Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sine Culpa

Titel: Sine Culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
Vom Netzwerk:
waren ohnehin schon unterbesetzt, da Fenwick drei Beamten nahegelegt hatte, die Versetzung zu beantragen, weil sie seinen hohen Anforderungen nicht genügten. Trotzdem wollte er nicht aufgeben. Falls es tatsächlich einen Pädophilenring hier in West Sussex gab – und das FBI meinte, Beweise dafür zu haben –, dann war er fest entschlossen, ihn aufzudecken. Sobald er gezwungen würde, den Fall Malcolm Eagleton abzugeben, wären Ball und Chalky White seine beiden einzigen Spuren. Vom Kaffee belebt, beschloss er, die Soko Chorknabe noch eine weitere Woche am Leben zu halten. Dann würde er entscheiden müssen, ob er die Arbeit daran einstellte.
    Die Türglocke bimmelte, und mit einem kalten Luftstrom kam ein Junge in Chris’ Alter hereingestürmt. Äußerlich war er das genaue Gegenteil von Fenwicks Sohn: Groß, mindestens fünf Kilo schwerer, sehr dunkel und mit schönen Augen, die in ein paar Jahren Mädchenherzen brechen würden. Billy, Giuseppes Sohn. Er war mit Chris in einer Klasse und nach allem, was man so hörte, ein richtiger Rabauke. Fenwick starrte auf den Rücken des Jungen, als der sich unter den ausgestreckten Armen seines Onkels wegduckte und ein paar Kekse aus dem großen Glas neben der Kasse stibitzte.
    »He!«, rief sein Vater, zuckte dann nachsichtig mit den Schultern und warf seinem Kunden ein verschwörerisches Lächeln zu, das Fenwick aber gar nicht bemerkte.
    Der Anblick des Jungen hatte irgendwas in seiner Erinnerung geweckt, und plötzlich wollte er möglichst schnell zurück in sein Büro, um noch einmal die Vermisstenakten durchsehen, die ihn ständig daran erinnern sollten, dass der Chorknaben-Ring reale Opfer hatte, deren Zahl vielleicht mit jedem weiteren ergebnislosen Monat zunahm.
    »Arrivederci, Chief Inspector«, rief Leonardo ihm nach, als er die Tür öffnete und den Jackettkragen hochschlug, weil es noch immer regnete.
    »A domani, Leonardo«, erwiderte er und lief los.
    Den parkenden grünen Peugeot bemerkte er erst, als es schon zu spät war. Blake Bowyer sprang aus dem Wagen und fing Fenwick vor dem Eingang zum Präsidium ab. Ohne auf den Regen zu achten, der sie beide durchnässte, hielt er Fenwick am Arm fest, nahm die Hand aber rasch wieder weg, als er merkte, dass dem anderen das unangenehm war.
    »Chief Inspector, bitte …« Bowyers starrte ihn an, seine Augen bettelten geradezu um Neuigkeiten, um tröstende Worte, irgendetwas. Seit Sams Verschwinden waren inzwischen zwei Wochen vergangen.
    Fenwick sah, dass das Auto im Halteverbot stand.
    »Kommen Sie, gehen wir aus dem Regen«, sagte er und strebte auf den Peugeot zu. Zumindest konnte er so einen Strafzettel verhindern, falls tatsächlich eine Politesse dem Regen trotzte. Als sie im Auto saßen, wandte er sich dem verzweifelten Vater zu.
    »Mr. Bowyer, ich leite die Ermittlungen im Fall Ihres Sohnes nicht, das wissen Sie. Meine Kollegen in Brighton arbeiten rund um die Uhr daran. Ich war nur bei Ihnen, weil ich abklären wollte, ob es womöglich eine Verbindung zu einer anderen Ermittlung gibt, mehr nicht.«
    »Und, gibt es eine?« Bowyers Augen waren so rot, dass sie aussahen, als würden sie bluten, wenn er blinzelte.
    Ehe er den Kaffee getrunken hatte, hätte Fenwick nein gesagt, aber die Erkenntnis, die ihn überrumpelt hatte, als Giuseppes Sohn ins Café gerannt kam, ließ ihn zögern. Bowyer merkte es.
    »Es gibt eine Verbindung, nicht? Sie verschweigen mir was!« Er packte Fenwicks Arm, zerknitterte ihm das Jackett, das ohnehin schon vom Regen ruiniert war. Fenwick löste den Griff sacht.
    »Das tue ich nicht, Mr. Bowyer, ehrlich. Der Fall, an dem ich arbeite, ist sehr kompliziert, vielleicht schon Jahre alt, und es gibt absolut keine nachgewiesene Verbindung zum Verschwinden Ihres Sohnes.« Er fragte sich, ob Bowyer die kleine Einschränkung auffallen würde, doch dazu war der Mann viel zu aufgewühlt.
    »Jenny geht daran zugrunde«, sagte er. »Sie isst kaum noch was, will das Haus nicht verlassen, weil Sam ja nach Hause kommen könnte und … oh Gott!« Er vergrub sein erschöpftes Gesicht in den Händen. »Ich kann nicht mit ihr reden, aber sie tut nichts anderes, sie redet und redet und redet ununterbrochen darüber. Wenn sie ihn doch nur zur Schule gebracht hätte. Wenn sie ihn an dem Morgen doch nur noch mal umarmt hätte. Wenn ich ihn doch nur nicht angeschrien hätte, weil er die Katze geärgert hatte … und so weiter und so weiter. Sie durchlebt unaufhörlich die letzte Stunde, als er noch bei uns

Weitere Kostenlose Bücher