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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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ging es dabei nicht zu, man ereiferte sich, bis man Schaum vorm Mund hatte, allenthalben Worte der Entrüstung. Jeder fuhr schwere Geschütze gegen den anderen auf. Im kleinen Taiwan brachten mindestens zehn Fernsehkanäle nichts anderes als diese politischen Diskussionen, es war völlig unmöglich, sich dem zu entziehen.
    Beim taiwanesischen Fernsehen gab es zwei Extreme. Entweder liefen in den Nachrichtenprogrammen Nachrichten über alles und jedes, Aspekte des Lebens auf der Insel, die anfangs noch sehr frisch und lebendig auf mich wirkten. Nach einer Weile erkannte man aber das Problematische und Bedrückende daran. Aus diversen Taiwan-spezifischen Gründen gab es so gut wie keine Nachrichten aus dem Ausland. Selbst wenn man alles daransetzte, sie zu finden, war die tägliche Ausbeute marginal. Man bekam den Eindruck, dass diese Welt auf die Insel Formosa beschränkt war, vielleicht gerade noch China eingeschlossen. Letzteres aber auch nur deshalb, weil damals bereits sehr viele Nachrichten vom Festland über die Bildschirme Taiwans flimmerten.
    Abgesehen davon gab es politische Talkshows, in die sich jeder einmischte, offen und frei, chaotisch und lebendig. Diese erfrischende Mischung rang mir einen tiefen Seufzer ab.
    Und die Unterhaltungsprogramme, nun gut, nicht der Rede wert. Die meisten hatten einen Klon auf dem Festland oder dort ihre eigene Version, damit musste ich auf Taiwan meine Zeit nicht verschwenden.
    Die momentane politische Aufbruchsstimmung war völlig normal, schließlich hatte die Politik gerade einen einschneidenden Wechsel hinter sich, und jedermann hatte das Gefühl, Teil des geschichtlichen Fortschritts zu sein. Den frischen Wind in der Politik bekam jeder von außen Kommende unweigerlich zu spüren. Uns Neulingen im Land blies dieser Wind nicht nur frisch, sondern auch provozierend, bisweilen sogar schneidend ins Gesicht.
    Einmal sahen wir auf der Straße einen Demonstrationszug, dicht drängte sich die Menschentraube vorwärts. Die Demonstranten machten ihrem Ärger über den Tschiang-Clan Luft, Tschiang Kai-shek wurde dabei noch übler beschimpft als sein Sohn Tschiang Ching-kuo, ihre Namen wurden aufgespießt, ihre Porträts auf Plakaten kopfüber getragen, und dazu wurde lautstark getrommelt und gepfiffen. Für uns Besucher aus der Volksrepublik ging so etwas naturgemäß gar nicht. Seltsam eigentlich, denn schließlich hatten wir jahrzehntelang auf den verhassten Tschiang Kai-shek geschimpft. Und nun, mit dieser Szene konfrontiert, verspürten wir den Impuls, Tschiang Vater und Sohn gegen diese Schmach verteidigen zu müssen. Nach den vergangenen dreißig Jahren diesseits und jenseits des Gelben Flusses sah es aus, als sei eine neue Seite im Geschichtsbuch aufgeschlagen worden, und angesichts von entscheidenden Fragen für Chinas Zukunft hatte sich eine minimale Veränderung in unserer Einstellung zur Familie Tschiang vollzogen. In diesem Moment rechneten wir aber gewiss noch nicht damit, dass wenige Jahre später die KP Chinas und die KMT Seite an Seite schreiten würden. Im Vergleich zu dem, was danach noch kam, war diese Demonstration vergleichsweise harmlos.
    Nicht selten im Leben flößen uns Dinge in unserer Vorstellung Furcht ein, doch wenn man sie dann konkret vor Augen hat, löst sich die Furcht in nichts auf. So war es auch bei meinem ersten Besuch Taiwans.
    Vor der Reise hatte ich mir Sorgen über dies und jenes gemacht, doch als ich erst einmal dort war, waren diese Sorgen im Verlauf des zwischenmenschlichen Austauschs bald vergessen. Ein Gastgeber kennt in der Regel die wunden Punkte seiner Gäste, kümmert sich um sie und vermeidet Peinlichkeiten. Zu den schwierigen Situationen, auf die man uns vorab vorbereitet hatte, kam es im Grunde gar nicht. Und auch wir Gäste legten allmählich unsere unnötige Angst vor sensiblen Themen ab. Und wenn unseren Gastgebern ab und zu eine Bemerkung zu viel herausrutschte, lachten wir einfach darüber. Schwierige Situationen lassen sich leicht regeln, wenn man ihnen mit Gelassenheit begegnet.
    Kaum hatten wir diesen Gesinnungswandel vollzogen, schon war der Tag für unser großes Abschiedsessen vor dem Tag der Abreise gekommen. Die taiwanesischen Gastgeber luden uns zu einer Party in Kaohsiung ein, bei der auch einige junge Talente der Insel und andere interessante Persönlichkeiten eingeladen waren.
    Zu Beginn unserer Unterhaltung stellten wir gut gelaunt fest, dass an unserem Tisch, an dem etwa zehn Personen saßen, fünf politische

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