Sine Culpa
William.«
»Braver Junge.« Williams Zorn war schlagartig verflogen. Er zerzauste ihm das Haar und tätschelte seinen Arm. Sam weinte leise weiter.
»Na, na«, William legte ihm einen Arm um die Schultern, »ist doch alles halb so schlimm.«
»Er macht mir Angst.«
»Er wird dir nicht wieder wehtun, das hat er mir versprochen. Ihm sind ein bisschen die Pferde durchgegangen, mehr nicht, und er hat mir versichert, dass das nicht wieder vorkommt.«
Schweigen erfüllte das kleine Zimmer, bis auf Sams Schluchzen.
»Ich gebe dir den Rest der Woche frei«, sagte William schließlich.
Sam ließ sich nichts vormachen.
»Wann kommt er wieder?«
Aber William antwortete nicht. Er stand nur auf und tätschelte ihm den Kopf.
»Entspann dich und genieße die Ruhe, junger Mann. Keine Sorge, bei uns wirst du richtig verwöhnt.«
Als er aus dem Raum ging, hörte Sam, wie von außen der Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Er sprang aus dem Bett und drückte die Klinke. Abgeschlossen. Er trommelte mit den Fäusten und trat mit nackten Füßen dagegen. Vergeblich. Er war eingesperrt, und da draußen war keiner, der sich getraut hätte, ihn rauszulassen, ganz gleich, wie viel Krach er machte.
Er ließ sich wieder aufs Bett fallen und weinte. Als er keine Tränen mehr hatte, schob er den Kopf unters Kissen und schmollte, aber nach einer Weile wurde das langweilig. Deshalb griff er schließlich zu den Comics, die William ihm mitgebracht hatte. Als ihm um sieben Uhr das Abendessen gebracht wurde, schlief er tief und fest, an der Hand klebrige Spuren von einer Lakritzschnecke.
TEIL DREI
September 1982
Paul kauerte in einer Ecke der Toilette und versuchte, die Füße vom Boden zu halten, während er zugleich mit dem Rücken gegen die Tür drückte. Es war ein nutzloses Versteck, aber ein besseres hatte er nicht finden können, nachdem er den Männern draußen weggelaufen war. Er hatte gedacht, es gäbe eine Hintertür, durch die er entwischen und in den Wald fliehen könnte. Stattdessen saß er in der Falle, verängstigt und allein. Er drückte sich noch fester in die Ecke, gegen die Türangeln, und presste die Füße gegen die Rückwand, aber er rutschte immer wieder ab. Als sie ihn ausgezogen und in den Pool geworfen hatten, war er zuerst in Panik geraten, aber er war ein guter Schwimmer, vor allem unter Wasser, und er war zwischen ihren Beinen hindurch bis zur Treppe am anderen Ende getaucht, während sie noch über ihren Scherz lachten. Als er dann vom Pool wegrannte, hatte er Alec fluchen und seinen Namen rufen hören. Der Tonfall des Mannes hatte ihm panische Angst eingejagt, und er war noch schneller gerannt, bis zum Poolhaus. Erst als er drinnen war, hatte er gemerkt, dass es keinen anderen Ausweg gab als den zurück zum Pool.
Deshalb drückte er sich jetzt gegen die Tür, zitternd vor Furcht und Kälte. Er horchte angestrengt auf das kleinste Geräusch, und als er das leise Atmen eines Menschen vernahm, erstarrte er vor Angst. Wieder drohten seine nassen Füße von der Wand abzurutschen, und er spannte die Beine an, um sie oben zu halten, während seine gespreizten Zehen verzweifelt nach Halt suchten.
Das Atmen wurde lauter. Er spürte förmlich, wie sich nackte Füße über die weißen Fliesen näherten, und presste die Augen fest zusammen. Er begann, ganz leise zu weinen, sodass niemand es hören konnte.
»Paul?«
Bryans Stimme, freundlich, nicht böse, aber das tröstete ihn nicht. Er wusste, dass Bryan ihn nicht vor den Männern da draußen schützen konnte und es auch gar nicht vorhatte. Es ging nur ums Geld. Bryan hatte bloß so getan, als mochte er ihn. Wenn er doch nur sein Messer dabeihätte, dann würde er rausspringen und es in ihn hineinstechen, wieder und wieder, bis er tot war. Aber das Messer war bei seinen übrigen Sachen am Pool, weit weg und nutzlos.
»Paul, ich weiß, wo du bist, mach keinen Quatsch. Hast du vergessen, dass nasse Füße Spuren hinterlassen?«
Entsetzt sah Paul nach unten auf die Pfütze, die sich unter ihm gebildet hatte, und schluchzte laut auf.
»Na, na, nun wein doch nicht. Dir passiert nichts, wenn du ein guter Junge bist. Komm, wir gehen wieder nach draußen.« Bryans Stimme wurde lauter und lauter, und sein Gesicht erschien über der niedrigen Tür.
Paul stieß einen verzweifelten Schrei aus und rutschte an der Tür nach unten, sank zusammen, hilflos schluchzend.
»Hör auf, Kleiner, weinen ruiniert dein hübsches Gesicht, und das mögen sie nicht.«
Bryan bückte
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