Sinnliche Traeume auf Kyrene
wird sofort gebracht werden.“
Diana erhob sich, läutete nach der Haushälterin und erteilte ihr den Auftrag, ein Tablett mit den gewünschten Sachen ins Atelier zu bringen. Dann geleitete sie ihren Gast aus dem Salon.
Sie blieb jedoch erschrocken stehen, als sie in der kleinen Eingangshalle eine vierschrötige Gestalt entdeckte.
„Mein Diener Birkin“, erklärte Venus. „Er begleitet mich überall hin. “
Diana versuchte, ihre Verwirrung mit einem Lächeln zu überspielen. „Er kann in der Küche warten, wenn er mag. Dort hat er es bequemer. Sicher hat meine Köchin eine Menge Ingwerplätzchen gebacken.“
Birkins finsteres Gesicht hellte sich bei der Erwähnung von Ingwerplätzchen auf. Mit königlichem Nicken entließ Venus ihren Diener. Er sollte nur noch zuvor ihrem Kutscher sagen, er möge sie in drei Stunden wieder abholen.
Diana ging vor Venus die Stufen hinauf und machte dann mit ihr eine kleine Führung durchs Atelier. Sie sah an Venus’ Reaktion, dass Madame von ihren Arbeiten beeindruckt war.
„Ich sehe, Sie haben nicht übertrieben“, erklärte Venus etwas verblüfft, was Diana freute.
Für die Sitzung war bereits alles vorbereitet. Ihr eigener Diener hatte zuvor die Chaiselongue auf die andere Seite des Studios geschafft, sodass sie jetzt dem Nordfenster gegenüberstand. Diana war sich sicher, dass die Pose, die sie sich für Venus ausgedacht hatte, die richtige war: Die Göttin Aphrodite, in griechischem Gewand aus zartem, schleierartigem Stoff auf einer Liege
ruhend, umgeben von einigen zur Szene passenden Säulen.
Diana erklärte Venus, wie sie sich das Bild vorstellte, und fragte sie dann, ob sie etwas dagegen habe, ihr Haar zu lösen. „In dem Bild möchte ich Sie mit einer klassischen Frisur zeigen, mit Lorbeer bekränzt. Aber wenn ich Ihr Haar offen sehe, kann ich mir besser die Wirkung vorstellen, die ich erreichen möchte.“
Als Madame keine Einwände hatte, wies Diana auf den hohen Spiegel und den Frisiertisch in der Ecke, sowie auf den Wandschirm, hinter dem sie sich umziehen konnte.
Diana selbst bereitete sich auf das Malen vor. Sie hatte schon eine Leinwand hergerichtet, die Staffelei aufgestellt und ihr kleines Schränkchen bereitgestellt, dessen Schubladen voller Fläschchen, Pinsel und Farben waren. Jetzt strich sie die Farben auf ihre Palette, die sie am Anfang benötigen würde.
Als beide mit ihren Vorbereitungen fertig waren, ließ Venus sich von Diana auf die Chaiselongue setzen und probierte verschiedene Posen mit ihr aus.
„Ihr Haar ist wirklich wunderbar“, meinte Diana, während sie eine Locke so arrangierte, dass sie über Madames Busen fiel.
„Ich gebe zu, dass es mein ganzer Stolz ist. Die Farbe ist na-tur“, betonte sie.
„Das habe ich mir gedacht. Henna könnte kaum dieses tiefe Feuer bewirken.“
Venus schien sich über das Kompliment zu freuen und folgte willig den Anordnungen Dianas, die ihr sagte, wie sie Arme und Beine zu halten habe. Sobald die Erfrischungen gebracht worden waren, ließ Diana ihr Modell in Ruhe die heiße Schokolade und das Gebäck genießen, während sie bereits begann, die Umrisse des Ganzkörperporträts zu skizzieren. Eine Weile arbeitete sie schweigend. Dann zeigte sie Venus erneut, welche Pose sie einnehmen sollte. Wieder an der Staffelei, plauderte sie höflich über belanglose Dinge wie das trübselige Londoner Wetter oder die besten Geschäfte in der Bond Street. Als Venus sie das nächste Mal mit Miss Sheridan anredete, erwiderte Diana lächelnd: „Es würde mich freuen, wenn Sie mich Diana nennen.“
„Und ich bin Venus.“
Wieder wandte Diana ihre Aufmerksamkeit der Leinwand zu und malte mit gebrannter Umbra die dunkleren Partien, wobei sie die Farbe mit Bienenwachs verdünnte. Dann wechselte sie die Pinsel und begann an den hellen Partien der Haut zu arbeiten. Sie benutzte dazu ein Grau, das aus schwarzem Elfenbein und Weiß bestand. Nach einer weiteren Viertelstunde entschloss sich Diana, das Gespräch auf persönlichere Themen zu lenken.
„Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich für Ihre Hilfe im Fall von Amy bin. Seit Nathaniel tot ist, war hauptsächlich ich für ihre Erziehung verantwortlich.“ Diana blickte kurz von der Leinwand auf. „Kannten Sie meinen Cousin?“ Venus’ Gesicht war eine Maske. „Wir kannten uns kurz.“
„Er war wie ein Bruder für mich. Ich vermisse ihn schrecklich.“
Als diese Bemerkung bei Venus keine Wirkung zeigte, änderte Diana ihre Taktik. „Ich
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