Sinnliches Versprechen auf Sizilien
Straße zur Küste hinunter.
Nun wusste Marina genau, wohin er sie brachte. Doch das war noch schlimmer, als zum Palazzo zurückzukehren.
6. KAPITEL
Das Haus sah immer noch so aus, wie Marina es in Erinnerung hatte. Klein und eingeschossig, lag es inmitten von Weinbergen, exotischen Kakteen und Feigen- und Olivenbäumen. Auf drei Seiten des Hauses zog sich eine große, teilweise überdachte Terrasse entlang, sodass das Leben sich bei schönem Wetter auch im Freien abspielen konnte. Von dort bot sich ein malerischer Blick auf eine mächtige Brücke, die sich über das Tal von San Cataldo spannte.
Das romantisch anmutende Landhaus mit dem Namen Casalina war vollständig rosa getüncht, und Marina hatte hell aufgelacht, als sie es in den Flitterwochen zum ersten Mal gesehen hatte.
„Was sollen wir hier?“, fragte sie jetzt argwöhnisch und wünschte, sie hätte sich besser unter Kontrolle.
Pietro warf ihr nur einen kurzen Seitenblick zu, bevor er den Wagen in den kleinen Hof lenkte und ihn sanft zum Stehen brachte.
Eine knappe Woche hatten sie damals über alle Maßen glücklich und verliebt in dieser Idylle verbracht. Alles war vollkommen gewesen, einfach paradiesisch. Marina war bis über beide Ohren in ihren frischgebackenen Ehemann verliebt und überzeugt gewesen, dass er ebenso für sie empfand.
Erst nachdem Pietro und sie in den eleganten Palazzo mit dessen aristokratischem Lebensstil eingezogen waren, hatte sie gemerkt, wie naiv es von ihr gewesen war, die Woche in Casalina für die Wirklichkeit zu halten.
„Wie gesagt, ich wollte irgendwohin mit dir fahren, wo wir ungestört und in aller Ruhe miteinander reden können“, sagte Pietro.
Na ja, ruhig war es hier wirklich … zu ruhig für Marinas Geschmack. Es hatte eine Zeit gegeben, als sie sich danach sehnte, mit ihm allein zu sein, und nicht genug davon bekommen konnte, sich mit ihm zu unterhalten, ihm nahe zu sein, die Liebesnächte mit ihm zu genießen. Mit ihm zusammen zu sein war der Himmel auf Erden gewesen, jeder Tag war ihr von morgens bis abends einfach himmlisch erschienen.
Jetzt fürchtete sie sich davor, mit Pietro allein zu sein, denn es schien ihr, als würde eine dunkle Wolke über ihr hängen, die etwas Bedrohliches barg.
„Kommst du mit ins Haus?“ Locker und zuversichtlich ging Pietro auf das Gebäude zu, er schien überhaupt nicht zu merken, dass Ängste und schmerzliche Erinnerungen sie marterten.
Aber natürlich, ihn verfolgten keine quälenden Gedanken an ihre Flitterwochen, an die gemeinsame Zeit in Casalina , an dumme romantische Illusionen. Er hatte nie das Gefühl gehabt, all seine Träume hätten sich erfüllt – vermutlich hatte er sich in seinem ganzen Leben noch nie Träumen hingegeben.
Außer vielleicht dem vom Erben, den sie ihm schenken sollte. Das Baby in ihr war quicklebendig gewesen, als sie hier eintrafen.
Ihr Herz krampfte sich zusammen, Marina war den Tränen nahe.
Nein, sie konnte das Haus nicht betreten, nicht mit Pietro und schon gar nicht jetzt, wo die Schmerzen und Qualen der Vergangenheit zwischen ihnen standen.
Aber blieb ihr eine andere Wahl?
Auf der Schwelle hielt Marina inne und blickte unauffällig zum Wagen zurück, wo der Schlüssel immer noch im Schloss steckte. Sekundenlang war sie versucht, zum Auto zurückzurennen, die Fahrertür aufzureißen und sich hinters Lenkrad zu schwingen. Sie brauchte nur Gas zu geben, davonzubrausen und dann …
Ja … und was dann?
Wohin sollte sie gehen? Was konnte sie tun? Der Gedanke an den hektischen Abendverkehr auf den Straßen von Palermo versetzte sie in Panik. Und selbst wenn sie den Weg zum Hotel zurückfand, würde sie den lauernden Paparazzi direkt in die Arme laufen und vom Regen in die Traufe geraten.
Im Augenblick hätte sie beim besten Willen nicht sagen können, ob ihr Pietros „gemütliche Aussprache unter vier Augen“ lieber war als der brutale Ansturm der Presseleute mit ihren Blitzlichtern und den Mikrofonen, die sie ihr ins Gesicht halten würden.
Marina atmete tief ein und zwang sich, Pietro ins Haus zu folgen, gegen die Erinnerungen anzukämpfen, die bei jedem Schritt in ihr wach wurden.
Das Haus war klein; eigentlich bestand es aus einem einzigen offenen Raum mit Küchenecke, von dem Türen ins Schlafzimmer und Bad abgingen. Nichts hatte sich verändert, seit sie das letzte Mal hier gewesen war. Der blank gebohnerte Holzboden, die bemalten Bauernmöbel und das rote Polstersofa riefen so viele starke Erinnerungen wach, dass
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