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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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genießen, ich bin einfach zu beschäftigt.« Diese Menschen tun mir leid. Wie kann jemand, der seine Zeit nicht für Literatur, Musik und Kunst »verschwenden« mag, je zu sich selbst finden, welchen Sinn hat dann die Zeit für ihn? »Beschäftigt zu sein« ist eine Verschwendung von Lebenszeit. Daher sollte man sich entspannen, kürzertreten, das Leben genießen.

    41 Als »Menglong-Lyrik« bezeichnet man die Hauptströmung der jungen Dichtung der achtziger Jahre, zu ihren wichtigsten Vertretern gehören Bei Dao, Duo Duo, Mang Ke, Gu Cheng und Yang Lian. Deren assoziative, oft dunkle, hermetische Dichtung galt den Kritikern als unverständlich und wurde daher unter dem Etikett menglong (»obskur«) zusammengefasst.
    42 Zeng Guofan (1811–1872), war in der Qing-Dynastie zunächst Leiter der Hanlin-Akademie und danach des Ritenministeriums. Als er während seiner Zeit als Militärinspektor 1849 aus familiären Gründen in seine Heimat Hunan zurückkehren musste, wurde er dort unverhofft zum Helden der Niederschlagung des Aufstands der Taiping-Rebellen.
    43 Jiang Wen, geboren 1963, ist Schauspieler und Regisseur und vor allem durch seine Rollen in Bertoluccis »Der letzte Kaiser« oder Zhang Yimous »Das rote Kornfeld« international bekannt geworden. »Der Teufel auf der Türschwelle« gewann 2000 die Goldene Palme in Cannes, wurde aber in China verboten.

Kapitel 15 – Menschen, die mein Leben verändert haben
    In den vergangenen Jahrzehnten hat unser Leben sehr schnelle Fortschritte gemacht, die sich natürlich vor allem auf technologischem Gebiet zeigen. Als ich geboren wurde, war ein Radio wertvoll wie ein Schatz, durch das Radio kamen wir der Welt und unserem Verständnis von ihr ein Stück näher. Jetzt sind wir im Internetzeitalter, der Welt brauchen wir uns nicht mehr »anzunähern«, wir sind längst ein Teil von ihr.
    Als ich geboren wurde, gab es nur sehr wenige Telefone, man ging einfach auf gut Glück bei jemandem vorbei, und wenn man ihn antraf, war es gut, wenn nicht, kam man am nächsten Tag wieder. Aber man traf die meisten ohnehin an, denn ihr Lebensradius war nicht besonders groß. War einer gerade nicht zu Hause, kam er bestimmt gleich wieder, die Leute waren nie weit weg. Und jetzt sind gleich zwei Handys gang und gäbe, man hat die Stimme des anderen ständig direkt am Ohr, ganz gleich, wo er gerade ist, fern oder nah, es kommt nicht drauf an. Doch mir scheint, der zwischenmenschliche Abstand wird dennoch immer größer …
    Hat die Menschheit Fortschritte gemacht? Und unser Charakter, hat er Fortschritte gemacht? Hat alles, was uns bewegt und beeindruckt, denn unbedingt etwas mit materiellen Dingen zu tun? Ist es die Technologie, die die Welt voranbringt, oder wird die Welt von menschlichen Herzen regiert?
    Ich bin der Überzeugung, dass das, was uns in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft wirklich voranbringt, immer noch der Mensch ist – der andere und du selbst. Die Geschichten, die der Mensch schreibt, bleiben das wichtigste Thema auf dieser Welt. Was mich selbst angeht, sind es im Rückblick selbstverständlich vor allem Menschen, denen ich dankbar bin. Sie sind es, die mich vorangebracht haben.
    Dichter
    Jeder Chinese, ganz gleich, wie viele Bücher er gelesen hat, ist mehr oder weniger stark von Dichtern beeinflusst worden. Wir alle haben Li Bai und Du Fu in unseren Adern, sie schreiben aber schon lange nicht mehr. Unsere Generation kommt eher um die Werke Bei Daos und seiner Weggefährten nicht herum. Deshalb möchte ich bei ihm beginnen.
    Mitte der achtziger Jahre ging ich von meiner Kleinstadt an der Peripherie Chinas zum Studium nach Peking. Anders als heute gab es damals kein Internet, und man war darauf angewiesen, seine Informationsquellen untereinander zu tauschen. Wahrscheinlich kannten einige meiner Mitschüler Bei Dao oder Shu Ting schon aus Mittelschulzeiten, ich hörte in Peking zum ersten Mal von ihnen. Ich glaube, dass die Lektüre Bei Daos für mich einen entscheidenden Wendepunkt in meiner Entwicklung vom Teenager zum jungen Erwachsenen, vom Schüler zum Intellektuellen, vom Nachahmen anderer zum unabhängigen Denken darstellte.
    Anfang der Achtziger schrieb Gu Cheng: »Die Nacht hat mir dunkle Augen gegeben; ich gehe mit ihnen das Licht suchen.« Und Bei Dao pflanzte uns mit seinen Gedichten Zweifel ein, die wir zuvor nicht kannten. Ich lernte durch ihn, die Wahrheit mit Hilfe des Zweifels zu suchen. Ich mochte Bei Daos Gedichte außerdem, weil sie in

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