Sind wir nun gluecklich
heißt Rührung, wenn mich eine Person oder eine Angelegenheit so bewegt, dass ich die Tränen nicht zurückhalten kann und danach noch lange darüber nachdenken muss.
Ein zehnjähriges Mädchen wurde einmal gefragt, ob es das Gefühl der Rührung kenne. Das Mädchen antwortete: »Einmal haben wir erst eine Stunde später mit dem Unterricht Schluss gemacht. Als ich aus dem Schultor kam, stand dort mein Opa, der die ganze Zeit in der Winterkälte auf mich gewartet hatte. Da musste ich weinen.« Das ist Rührung.
Für den gewöhnlichen Menschen ist Rührung unweigerlich mit Tränen verbunden. Das heißt auch: Wir sollten uns jeder selbst einmal fragen, wie lange schon nichts mehr unser Herz zu rühren vermocht hat. Ein Herz, das schon lange keine Rührung mehr verspürt hat, ist wie eine Blume, die schon lange nicht mehr gegossen wurde. Deshalb funktioniert die Rührung auch wie eine Bewässerung unseres Gewissens.
Um eine Fernsehsendung zu produzieren, die einen gewissen Einfluss ausüben soll, genügt es aber bei weitem nicht, zu verstehen, was Rührung ist. Man durfte nicht vergessen, dass unsere Sendung »China« im Titel tragen sollte, und das bedeutete, dass das Thema der Rührung den Wertvorstellungen der Allgemeinheit entsprechen musste. Es sollte alle Chinesen ansprechen und durfte nicht allzu abgehoben werden, sonst hätten wir zwar viel Rührung im Angebot, die aber am Ende doch keinen Chinesen bewegte.
Die Schwierigkeit lag demnach in der Auswahl der richtigen Persönlichkeit, die Wahl bezog sich auf die Werte, die sich mit ihrem Namen verbanden, und selbstredend stand sie in jeder Hinsicht für das, was unsere Gruppe von Fernsehleuten wertschätzte.
Als das Programm seinen Anfang nahm, verschickte die Nachrichtendirektion von CCTV an mehrere Dutzend Vertreter des Auswahlkomitees, zu denen auch ich gehörte, ein Schreiben, in dem die Idee der Produzenten wie folgt beschrieben wurde:
»Rührung muss entdeckt werden, daher laden wir Sie als Mitglied unseres Auswahlkomitees dazu ein, für China die Rührung zu entdecken, Rührung zu bündeln.
Diese Wahl hat eine Persönlichkeit zum Ziel, die China zu rühren vermag, die den Menschen nahegeht. Wer könnte das im Jahr 2002 gewesen sein? … Diese Personen sind alle unterschiedlich, haben verschiedene Hintergründe und Lebensläufe, manche waren bereits in den Medien präsent, andere sind noch völlig unbekannt. Aber das, was sie im vergangenen Jahr getan oder dargestellt haben, hat uns betroffen gemacht, hat China bewegt. Vielleicht haben sie aus eigener Kraft den Fortschritt beschleunigt bzw. gewährleistet oder die gesellschaftliche Entwicklung gefördert, vorgeführt, wie der Einzelne in dieser Gesellschaft und gegenüber diesem Land Verantwortung übernehmen kann, und sind damit dank ihres Gemeinsinns zum Rückgrat des Volkes geworden. Vielleicht haben sie mit ihrer Geschichte dazu beigetragen, uns zu erklären, wie Menschen miteinander umgehen sollten, und einen Nerv getroffen, die Öffentlichkeit aufgerüttelt.
Ihnen allen gemeinsam ist, dass ihr Charakter die Menschen innerlich aufzuwühlen und zu ergreifen vermag …«
Normalerweise bin ich kein Freund von allzu ausführlichen Zitaten. Doch diesen Ausschnitt aus dem damaligen Schreiben muss ich hier wiedergeben, um zu zeigen, welcher Gedanke anfangs hinter dieser Sendung stand, ob das darin Geforderte auch verwirklicht wurde und die Jahre nicht allmählich diese Ideen verwässert haben. Wir sollten uns in Zukunft daran erinnern, dass es einmal ein solches Plädoyer für mehr Rührung gegeben hat.
Keine Frage, noch halten wir am selben Prinzip fest. Die wesentliche Grundhaltung, die sich in diesen ersten Überlegungen verbirgt, ist die Gleichheit aller, wenn es um moralische Integrität geht. Es geht einzig und allein darum, wer unser Innerstes erschüttert hat, und nicht darum, wessen Stimme die größte Aufmerksamkeit genießt. Daraus ergab sich eine erste Vorahnung, wie viele einfache Menschen in den kommenden Jahren die Bühne von »Was China bewegt« betreten sollten.
Charakter statt leeren Phrasen
Am 14. Februar 2003 lief die erste Folge von »Was China bewegt« zur besten Sendezeit von CCTV über die Bildschirme, zu den darin vorgestellten zehn Persönlichkeiten des Jahres gehörten Wang Xuan, Yao Ming, Liu Shuwei und Pu Cunxin.
Während der Produktion der Sendung gab es eine kleine Episode, eine Veränderung, die den bewussten schlichten Anstrich der Sendung prägte.
Die Regie hatte
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