlassen und Lynch auf irgendeine Weise unterrichten können.
    Alles, was sich bisher ereignet hatte, war das Ergebnis der Reprogrammierung, um Fullers Entdeckung zu verbergen!
    Jetzt konnte ich auch Jinx’ Verhalten begreifen. Sie hatte das wahre Wesen unserer Realität aus den Aufzeichnungen ihres Vaters erkannt, die sie später zerstörte. Aber ihr war klargeworden, daß es Sicherheit für sie nur gab, wenn sie ihr Wissen geheimhielt. Zusammen mit allen anderen ID-Einheiten hatte, man sie doch jeder Erinnerung an Morton Lynch beraubt.
    Und dann – irgendwann am gestrigen Tag – hatte ›Man‹ entdeckt, daß sie Bescheid wußte und ›Man‹ hatte sie vorübergehend, herausgenommen. ›Man‹ hatte ihre Schaltkreise während der Nacht zur Umorientierung durchgetrennt.
    Deshalb war sie heute vormittag am Videophon so gleichmütig, so unbesorgt gewesen! Sie ängstigte sich nicht mehr vor dem Gedanken, endgültig reprogrammiert zu werden.
    Aber dann fragte ich mich verzweifelt, warum hatte ›Man‹ mich bei der allgemeinen Reorientierung nach Lynchs Verschwinden vergessen?
    Ich wischte mir das Haar aus der Stirn und starrte auf meine unechte Welt hinaus. Sie schien mir entgegenzuschreien, daß das, was meine Augen wahrnahmen, nur eine subjektive, simulektronische Illusion war. Ich suchte etwas, das die Wirkung dieser erschütternden Erkenntnis zu dämpfen vermochte.
    Selbst wenn es sich um eine physische, materielle Welt handelte, würde sie nicht trotzdem ein Nichts sein? Milliarden Lichtjahre weit, bis zum fernsten Stern in der fernsten Milchstraße, erstreckte sich ein riesiges, beinahe leeres Meer – da und dort mit winzigen Stäubchen einer sogenannten ›Materie‹ durchsetzt. Aber selbst die Materie war so unkörperlich wie der endlose Abgrund zwischen den Sternen, Planeten und inselhaften Universen. Sie bestand

Weitere Kostenlose Bücher