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Sintflut (German Edition)

Sintflut (German Edition)

Titel: Sintflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Schulze
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dann ist es kein Problem. Und Paula, die schon als Kind allerlei Kunststücke fertig brachte, macht es trotz Behinderung besser als Leo und ich.
    Da, wo die Uhr lag, ist nichts zu sehen. Enttäuscht gehen wir ein Stück nach rechts. Dort gehen die Steine, die den Abhang begrenzen, in eine geschlossene Felsflanke über. Klettert man dort hinauf, kommt man etwa an der Stelle heraus, an der wir uns ausgeruht haben.
    »Angenommen«, frage ich, »ihr seid hier abgestürzt und schwer verletzt. Ihr wollt auf euren Weg zurück, aber nicht noch mal durch das Geröllfeld stolpern. Was macht ihr?«
    Alle blicken zur Felsflanke. »Von oben sah sie böse aus«, meint Akan, »aber von hier unten ist sie eine Alternative. Ich habe das vorhin gar nicht bemerkt.«
    Es ist tatsächlich kein Problem. Wir klettern an der Flanke entlang nach oben und sind schon fast wieder auf unserem Weg, als Akan, der vorausgeht, plötzlich stehen bleibt. Er lässt uns herankommen und wir sehen einen Spalt von vielleicht zwei Metern Höhe und gut einem halben Meter Breite, der sich zwischen zwei Felsplatten auftut. In dem dunklen Gestein sieht es von Weitem aus wie ein Schatten, aber wenn man direkt davor steht, erkennt man, wie es dahinter weitergeht.
    »Das ist es«, sagt Akan und schiebt sich durch den Spalt. Er kommt bald zurück und gibt Paula eine Taschenlampe. »Da drinnen geht es weiter und es sieht nicht schwer aus«, verkündet er. Ehut will nicht mitkommen. »Er glaubt«, erklärt uns Leo augenzwinkernd, »dass einer draußen bleiben sollte, falls es Schwierigkeiten gibt.«
    Ehut gibt mir sichtlich erleichtert den Rucksack, den er die ganze Zeit getragen hat. Leo hat seinen eigenen dabei und Akan trägt unseren zweiten mit dem Proviant. So habe ich den leichtesten, denn in meinem sind nur die Klettersachen. Wir verabschieden uns von Ehut und steigen einer nach dem anderen ein. Dann sind wir in einen Gang, hoch genug, um aufrecht darin zu gehen.
    »Ob den jemand angelegt hat?«, frage ich Leo, der hinter mir geht.
    »Kaum«, verneint er. »Das sieht ganz natürlich aus. Aber vielleicht hat auch hier und da jemand nachgeholfen. Was weiß ich. Überliefert ist jedenfalls nichts. Niemand hat je was von einem Geheimgang erzählt. Andererseits gibt es in den meisten Bergen Gänge und Höhlen. Wieso niemand drauf gekommen ist, dass es auch zur Schatzkammer einen extra Gang geben könnte, und wieso nur Ludovico ihn gefunden hat, verstehe ich beim besten Willen nicht. Wir waren einfach zu blöd! Alles wäre so einfach gewesen.« Sein Tonfall ist bitter, schweigend gehen wir weiter.
    Der Gang führt weiter abwärts, dann teilt er sich. Wir überlegen, ob wir zwei Gruppen bilden, entscheiden uns dagegen, nehmen die rechte Abzweigung. Nach wenigen Minuten endet der Gang vor einer Öffnung, die früher durch eine Tür verschlossen war. Jemand war vor uns da und hat das morsche Holz einfach eingetreten.
     
     
     
     

Zweiter Teil
     
     
     
    Rumänien, 2002
     
    Der älteste Schatz der Welt. Die Geschichte der Sintflut, nacherzählt in Keramik, Gold und Edelsteinen. Hier stand er nach über 20 Jahren und kostete seinen Triumph aus. Er hatte es geschafft. Er war der Erste, der den Schatz nach so langer Zeit wieder zu Gesicht bekam.
    Bevor er die Kammer betreten hatte, war seine größte Angst gewesen, der Schatz könnte weg sein. Ludovico hatte den goldenen Denker genommen, und niemand konnte wissen, ob er nicht auch den Rest entwendet und woanders versteckt hatte. Aber alles war an seinem Platz.
    Nun würde er seinen Schatz mitnehmen, so wie Schliemann das Gold des Priamos. Nach all den Jahren stand nur ihm der Ruhm zu, der sich aus der Entdeckung ableitete. Allerdings gab es ein Problem: Kein anständiger Archäologe räumt heutzutage einen Fundort einfach so ab. Wenn er also trotzdem als seriöser Entdecker gelten wollte, musste er sich etwas einfallen lassen. Er würde den Schatz verstecken, bis er eine Lösung gefunden hatte.
    Die Anderen würden glauben, Ludovico oder auch Flavio und Fleischmann hätten vor ihrem Tod den Schatz irgendwo vergraben. Auf ihn würde niemand kommen, er stand nur am Rande des Geschehens. Völlig unbehelligt würde er sich seine nächsten Schritte überlegen: wie er es anstellen konnte, den Schatz woanders neu zu entdecken und als edler Finder in die Geschichte einzugehen. Wie er die Frau, die er hintergangen hatte, dazu bringen konnte, ihm zu verzeihen. Wie er seine akademische Karriere neu definieren und seinen guten

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