Sind wir nun gluecklich
Partnerin bei den Arbeiten zu »Yansongs Blick auf Taiwan«. Unsere Zusammenarbeit hatte bereits beim Besuch von Lien Chan in der Volksrepublik begonnen. Sie kam ins Studio von »Oriental Horizon«, und wir moderierten die Sendung gemeinsam, was große Beachtung fand und der Auftakt zu einer lange währenden Kooperation zwischen uns beiden war. Obwohl das Programm später den Namen »Yansongs Blick auf Taiwan« trug, ist in vieler Hinsicht nötig klarzustellen, dass die hohen Einschaltquoten zweifellos das Verdienst von Lu Xiufang waren. Und das ist keine leere Floskel.
Lu Xiufang ist Seniormoderatorin und das attraktive, junge Aushängeschild ihres Senders – auch wenn die Beschreibung paradox klingt, ist sie in diesem Fall exakt. Sie hatte sich schon damals einen großen Namen in der Fernsehwelt Taiwans gemacht. Es war eigentlich davon auszugehen, dass unsere Zusammenarbeit nicht reibungslos funktionieren konnte, schließlich war der Sprachgebrauch auf Taiwan und auf dem Festland ein anderer, bestimmte Sichtweisen oder Tabus differierten stark. Trotz dieser Unterschiede war es, so unglaubwürdig es klingen mag, in den vielen Fällen unserer gemeinsamen Arbeit nur selten notwendig, die Beiträge vorab aufzupolieren. Eine Absprache darüber, wer was wie sagte, war zwischen uns beiden nicht nötig. Einer fing an, und der andere übernahm und machte nahtlos weiter. Das betraf nicht nur die gemeinsame Sendung in Peking. Ganz gleich, ob wir über die Imbisskultur auf Taiwan berichteten oder das Shenzhou-Raumschiff, es gab keine Schwierigkeiten. Ich will nicht von stillschweigendem Einverständnis oder schicksalhafter Seelenverwandtschaft reden, es ging hier einfach nur um ausgeprägtes gegenseitiges Einfühlungsvermögen, um guten Willen und selbstredend um langjährige professionelle Erfahrung.
Ihre Familie stammte ursprünglich aus der Provinz Shandong, weshalb sie, obschon auf Taiwan aufgewachsen, etwas von dem typischen Charakter der Leute aus Shandong hatte. Hinzu kam die glückliche Verbindung der traditionellen Werte sowohl Shandongs als auch Taiwans.
Eine Sache ist mir bis heute unvergesslich geblieben. An einem unserer Drehtage auf Taiwan wurden wir vom Parteibüro der Kuomintang zu einem Essen eingeladen, an dem unter anderen der ehemalige Vizepräsident des Verwaltungsrats der Regierung, Xu Lide, und Generalsekretär Lin Fengzheng teilnahmen. Xu Lide war Xiufangs Schwiegervater. Das Essen war noch nicht zu Ende, als Xu Lide, der etwas früher aufbrechen musste, sich verabschiedete. Die neben mir sitzende Xiufang hörte bei dieser Ankündigung auf zu essen und schien still auf etwas zu warten. Als sich Xu kurz darauf erhob, sprang sie rasch auf und holte seinen Mantel und half ihm hinein. Dann begleitete sie ihn bis zum Aufzug und wartete, bis er im Aufzug verschwunden war.
Ich beobachte den Vorgang mit Interesse, während meine taiwanesischen Tischnachbarn ihm keinerlei Aufmerksamkeit schenkten und sich weiter fröhlich unterhielten. Mich dagegen stimmte es nachdenklich, hatte ich doch ein so höfliches Verhalten der Schwiegertochter gegenüber dem Schwiegervater schon ewig nicht mehr gesehen. Das gab es also noch, es war noch nicht verloren gegangen – hier auf Taiwan, in der Gestalt von Lu Xiufang.
Sie machte sich, auch aufgrund unserer häufigen Komoderationen, schon bald einen Namen in der Volksrepublik, und es war nichts Ungewöhnliches, dass sie auf der Straße wiedererkannt und um Autogramme und gemeinsame Fotos gebeten wurde. Auf Taiwan verstand man schnell: Wer Xiufang hat, hat das Festland. Uns so schnappte sich 2009 der Sender CtiTV die Journalistin, ein großer Verlust für EBC.
Taiwans Lieder
Sollte ich noch einmal für eine Reportage nach Taiwan fahren, würde ich sie unter dem Titel »Taiwans Lieder« machen. Im Verlauf meiner Betrachtungen zu Taiwan passierte es mir immer wieder, dass bestimmte Gegenden mich an eine Melodie erinnerten, die mir nicht mehr aus dem Kopf ging. Es gibt keinen Ort wie Taiwan für unsere Generation, an dem die Landkarte und die Musik eine so wundersame Verbindung eingehen.
Einmal war ich unterwegs zu einem Interview mit dem Schriftsteller Bo Yang. Es war eine lange Reise, und ich war völlig übermüdet und kurz davor, im Auto einzunicken, als ich plötzlich jemanden sagen hörte: »Wir befinden uns schon fast am Xindian-Fluss, gleich sind wir da …«
Ich war sofort hellwach. Was für ein Xindian-Fluss? Etwa der aus dem im Original von Su Rui gesungenen
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