Sind wir nun gluecklich
zur Ausbildung der Pressesprecher der Provinzen durch das ganze Land zu reisen. Die Qualität der Arbeit der staatlichen Pressesprecher hat sich seitdem rasant verbessert.
Die siebzehn großen Zeitungen des Landes veröffentlichten Kampagnen mit dem Hinweis auf das Recht des Volks auf Information, Partizipation, Meinungsäußerung und Kontrolle. Dieser grundsätzliche Wandel, der sich in den wenigen vergangenen Jahren vollzogen hat, kommt von der Erfahrung und den Lehren aus dem Kampf gegen SARS.
Sind wir SARS wirklich los?
Es gibt so gut wie keinen Vorfall in der Geschichte, der einfach vorübergeht, ohne Spuren zu hinterlassen. Für die nachfolgenden Generationen bedeutet der richtige Umgang mit diesen Spuren eine besondere Prüfung.
Im Herbst 2009 hielt ich einen Vortrag vor Studenten meiner Alma Mater, der Hochschule für Rundfunk und Fernsehen. Dort bekam ich eine umfassende Studie über Patienten in Peking zu Gesicht, die an den Spätfolgen von SARS leiden, der die Kommilitonen und Kommilitoninnen des dritten Studienjahrs sich in ihrer Freizeit gewidmet hatten. Es ging um die Behandlung und das jetzige Leben dieser Patienten.
Diese sorgfältige Studie führte mir noch einmal das bereits in Vergessenheit geratene Ausmaß von SARS vor Augen. Vor allem wurde darin der Gesellschaft noch einmal drastisch verdeutlicht, dass es immer noch Menschen gibt, die an Spätfolgen der Krankheit leiden.
Da man der Struktur des SARS-Virus damals nicht wirklich auf den Grund gehen konnte, wurden die tödlich erkrankten Patienten häufig mit Hormonen behandelt. Auch wenn sich das aus heutiger Sicht als ein Fehler erwiesen hat, kann man diese Vorgehensweise schwer kritisieren, denn damals hatte die Rettung vor dem Tod höchste Priorität. Dennoch: Das Leben der Patienten wurde damit zwar gerettet, doch aufgrund der hohen Hormondosis, die ihnen verabreicht wurde, hatten viele Opfer der Krankheit hinterher an Spätfolgen wie Knochenmarksnekrosen zu leiden, und vielen blieb der Weg zurück in ein normales Leben verwehrt.
In Peking gibt es über hundert solcher Fälle, für viele Familien bedeuteten diese Spätfolgen einen tiefen Einschnitt in ihr Leben. Anfangs stand man die Härten noch gemeinsam durch, aber wo die dauerhafte Behandlung zu einer unerträglichen Belastung wurde, kam es zu Zerrüttungen und Scheidungen, der Kranke kam vom Regen in die Traufe.
Generell erhalten diese Patienten vom Staat besondere Fürsorge, zusätzliche kostenfreie Medikamente und eine jährliche finanzielle Zuwendung. Das ändert nichts daran, dass sie immer noch nicht sicher sein können, ob die Krankheit nicht noch einmal zum Ausbruch kommt und sie vor einer unsicheren Zukunft stehen. Was wird aus den Patienten, die infolge der Behandlung gegen das Virus entsprechend der aktuellen Datenlage wohl niemals in die Normalität zurückkehren können? Vor allem wird aus vielerlei Gründen über sie und ihren Zustand eine Art Schleier des Vergessens geworfen, die Gesellschaft weiß nichts von ihnen und ihrem Leid und kann ihnen deshalb auch keine helfenden Hände entgegenstrecken. Es ist, als würden sie gar nicht existieren.
Die junge Studentin, die mir die Studie zu lesen gegeben hatte, fügte hinzu: »Diese Leute würden sich sehr freuen, wenn Sie sie besuchten.« Wenig später kam sie noch einmal zu mir und hakte nach: »Könnten Sie sich der Sache annehmen?«
Ich antwortete: »Ihr habt gute Arbeit geleistet und getan, was ihr tun musstet. Entsprechend werden auch wir tun, was wir tun müssen.«
In der darauf folgenden Woche brachten wir in »Nachrichten 1+1« eine Sondersendung auf Basis dieser Studie, in der wir Betroffene zu Wort kommen ließen, die damit erstmals im Fernsehen zu sehen waren. In meinem Kommentar zu den Interviews sagte ich in der Sendung:
»Jetzt, wo der Zustand und die Situationen dieser Patienten ans Licht der Öffentlichkeit kommen, wissen Leute, die bereit sind zu helfen, erst, wo diese Leute zu finden sind. Es gibt Probleme, die kann ein Mensch nicht allein schultern, das muss auch die Regierung begreifen. Man muss eine gesellschaftliche Lösung dafür finden und der Gesellschaft auch die Möglichkeit dazu bieten, helfend einzugreifen. In Hongkong zum Beispiel hat man für die SARS-Langzeitpatienten eine eigene Stiftung gegründet, mit deren Hilfe sie auf lange Sicht Unterstützung bekommen.«
Infolge unserer Sendung schlossen zahlreiche weitere Medien mit Berichten über dieses Thema auf. Man hatte keineswegs den
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