Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
nicht immer nur wie ein Schmetterling von Blume zu Blume fliegen. Irgendwann ist die Tulpe zu.«
Frau Zeh drückt das wie immer etwas gewählter aus: »Früher haben die Typen alles versucht, um einen ins Bett zu kriegen; heute muss man sie besoffen machen, damit etwas passiert.«
Ein Abend ohne Manni Kaltz
Neulich war ich mit Aysche in Timmendorfer Strand. Timmendorfer Strand muss man sich vorstellen wie das Örtchen Seaheaven aus der Truman Show. Das Einzige, was sich in den letzten 15 Jahren verändert hat, ist das Innenfutter der Strandkörbe. Früher gab es welche mit Muscheln und Seesternen, heute haben sie gelbe oder blaue Blockstreifen. Aysche hat das nichts ausgemacht, weil Blockstreifen gerade so modern sind und in der richtigen Anordnung dünn machen. Aber ich hab mich lieber in den Sand gelegt, denn eines der wichtigsten Dinge beim Strandbesuch ist ja, dass man hinterher überall Sand findet. Das beste Andenken, seit es die getrockneten Seepferdchen nicht mehr gibt.
Aysche wollte auch ein Andenken. Ein Foto mit Manni Kaltz. Der war ein Kumpel von Hotte Hrubesch und hat irgendwann einmaldie Bananenflanke erfunden. Zurzeit betreibt er in Timmendorf die Manni-Kaltz-Arena, ein Bierzelt auf dem Rasen neben dem Rathausplatz. Ich habe keine Ahnung, wie Manni Kaltz aussieht, wusste aber, dass das schmächtige Kerlchen mit weit aufgeknöpftem Hemd und goldener Kette, das gerade meinen Aschenbecher ausleerte, auf den Namen Manni hörte. Aysche war ganz aufgeregt: »Eindeutig, das ist Manni, mein Idol. Ich sehe die Bananenflanke vor mir. Ein bisschen klein ist er geworden.« Und mir kam in Erinnerung, dass Ex-Fußballer sich früher ja gern mal mit Lottobuden ruiniert haben. Vielleicht war dies ein ähnlicher Fall. Und es tat mir in der Seele weh, dass der Erfinder der Bananenflanke im Alter Aschenbecher ausleeren und Bierflaschen einsammeln muss.
Am nächsten Tag gab Manni Kaltz im Bierzelt ein Interview. Er war groß, gut frisiert, das schwarze Polohemd spannte über seiner Brust, die keinen Tag älter wirkte als 40, und weit und breit hing keine einzige Goldkette an dem Mann. »Ja, das ist Manni«, sagte Aysche. »Ich sehe die Bananenflanke vor mir.« Und dann stand sie auch schon vor ihm und erzählte ihm irgendwas von Halbgott und größter Fan.
Wenig später trafen wir Manni in einem Café wieder, und noch ein wenig später brachte uns die Kellnerin zwei Cocktails. Von Manni. Jetzt wäre für Aysche der perfekte Zeitpunkt gekommen, die Halbgott-Fan-Beziehung ein wenig auszubauen. Nach fünf Minuten tauchte die Kellnerin erneut auf: »Manni fragt, ob’s denn nicht schmeckt. Ich glaube, er möchte, dass ihr an den Tisch kommt.« Und Aysche riss den Mund so sperrangelweit zum Gähnen auf, dass man noch ein paar Gräten von der Scholle Finkenwerder Art sehen konnte, wenn man genau hinsah.
Finkenwerder Art haben wir nur genommen, weil das Fischfilet mit Jägersoße schon aus war. Seit ich weiß, dass es Fischfilet mit Jägersoße oder mit Gorgonzola gibt, ist die Pizzatasche Spreewald nur noch auf Platz zwei der Liste der perversesten Gerichte.
Auf der Rückfahrt nach Hamburg teilten wir uns den Regionalzug, der aus zwei Waggons bestand, mit mehreren Schulklassen. Etwa auf halber Strecke kam ein Mann in Lehrerverkleidung – hellgrauer Vollbart, hellbraune Jeans, Brille, Poloshirt – in unseren Waggon.Er stellte sich vor seine Schüler: »Da hinten sitzen Jugendliche, die mit ihren Straßenschuhen die Sitze beschmutzen. Würdet ihr das auch tun? Mit euren Straßenschuhen die Sitze beschmutzen?« Seine Schüler schüttelten eifrig die Köpfe: »Aber nein, denn das ist doch verboten.« Und die sehr feine Dame neben mir sagte, dies sei ein Verfall der Sitten bis zum Gehtnichtmehr. Das sagte sie: bis zum Gehtnichtmehr. Und dann noch: »Schlimmer geht es nicht.« Wehmütig dachte ich an das friedliche Berlin, wo zwar Lehrer von ihren Schülern verprügelt und Mobiliar aus dem Fenster geschmissen wird, ich aber nie miterleben musste, wie ein Schüler seine Straßenschuhe auf den U-Bahn-Sitz legt. Die Dame sah mich streng an und sagte: »Für mich alles die Brut der 68er.« Und ich war froh, dass ich noch etwas Sand zwischen den Zehen hatte, weil ich plötzlich an den Strand denken musste.
Der Mann mit der Bohrmaschine
Neulich fuhr ich mit dem Rad durch Prenzlauer Berg. Das ist besser als ein Tag im Day-Spa oder eine vierhändige Thai-Massage. Wer mal richtig runterkommen möchte, ein bisschen entspannen,
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