Sinnliches Erwachen
Du wirst dich nicht stressen, wie ihr Menschen immer sagt. Du wirst nur Dinge tun, die dich glücklich machen.“
„In der Theorie klingt das ja super, aber wie stellst du dir das genau vor?“
Stirnrunzelnd wandte er sich ihr zu und überlegte kurz. „Vielleicht solltest du dir Witze anhören.“
Was für eine fantastische Idee aus dem Munde von Mr Ernsthaftigkeit in Person, dachte sie trocken. „Mehr fällt dir nicht ein? Ich dachte, du wüsstest alles.“
„Verbring Zeit mit deiner Schwester. Es geht ihr besser, nehme ich an.“
„Das tut es.“ Nicola hatte ihrer Schwester von Koldo und seinen Behauptungen erzählt, und Laila hatte sie ausgelacht. Sie hatte geglaubt, die Gehirnerschütterung oder die Medikamente oder beides hätten Nicola das Hirn vernebelt. Und was Nicola auch sagte, das Mädchen hatte sich nicht vom Gegenteil überzeugen lassen. „Möglicherweise braucht es noch ein wenig Überzeugungsarbeit, damit sie dich ernst nimmt, aber mach dir keine Sorgen. Ich schaff das schon.“ Die Alternative bestand darin, ihrer Schwester beim Sterben zuzusehen, und das würde sie einfach nicht zulassen.
Koldo verringerte den Abstand und legte die Hände flach auf ihren Schreibtisch. Krampfhaft klammerte Nicola sich an ihrer Hose fest, damit sie nicht die Finger ausstreckte, um ihm über den breiten Kiefer zu streichen. Wie würde er wohl auf so etwas reagieren?
„Du wirst alles tun, was ich dir sage?“, vergewisserte er sich eindringlich.
„Alles.“ Ohne Zögern. „Das haben wir doch schon besprochen.“
„Es kann nie schaden, sicherzugehen.“ Sein Blick fiel auf ihre Lippen und verharrte dort. „So rosa“, flüsterte er und zog die Brauen zusammen. „So hübsch.“
Auf einmal wurden ihre Handflächen feucht. Er beäugte sie, als wäre sie vor ihmausgebreitet wie ein Buffet, über dem ein Schild mit der Aufschrift „Gratis – All You Can Eat“ blinkte. Als wäre er völlig ausgehungert.
Hatte er seine Meinung geändert, was „diese Art“ von Begehren anging?
Tief atmete er ein, dann blinzelte er. Seine Nase kräuselte sich, als hätte er etwas Unangenehmes bemerkt. „Warum riechst du so?“ Sein Tonfall war schneidend.
„Wie?“ Nach Giftmüll?
„Jasmin und Geißblatt.“
„Äh, das ist ein neues Duschgel und eine Bodylotion.“ Die Sachen, die Sirena ihr geschenkt hatte.
„Benutz das nie wieder. Das ist mein erster Befehl an dich. Wenn ich’s mir recht überlege, schmeiß das Zeug weg.“
Nein, er hatte seine Meinung nicht geändert.
Ein Klopfen hallte durch das Zimmer, und irgendwie brachte Nicola es fertig, sich von der animalischen Anziehungskraft seines Gesichts loszureißen und nach links zu sehen.
Die Tür war offen, und Sirena steckte den Kopf herein, ohne auf Nicolas Einladung zu warten. „Hey Nicola“, sagte sie mit einem breiten Grinsen mit zu vielen Zähnen – einem Grinsen, das langsam verblasste, während sie sich im Büro umsah. „Ich dachte, ich hätte dich mit jemandem reden hören, aber ich hab niemanden reinkommen sehen.“
Nicolas Blick huschte zu Koldo. Beziehungsweise dorthin, wo Koldo gestanden hatte. Er war fort, und nichts als der Duft von Sonnenschein in der Luft zeugte von seiner kürzlichen Anwesenheit. Seine Wärme hatte er mitgenommen, und plötzlich fröstelte Nicola – ausgekühlt und irgendwie, na ja, verloren.
„Ich dachte, du wärst in der Pause“, wich sie aus.
„War ich auch, bis mir eingefallen ist, dass du ohne mich aufgeschmissen wärst.“ Ohne jede Scham und vollkommen überzeugt brachte sie das vor. „Da hab ich natürlich zugesehen, dass ich wieder herkomme.“
Aufgeschmissen? Ernsthaft? Das glaubte die junge Frau? Allein heute früh hatte Nicola dreimal gehört, wie Sirena einen Anrufer falsch durchgestellt hatte. Die anderen vier Male, als das Telefon geklingelt hatte, hatte das Mädchen gleich den Anrufbeantworter drangehen lassen. „Was kann ich für dich tun, Sirena?“
„Ich wollte dir bloß sagen, dass Mr Turner hier ist und mit dir sprechen will.“ Dann legte sie verschwörerisch eine Handfläche an den Mund und flüsterte: „Und er sieht verdammt gut aus. Das solltest du dir auf keinen Fall entgehen lassen.“
Dex war hier? Warum? „Danke fürs Bescheidsagen. Schick ihn doch bitte rein.“
Sirena zwinkerte ihr zu und wandte sich mit übertriebenem Hüftschwung um. „Sie können jetzt reingehen, Mr Sexiest Man Alive.“
Nicola notierte „Mit Sirena über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
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