Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
Spartak-Moskau-Aufstellung von 1977 gegen die Albaner spielen.«
Ach, herrlich. Endlich mal wieder etwas, das Männer wirklich besser können. Und Spartak Moskau! Das klingt stark. Wie Spartakus. Wie der souveräne Mann neben uns, der alles über Fußball weiß.
Der Mann neben mir, ein bis zu diesem Abend von mir hoch geschätzter Bekannter, hatte mich zum Public Viewing begleitet. Er biss in seinen Burger, um seinem Satz mehr Ausdruck zu verleihen und irgendwie fachmännischer rüberzukommen: »Der Schweini hat sich die Haare dieses Mal ein bisschen zu blond gefärbt, finde ich. Willst du auch mal vom Burger probieren?« Stille. Die Männer um uns herum zuckten, als hätte man ihre von der Aufregung schweißnassen Hände in einen Toaster gesteckt.
Mädchenkommentare! Kaum hat man sie den Frauen mühsam abgewöhnt, fangen die Kerle damit an? In Gedanken wünschte ichmich weit fort. Vielleicht in die Manni-Kaltz-Arena in Timmendorf oder so. Als Manni Kaltz noch auf dem Platz stand, wären solche Männer wie mein Bekannter mit einer Bananenflanke abgeschossen worden.
Schuss aufs deutsche Tor. »Ballack wieder mit 1-a-Haar«, sagte mein Bekannter etwas lauter. Und dann: »Der Lehmann wird am Hinterkopf aber auch schon recht kahl.« Ein Hooligan drehte sich zu ihm um: »Ey Mann, kommentierst du hier die Friseurmeisterschaften oder Fußball?« Ein reizender Hooligan, der hätte meinem Bekannten ja auch ganz andere Dinge sagen können.
Ich starrte meinen Ex-Begleiter fassungslos an. Viele Fragen schossen mir durch den Kopf: Ist das die böse Fratze der Gleichberechtigung? Würde mein Begleiter gleich fragen, ob wir uns hinterher noch eine Portion Luca Tonis teilen wollen? Und warum hatte ich dieses Defizit nicht früher bemerkt?
Früher hieß es mal, ein Mann müsse ein Bäumchen pflanzen, ein Haus bauen, einen Sohn zeugen. Heute muss er sich eben verdammt noch mal auch noch mit Fußball auskennen. Ich persönlich finde Fußball entsetzlich langweilig, genieße aber durchaus die Vorteile der EM. Beispielsweise freie Termine bei der Pediküre während wichtiger Spiele.
Dabei finden Frauen ja seit der letzten WM Fußball ganz toll und kennen sich auch wirklich richtig gut aus, heißt es immer. Ein Freund von mir behauptet, wir Frauen könnten uns tarnen, wie wir wollten. Abseitsregeln auswendig lernen, Spielernamen und Transfersummen herunterbeten. Irgendwann würde einfach dieser eine Satz fallen. »Der sieht echt süß aus.« Fußballspieler sind nicht süß. Sie sind brandgefährlich.
Langsam stellt sich auch heraus, wem man das Weiterkommen gönnt und wem nicht. Ich weiß zwar bis heute nicht, warum die Türkei bei der EM startet und nicht bei den Asia Games, aber gut. Die Türken sollen weiterkommen, damit die polnische Böllerindustrie auch etwas von dem Turnier hat. Italien soll weiterkommen, weil der kleine, dicke Wirt des Delizie D’Italia sich so herzzerreißend ernst in seine riesengroße Italienflagge hüllt und auf das Dach seines Ford Transit klettert. Das möchte man immer und immerwieder sehen. Und Deutschland soll gewinnen, weil Deutschland eben gewinnen soll. Und weil Lehmann bei der nächsten EM bestimmt eine Glatze hat und dieses Mal eben noch nicht. Man muss ja schließlich auch an das Siegerfoto denken.
Was wollen die hier? Ich fordere Anwohner-Essen!
Neulich schlurfte ich wieder einmal des Abends durchs schöne Prenzlauer Berg. Ich war hungrig und auf der Suche nach Nahrung. Auf der Straße schlichen die Autos im Straßenstrichtempo vorbei, nur stand den Fahrern der Sinn nicht nach schneller Liebe, sondern nach freien Parkplätzen. Wahnsinnige! In Prenzlauer Berg sind Parkplätze noch dünner gesät als Liebe. Bei beiden muss man meistens in der zweiten Reihe warten.
An meiner Seite ging ein Bekannter, auch er hungrig. Wir hätten zu Hause essen können, doch der Katzenflüsterer hatte mich gewarnt. Das vertragen die zarten Katzenseelen nicht. Wussten die Katzen etwas, das ich nicht wusste?
Wie immer waren alle Tische in den leckeren Restaurants belegt. Nur bei dem Asiaten gab es noch zwei Plätze auf der Bierbank. Vermutlich waren die Gäste vor uns längst in der Charité, um sich den Magen auspumpen zu lassen. In diesem Laden wird das Fleisch nicht mit Glutamat gewürzt, die verfeinern höchstens ihr Glutamat mit ein bisschen Fleisch. Nach einem Abendessen dort kribbelt der ganze Körper bis hin zu den Haarwurzeln, als hätte man Läuse gegessen, die jetzt langsam von der Blutbahn
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