Sinnliche Maskerade
ein Stückchen Brot mit den Fingern.
»Ich möchte, dass du mich zu einem Besuch bei meinem Onkel Bradley begleitest.«
»Zu deinem Onkel?« Entsetzt blickte Alexandra ihn an, als ihr einfiel, was er über diesen Mann berichtet hatte. »Warum?«
»Nun, ich muss ihn mit meiner vollkommen unpassenden Braut vertraut machen. Und je schneller das geschieht, desto besser für alle Beteiligten.«
»Aber wir wollen doch noch gar nicht heiraten«, bekräftigte sie.
»Ich würde gern Fakten schaffen, jedenfalls soweit wie möglich, und bei meinem Onkel um deine Rechtmäßigkeit werben«, erläuterte er geduldig, »es würde allen eine enorme Last von den Schultern nehmen. Aber wenn dir der Gedanke Angst einjagt ...«
»Nein«, unterbrach sie, »das heißt, nach dem, was du mir erzählt hast, ist es natürlich ein wenig beängstigend. Aber da es nun mal zu unserem Plan gehört, ja, natürlich, ich begleite dich. Wann immer du möchtest.«
Es glitzerte in seinem Blick, als er nickte.
»Der Gedanke dürfte dir sogar ziemlich gefallen, weil du eine weitere Rolle zu spielen hättest. Du bist eine begnadete Schauspielerin, meine Liebe.«
Alex suchte nach einem Stachel in seinen Worten, konnte aber keinen finden. Seine Idee schien ihn aufrichtig zu amüsieren.
»Erzähl weiter«, forderte sie ihn auf.
»Ich möchte, dass du zu diesem Besuch bei meinem Onkel die Hose anziehst, die du in Lymington getragen hast. Eine Verkleidung, meine Liebe, das ist höchst verlockend. Wir werden sehen, wie der alte Mann darauf anspringt.«
Alexandra dachte einen Moment lang darüber nach, lachte auf und nickte. Es wäre viel leichter für sie, mit diesem furchterregenden Onkel umzugehen, wenn sie schauspielern durfte. Schließlich war es nichts als eine weitere Rolle, die sie zu spielen hatte und die für ihre besondere Lage maßgeschneidert schien. Und sie war begabt für solche Aufführungen.
»Du wirst mir zeigen müssen, was ich zu spielen habe.«
Peregrine lächelte.
»Das mache ich unterwegs. Aber zuerst musst du dein Kostüm holen. Ich schicke Bart nach einer Droschke. Sag ihm, dass er am Berkeley Square auf dich warten soll, dann kann er dich gleich wieder herbringen, damit du dich hier umziehen kannst.«
Bei ihrer Rückkehr ins Haus begrüßte Billings sie mit dem üblichen Schniefen.
»Es sind Briefe für Sie angekommen.« Der Diener deutete auf das Tischchen in der Halle, auf dem ein mattes Silbertablett mit zwei versiegelten Briefe stand.
»Danke.« Alex schnappte sich die Briefe, die sie auf dem Weg in ihr Schlafzimmer las. Im Auftrag des Lord Dewforth würde Andrew Langham sie um drei Uhr nachmittags aufsuchen. Und eine Stunde später würde Mr. Murdock sich die Ehre geben. Das hieß, dass sie nach dem Besuch bei Lord Bradley auf direktem Wege an den Berkeley Square zurückkehren musste.
Alex schnürte ihre Männerkleidung zu einem Bündel zusammen, stopfte sie in eine kleine Tasche und eilte zur wartenden Droschke.
Kapitel 17
Zurück in der Stratton Street, kleidete Alexandra sich in Hose und Jacke. Sie band ihr Haar zu einem Knoten oben auf dem Kopf, stopfte sich die Frisur unter eine Mütze und zog die Krempe tief.
»Wie sehe ich aus?«
»Zauberhaft«, sagte Peregrine, der die Verwandlung mit lüsternem Glimmern in seinem Blick beobachtet hatte. »Wir sollten aufbrechen, bevor ich der Versuchung nachgebe und dich auf der Stelle vernasche.«
Sie lachte fröhlich, genoss seinen lüsternen Blick. Denn sie fühlte sich gleichzeitig mächtig und begehrenswert, zwei Empfindungen, die Mistress Alexandra Hathaway bisher unbekannt gewesen waren. Sie folgte ihm die Treppe hinunter und in die Droschke. Der Kutscher zog die Brauen hoch bis zum Haaransatz, als er seine beiden Fahrgäste aus dem Haus kommen sah. Die gut angezogene junge Lady, die er zum Berkeley Square gefahren hatte, schien eine merkwürdige Verwandlung durchgemacht zu haben. Ach, was geht mich das an, dachte er schließlich schulterzuckend, schließlich versorgte das Paar ihn mit einem einträglichen morgendlichen Auftrag.
Peregrine nannte ihm das Fahrtziel und sprang hinter Alexandra in den Wagen.
»Das Geheimnis des Umgangs mit Viscount Bradley liegt da-rin«, fing er an, sobald die Droschke angeruckt war, »in keiner Hinsicht zu erkennen zu geben, wie fassungslos du bist. Er wird nichts unversucht lassen, dir die Fassung zu rauben, und sobald er auch nur den zartesten Riss in deinem Schutzpanzer spürt ... Nun, dann wird er nicht mehr lockerlassen,
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