Sind wir nun gluecklich
Parteien von beiden Seiten der Taiwanstraße vertreten waren. Wir vertraten die Kommunistische Partei, und von Taiwans Seite gab es die Kuomintang, die Volkspartei, die Neue Partei und die Volksfortschrittspartei. Eine Zusammenkunft in so vortrefflicher Runde hätten wir uns in der Tat zuvor nie träumen lassen.
Nachdem der Gastgeber die obligatorische Runde gedreht hatte, bei der man jedem Gast persönlich zuprostet, kam es am Ende zu einem »Zwei-Parteien-Duell«. Ich weiß nicht mehr, wer den Anstoß dazu gegeben hatte. Das Mitglied der DPP stellte die eine Seite, und ich wurde von der Runde zu seinem Gegenpart auserkoren. Eine Flasche »Jinmen«-Schnaps kam auf den Tisch, zwei Schalen wurden randvoll gefüllt, und unter dem Gejohle und den Anfeuerungsrufen der Tischnachbarn kamen der DPP-Mann und ich unserer Pflicht nach und setzten eine Schale nach der anderen an, um sie bis auf den letzten Tropfen zu leeren.
Ungefähr eine Viertelstunde später brach mein Gegner, als er hinaus in die Vorhalle ging, bewusstlos zusammen.
Ich blieb noch eine Weile sitzen und wähnte mich als Sieger, erst zurück in meinem Zimmer fiel ich sofort in einen komaartigen Tiefschlaf.
Diese Geschichte wurde danach bei jeder Zusammenkunft der Gruppe immer wieder breitgetreten. Ich hätte nur zu gern gewusst, warum die vier Parteien aus Taiwan ein Team gebildet hatten und die Demokratische Fortschrittspartei zu meinem Gegner erkoren. War das eine unbewusste politische Entscheidung oder nur die Laune einer betrunkenen Tischrunde gewesen? Das weiß ich bis heute nicht.
Jedenfalls hatte ich mit dieser Schale Schnaps zum einen meine erste Reise nach Taiwan besiegelt, zum anderen auch meine ursprünglichen Ideen von Taiwan begraben und die übertriebene, aus der gefühlten Distanz zwischen beiden Ländern heraus geborene Vorsicht abgelegt.
Bei meinem Abschied trieb mich eine andere Frage um: Wann würde ich noch einmal hierherkommen können, dann aber als Journalist?
Der zweite Taiwan-Besuch
Nur ein Jahr nach meinem Abschied von Taiwan kam es zu einer ersten Kooperation zwischen uns und den taiwanesischen Medien. Der Grund dafür war eine Flugzeugkatastrophe: Im Jahr 2002 stürzte eine Maschine der taiwanesischen Fluggesellschaft China Airlines ab. Das Unglück ereignete sich während meiner Zeit als Produktionsmanager von »Oriental Horizon«, und natürlich verfolgten wir diese Nachricht im Detail.
Mein damaliger Kollege Liu Aimin setzte alles daran, den taiwanesischen Sender EBC zu einer Kooperation zu bewegen. Er wollte es wenigstens einmal versuchen. Umso angenehmer waren wir überrascht, als der Sender ohne Umschweife zusagte.
Wirklich glaubte ich es erst, als ich zusammen mit einem Journalisten von EBC mit der Liveberichterstattung über die Katastrophe begann und in meinem Kopfhörer seinen typischen Taiwan-Dialekt vernahm. Es war der guten Zusammenarbeit mit EBC zu verdanken, dass wir in diesem Fall gemeinsam erfolgreich die kontinuierliche Versorgung mit aktuellen Informationen gewährleisteten.
Wir hatten uns, ehrlich gesagt, vorab nicht viele Gedanken darüber gemacht. Es war das Unglück, das unsere Vorgehensweise bestimmte. Doch es gab Leute, die dieser Zusammenarbeit besondere Bedeutung zusprachen. Wenige Tage später erschien in einer ausländischen Zeitschrift ein Artikel unter der Überschrift: »Der dreifache Austausch 20 zwischen China und Taiwan ist noch nicht durch, aber die Medien sind es schon«, der sich detailliert mit unserer Kooperation befasste. So wurde aus unserem spontanen Vorstoß ein Präzedenzfall für den Austausch zwischen beiden Seiten.
Wir hatten unbewusst eine Lücke gefüllt, aber ganz bewusst stellten wir uns jetzt darauf ein, dass die Zeit reif für eine Zusammenarbeit auf breiter Basis war. Immerhin kam es daraufhin in mehreren Fällen zu einem Teamwork zwischen uns und EBC, und zwar auf beiderseitige Initiative hin. Es braucht manchmal nur die entsprechende Gelegenheit, um eisig verhärtete Fronten aufzubrechen.
»Yansongs Blick auf Taiwan«
Das Jahr 2005 markierte eine historische Wende in den Beziehungen zwischen Taiwan und der Volksrepublik China.
Vom Frühjahr 2005 an besuchten Lien Chan von der KMT und Song Chuyu von der PFP mehrmals die Volksrepublik China. Lien Chan besiegelte mit seinem ersten Besuch in Peking das Ende der seit sechzig Jahren bestehenden Feindschaft zwischen der KMT und der KPCh mit einem historischen Händedruck.
Ich leitete die Berichterstattung über diese
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