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Sintflut (German Edition)

Sintflut (German Edition)

Titel: Sintflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Schulze
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weitergeklettert.
    Das war der Beginn einer Art von Freundschaft gewesen, Kumpanei wäre vielleicht das bessere Wort. Er und Ludovico trafen sich mehrere Sommer und kletterten in den Karpaten herum. Die Jahre vergingen. Bis der Rumäne, der inzwischen trotz aller Bergsteigerei recht behäbig geworden, ihm eines Abends eine unglaubliche Geschichte erzählte. Von der Sintflut, der Arche Noah, den Figuren und einem Goldschatz, sehr alt und wertvoll.
    Warum hatte der Rumäne gerade ihm ein solches Geheimnis anvertraut? Und mehr noch: Warum hatte er es so lange für sich behalten? Darüber konnte er nur spekulieren. Ludovico musste etwas riskieren, musste jemanden ins Vertrauen ziehen, um an den Schatz zu kommen. Mit dem Gold aus Rumänien verschwinden, untertauchen und ihn zu Geld machen: All das ging nur mit Hilfe von außen. Und er war – jedenfalls soweit er wusste – Ludovicos einziges Tor zum Westen gewesen.
    Auch alte Briefe hatte Ludovico aufbewahrt. Flavio musste sie gefunden haben und so auf ihn aufmerksam geworden sein. »Sie waren ein Freund von Ludovico?« – das war die erste Frage des jungen Mannes gewesen, der eines Abends vor seiner Tür gestanden hatte. Er sagte vor Schreck einfach ja. Ludovico sei tot und hätte eine goldene Figur bei sich gehabt, erfuhr er nun und entschloss sich, Flavio alles zu erzählen.
    Wieder reiste er nach Rumänien. Flavio und er versuchten, den zweiten Zugang zu finden, doch ohne Erfolg. Wie alle anderen glaubten sie, der alte Eingang sei bei dem Erdbeben verschüttet worden und in seiner Nähe wäre eine neue Öffnung entstanden, die Ludovico dann zufällig entdeckt hatte. Der aber kannte den zweiten Zugang schon vorher. Der Rumäne hatte ihn immer gezwungen, eine Augenbinde zu tragen. So konnte er nicht sehen, aus welcher Richtung sie an den Berg heranfuhren. Er war bereits damals durch den zweiten Zugang in die Schatzkammer geführt worden, aber das war ihm erst klar geworden, als er erneut die alte Peleaga-Fotografie in der Hand hielt. Auf der Rückseite war eine Skizze, aber er hatte sich nichts weiter dabei gedacht. Ludovico hatte alle seine Wege aufgezeichnet. Ganze Tourenbücher voll von Wegen und Schleichwegen, ordentlich geführt und mit genauen Angaben und Datum versehen, lagen in seinem Keller, aber warum, so fragte er sich plötzlich, hatte der Rumäne diesen einen Weg auf der Rückseite eines Fotos festgehalten? Die Aufstiegsroute zum Peleaga war das bei näherem Hinsehen nicht. Der Weg auf der Skizze war sanft ansteigend, ging ein Stück hinunter, um sogleich wieder nach oben zu führen und mitten im Berg zu enden.
    Ein Weg, der im Berg endet … konnte es sein, dass er endlich am Ziel seiner Bemühungen war? Im Geist schritt er noch einmal die Strecke ab, die er mit verbundenen Augen gegangen war. Alles passte. Jetzt wusste er, was er vor sich sah: den Weg zum größten Schatz aller Zeiten.
    Und alles gehörte ihm ganz allein. Flavio war tot, genauso dieser Fleischmann. Erst gestern waren sie ihm über den Weg gelaufen. Nach der ersten Überraschung hatte der völlig verstörte Mann von sich aus zu reden begonnen. Er flehte sie an, ihn nicht zu verraten, murmelte etwas von einem Geheimgang und einem Schatz, den er den rumänischen Behörden aushändigen wolle. Er versprach ihnen einen Anteil, und sie hatten Mühe, nicht laut herauszulachen. Fleischmann wollte alles tun, um sich die Freiheit zu erkaufen, denn er hatte die Journalistin erschlagen. In einem schwachen Moment hatte er Anna Lenz den Aufenthaltsort von Paula verraten. Ein schwerer Fehler, denn damit hatte er alle Trümpfe aus der Hand gegeben. Von da an war der Exklusivbericht, den sie nun würde schreiben können, alles, was sie noch interessierte. Er beschwor sie, bei ihm zu bleiben, aber es half nichts. Sie packte ihren Koffer. Außer sich vor Wut nahm er einen gusseisernen Aschenbecher und schlug auf sie ein. Einmal, zweimal, fünfmal, er wusste es nicht mehr genau. Als er wieder zur Besinnung kam, brachte er die Leiche in den Wald und ließ es wie einen Überfall aussehen. Die Polizei verhörte ihn am nächsten Morgen, hielt ihn aber nicht fest. Er verlor die Nerven und fuhr nach Pluton, in der vagen Hoffnung, seine Kollegin Paula könnte ihm helfen, heil aus der Sache herauszukommen. Er schlich in der Dunkelheit herum, entdeckte sie beim Schein einer Lampe sitzend. Er pirschte sich an das Haus heran und belauschte, was dort gesprochen wurde. Danach wusste er alles über Ludovico, die

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