Sind wir nun gluecklich
Ergebnisse unserer Recherchen hatten uns so beeindruckt, dass wir dem Thema »Recycling« in unserer Reportage auf Kosten des Bereichs »Mode und Kultur« mehr Raum gaben. Wir dachten uns: Wenn China ab sofort anfinge, dieses System in die Tat umzusetzen, dann könnten wir in zwanzig Jahren vielleicht auch so weit sein.
In China gibt es derzeit zahlreiche Bürgerproteste gegen den Bau von Müllverbrennungsanlagen, denn die Leute befürchten, der Müll werde nicht streng getrennt und dadurch bei der Verbrennung giftiges Dioxin freigesetzt. Nach den Erfahrungen in Japan sehe ich dagegen in der Müllverbrennung den unvermeidlichen Trend für die Abfallbeseitigung der Zukunft. Um dabei Gesundheitsschäden für die Bevölkerung zu vermeiden, steht die Regierung in der Pflicht, konsequent die Trennung des Hausmülls und die Kontrolle der Müllverbrennungsanlagen zu überwachen und für die Verbesserung der technischen Standards zu sorgen. Wenn wir die Regierung in die Pflicht nehmen, heißt das aber auch für alle engagierten Bürger, dass jeder Einzelne von uns Verantwortung für die Umwelt trägt und sich für ihren Schutz einsetzen muss.
Während wir noch auf unsere Rechte pochen, müssen wir uns schon einmal auf unsere künftigen Pflichten einstellen. Pflichten, in denen wir auch in Zukunft nicht nachlassen dürfen, wenn wir unsere Rechte wahren wollen. Alle diejenigen, die heute gegen Müllverbrennungsanlagen protestieren, aber morgen nicht mit der Einhaltung von Vorschriften für die Mülltrennung zurechtkommen, werden weiter auf der Stelle treten.
Die Vorzüge und Nachteile gewisser Kleinigkeiten
Beim oberflächlichen Blick auf Japan übersieht man leicht die Details, in denen sich spezifisch japanische Eigenheiten verbergen. In Tokios belebtem Viertel Shibuya zum Beispiel muss man unbedingt filmen, wie die Menschentrauben die Ampelkreuzungen überqueren. Der Anblick, wenn sich nach dem geduldigen Warten auf Grün die bunten Massen über die Kreuzung bewegen, ist einzigartig.
Das wichtigste Fortbewegungsmittel in Japans Großstädten ist die U-Bahn. Zu den Stoßzeiten sind dort nicht nur alle Sitzplätze, sondern auch die Stehplätze in Beschlag genommen, jeder Zentimeter wird ausgenutzt. Selten sieht man Leute mit übereinandergeschlagenen Beinen dasitzen, und mit dem Handy zu telefonieren gilt als unhöflich. Ganz egal, ob man meint, dringend zum Einkaufen oder zum Essen zu müssen, alle stellen sich ordentlich in die Warteschlange. Vordrängeln gibt es nicht.
Die meisten japanischen Angestellten haben zwei Mobiltelefone und trennen strikt das Arbeits- und das Privathandy, man darf mit dem geschäftlichen keine privaten Anrufe annehmen und schon gar nicht selbst tätigen.
Als wir außerhalb von Tokio unterwegs waren, musste ich einmal in einer Vorortgegend zur Toilette und entdeckte neben einem Tempel am Rande der Felder ein öffentliches Örtchen. Herr Yang meinte zu mir: »Keine Ahnung, ob die da Klopapier haben, hier in dieser gottverlassenen Gegend, das würde ich bezweifeln.«
Ich ging hinein und stellte schnell fest, dass es hier nicht nur eine Rolle Toilettenpapier gab, sondern auch noch welches in Reserve. Dann war da noch ein interessantes Detail, das mir imponierte: Der Deckel des Spülkastens fungierte gleichzeitig als Handwaschbecken. Das Wasser, mit dem man sich die Hände wusch, floss in den Spülkasten und wurde so für die Toilettenspülung weiterverwendet.
Wer oder welche Denkweise stand dahinter, dass selbst eine x-beliebige öffentliche Toilette auf dem Land einen so zivilisierten Eindruck machte? Wie lange braucht es, einen solchen Standard zu erreichen?
Es gibt in Japan noch viele solcher positiver Details zu entdecken, man muss nur die Augen offen halten. Ich dachte mir jedes Mal, dass es genau so in Zukunft auch bei uns aussehen müsse.
Negative Aspekte lassen sich natürlich auch finden, jedes Volk hat in dieser Hinsicht zwei Seiten. Einmal unterhielt ich mich in Peking mit jemandem von der amerikanischen Handelskammer über Japan, der meinte:
»Der Kontakt zwischen US-Amerikanern und Chinesen gestaltet sich nicht sonderlich schwierig, wir sind alle gelassen, machen keine großen Umstände, die Bürger großer Länder sind sich da in der Regel alle ähnlich. Unsereins kann sich locker an den Tisch gelehnt miteinander unterhalten, aber mit Japanern geht das nicht, da muss man immer ordentlich sitzen und schön geradeaus blicken. Das ist für sie genauso ermüdend wie für
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