Sind wir nun gluecklich
legte. Einmal telefonierte er vierzig Minuten lang mit mir wegen Fragen zur Verlesung der Preisrede für »Was China bewegt« und erläuterte mir haarklein den Unterschied zwischen normaler Rede und dem Duktus von zeremoniellem Rezitieren. Er tauschte sich auch danach noch häufig mit mir aus. Dabei ließ er nie den großen Boss raushängen, sondern war einfach ein belesener Mensch, ein großer Bruder, dem die Sendung »Was China bewegt« am Herzen lag.
Luo Ming, der Vizeintendant von CCTV, war derjenige, der hinter dem Produkt »Was China bewegt« stand und seine Qualität sicherte. Fast niemand weiß, dass viele der in Versen gehaltenen Preisreden der Sendung und die Schlussworte aus seiner Feder stammten. Und das hatte mit seiner Funktion innerhalb des Senders nichts zu tun. Zum einen war es für ihn eine Gelegenheit, sich innerhalb des Senders als ein Mann des Worts zu profilieren, und zum anderen machte er es wirklich gern. Außerdem mischte er sich nicht ein, wenn jemand an dem, was er selbst geschrieben hatte, festhielt, auch wenn es nicht so gelungen war. Wenn ihn stattdessen jemand für seine guten Texte lobte und ihm dankte, strahlte er über das ganze Gesicht vor Stolz und Freude.
Der Produktionsleiter Zhu Bo verwendete jahrelang die Titelmelodie von »Was China bewegt« als Klingelton für sein Handy, obwohl er natürlich auch für andere großformatige Produktionen zuständig war. Aber offenbar gefiel es ihm, sich immer wieder in die sentimentale Stimmung dieses Programms versetzen zu lassen.
Unsere Regisseurin Fan Xinwan ist von allen Menschen, die ich kenne, diejenige, deren Name aus den Schriftzeichen mit der höchsten Strichzahl besteht. 32 Einmal signierten Jing, Fan und ich die Bücher zur Sendung »Was China bewegt«, und während ich schon drei Bände signiert hatte, mühte sie sich noch beim ersten mit den letzten Strichen ihres seltenen Nachnamens ab. Wessen Name reich an Strichen ist, der ist ein umsichtiger Mensch, heißt es. Sie jedenfalls brachte unser Team Jahr um Jahr mit ihrer übernatürlichen Energie völlig außer Puste. Wenn diese hübsche Regisseurin einmal pro Jahr mit uns »Was China bewegt« drehte, machte sie sich ein halbes Jahr lang Gedanken darüber, das zweite halbe Jahr reflektierte sie diese noch einmal, und die übrige Zeit edierte sie das Filmmaterial und vergoss dabei mehr Tränen als alle Mitarbeiter und Preisträger zusammen.
Ich könnte noch lange so weiterschreiben … Für mich ist es jedes Jahr aufs Neue ein Glück, wenn wir mit dem Programm beginnen. Und ich glaube, die Leute im Team denken genauso. Denn manchmal ist es ein Glück, wenn man mit jemandem zusammen weinen kann.
Bei den Aufzeichnungen der Sendung glänzten die Funktionäre meist durch Abwesenheit, das ist schon so gut wie zu einer Regel geworden. Meistens kamen sie in der Vergangenheit vor der Aufzeichnung kurz vorbei und sahen sich an, ob alles in Ordnung war. Oder sie schlichen sich ins Zimmer des Direktors, damit wir uns nicht um eine neue Sitzordnung bemühen mussten. So hielten sie es auch mit der Preisverleihung. Üblicherweise wurde die Trophäe für den Preisträger von einem der hohen Funktionäre des Senders übergeben. Anfangs machten wir uns Gedanken darüber, wie wir das arrangieren sollten, welcher Funktionär welchen Grades wäre jeweils angemessen? Doch war das nicht zu bürokratisch? Und die Reihenfolge? Am Ende akzeptierten alle meinen Vorschlag, die Preise von Kindern überreichen zu lassen, das war natürlicher und hatte auch eine symbolische Bedeutung. Das Entscheidende war, dass damit die größte Sorge des Produktionsleiters vom Tisch war und allgemein Erleichterung herrschte. Um also auf die »Abwesenheit« der Funktionäre zurückzukommen – wir müssen uns bei den Funktionären selbst für ihr stillschweigendes Einverständnis mit dieser Praxis bedanken.
Möglicherweise sind all die oben aufgezählten Faktoren zusammen ein Grund für den großen Erfolg von »Was China bewegt«.
Die täglichen Großtaten einfacher Menschen
Aber zurück zu der Sendung selbst und ihren Protagonisten. Moderator von »Was China bewegt« zu sein war eine so glückliche wie tragische Angelegenheit. Das Glück bestand darin, dass man so nah an diesen bewegenden Themen dran war. Das Tragische dabei war, dass man sich trotz aller Rührung extrem beherrschen musste und nicht mit aller Welt in Tränen versinken konnte. Diese Tragödie empfand man mit aller Wucht, wenn man mittendrin
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