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Sintflut (German Edition)

Sintflut (German Edition)

Titel: Sintflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Schulze
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und jede Menge Urlauber.
     
    In der Eingangshalle des Palace-Hotels, wo Akan ein Zimmer für mich reserviert hat, könnte man das Skelett eines Dinosauriers aufstellen. Hinter der Rezeption sind zwei Frauen in ein Gespräch vertieft und blicken unwillig auf, als ich mich anmelden will. Da die eine sich gerade die Fingernägel lackiert, kann nur die andere arbeiten. Hinter mir bildet sich eine Warteschlange, aber niemand murrt.
    Was die Eingangshalle versprochen hat, nämlich eine gewisse Großzügigkeit, entpuppt sich als Wunschdenken. Das Zimmer, in das Akan und ich hinaufgegangen sind, hat zwar Meerblick, aber nur Hobbits hätten einigermaßen Platz. Der winzige Raum ist noch dazu mit Elektrogeräten voll gestellt. Es gibt einen sehr großen Fernseher und einen sehr großen Haushaltskühlschrank. Fehlen nur noch Waschmaschine und Elektroherd, aber das kommt vielleicht mit dem nächsten Modernisierungsschub.
    »Man könnte etwas aus dem Hotel machen, aber es gehört dem Staat«, sagt Akan, als er die Balkontür aufmacht. »Der Staat verpachtet es und die Pächter wechseln häufig. Jeder will mal drankommen, denn durch seine Lage direkt am Meer ist es eine Goldgrube, egal wie die Zimmer sind.«
    Dann verabschiedet er sich für den Rest des Tages. Überflüssig, ihn zu fragen, was er vorhat. Er lächelt nur und ist auch schon aus der Tür. Ich habe frei und spiele Ferien am Schwarzen Meer. In einem Laden um die Ecke kaufe ich Tomaten, Käse, Weißbrot und Rotwein. Jetzt hat das Taschenmesser mit Korkenzieher seinen Auftritt. Es gehört eigentlich Max, aber er hat es mir beim Abschied schnell noch zugesteckt. »Du kannst es vielleicht besser brauchen als ich«, sagte er leise und nahm mich schnell in die Arme, damit ich seinen besorgten Gesichtsausdruck nicht sehen konnte. Aber da hatte ich ihn schon gesehen.
     
    Hier im Sessel auf dem Balkon sieht alles viel besser aus, als es ist. Probleme können klein und unwichtig werden, wenn man aufs Meer hinaus schaut. Außerdem bin ich hungrig und Essen lenkt mich immer ab. Die Tomaten schmecken nach Tomaten, das Weißbrot ist locker und knusprig, der Wein besänftigend. Vom Meer weht eine leichte Brise zu mir herein. Nach dem Essen fahre ich das neue Notebook hoch und schreibe eine Nachricht an Max. Schreibe von Birgul Schmitzig, der Sintflut, den Schatzsuchern und den Fischgöttinnen. Und vom Kongress, von den Journalisten, von Goppel und Fleischmann. Dann schalte ich das Handy ein, warte auf die Verbindung und schicke die Nachricht ab. Luftpost, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Max hat noch nicht geschrieben, aber das habe ich auch nicht erwartet. Er steht mit allen technischen Geräten auf Kriegsfuß und überlässt den Umgang damit am liebsten mir oder seinen Assistentinnen. Nun muss er sich auf einmal damit auseinandersetzen. Und bis er sich dazu durchgerungen hat, das kann dauern.
    Bald geht die Sonne unter. Ich raffe mich zu einem Abendspaziergang auf. Das Hotel grenzt an den öffentlichen Badestrand von Konstanza. Paradise Beach steht auf einem Schild und jenseits davon liegen rumänische Familien zwischen ihren Autos in der Sonne. Das aufgeheizte Blech macht die Luft noch heißer, als sie an diesem Augusttag sowieso schon ist, aber die Leute haben endlich Ferien, und das ist die Hauptsache.
    Kein Akan, als ich von meinem Spaziergang wieder zurückkomme. Kein Akan, als ich mich ins Hotelrestaurant setze und ein paniertes Zanderfilet mit Bratkartoffeln und Petersilienblatt bestelle. Kein Akan, als ich meine erste Zigarette rauche. Kein Akan, als ich mich dabei ertappe, alle zwei Minuten zum Eingang zu blicken.
    Es sind kaum Gäste da. Die vier deutschen Geschäftsleute am Nebentisch halten mich wahrscheinlich für eine Amerikanerin, weil ich auf Englisch bestelle und akzentfrei spreche. Sie unterhalten sich jedenfalls sehr ungezwungen, ich verstehe jedes Wort. Zwei von ihnen verschwinden mit den beiden Frauen, die vor ein paar Minuten dazugekommen sind. Die Männer haben vereinbart, im Rotationsprinzip zu verfahren, das sei billiger. Nach einer Weile kommt das erste Bumsteam grinsend und feixend zurück und das zweite ist an der Reihe.
    Eine dritte Frau kommt in das Restaurant und setzt sich allein an einen Tisch. Sie trägt hochhackige rote Schuhe, auch Rock und Pullover sind rot, die Haut da-runter jung und braun, die Augen und Haare schwarz. Sie lacht einem Mann zu, der gerade hereinkommt. Er geht zu ihrem Tisch, fragt sie etwas, sie nickt, deutet auf den Stuhl

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