Sintflut
einen Verräter genannt.«
»Oho, die Panna ist also nicht ohne Charakter! Wenn du erst ihr Mann bist, so lehre sie, daß es sich für eine Frau besser geziemt zu spinnen, als sich mit öffentlichen Angelegenheiten zu beschäftigen. Halt nur die Zügel gut stramm.«
»Durchlaucht, Sie kennen sie nicht; um ihren Geist kann sie ein jeder Mann beneiden. – Ich will Ihnen gewissenhaft bekennen, Durchlaucht, daß ich, obwohl dieses Mädchen zu sehen für mich ein großes Glück ist, es hundertmal vorzöge, gegen die Schweden zu ziehen, als vor ihr Angesicht zu treten. – Denn sie kennt meine reinen Beweggründe nicht und hält mich für einen Verräter.«
»Nun, so werde ich jemand anderes hinschicken, Charlamp oder sonst wen.«
»Nein, lieber fahre ich selbst. Charlamp ist ja auch verwundet.«
»Desto besser. So fahre also zuerst zu dem Miecznik und dann zu den Bannern. Scheue nicht, wenn es nottut, Blut zu vergießen. Wir müssen den Schweden zeigen, daß wir keine Rebellion dulden. Es ist zu Anfang eine schwere Sache, die wir durchkämpfen müssen; denn ich sehe schon, die Hälfte Litauens wird sich gegen uns erklären.«
»Das tut nichts, Durchlaucht; wer ein reines Gewissen hat, der braucht nichts zu fürchten.«
»Ich glaubte, daß wenigstens die Radziwills zu mir halten werden; aber lies nur, was mir der Fürst-Obermundschenk aus Rieswiez schreibt.«
Der Hetman übergab Kmicic den Brief Michail-Kasimirs.
»Wenn ich Ihre Absichten nicht kennte, so würde ich ihn für den tugendhaftesten Menschen der Welt halten! – Ich spreche, wie ich denke, Durchlaucht.«
»So fahre schon, fahre!« sagte der Hetman ungeduldig.
3. Kapitel.
Kmicic aber reiste weder denselben, noch den folgenden, noch den dritten Tag ab, denn von allen Seiten liefen drohende Nachrichten in Kiejdane ein. Boten kamen, die meldeten, daß die Banner Mirskis und Stankiewicz' von selbst auf die Residenz des Hetmans losmarschierten, bereit, mit den Waffen in der Hand die Herausgabe ihrer Obersten zu fordern. Ihre Offiziere hatten zu allen Bannern, die um Kiejdane standen, Abgesandte geschickt mit der Nachricht von dem schmählichen Verrat des Hetmans und mit dem Vorschlag einer allgemeinen Vereinigung gegen den Verräter des Vaterlandes. Es war leicht anzunehmen, daß sich den meuterischen Bannern eine große Zahl der Schlachta anschließen werde, wodurch eine solche Macht entstehen würde, vor der sich das unbefestigte Kiejdane nicht halten konnte. Auch war auf die Radziwill treu gebliebenen Regimenter nicht allzu großer Verlaß.
Trotzalledem verlor der Hetman nicht den Mut. Er beschloß, an der Spitze seiner Schotten, der Reiterei und der Artillerie gegen die Rebellen zu ziehen und die Emeute im Keime zu ersticken. Er wollte kein Blut sparen und durch ein Beispiel das Heer, die Schlachta und ganz Litauen in Schrecken versetzen, damit sich niemand mehr erdreiste, unter der eisernen Hand Radziwills aufrührerisch zu werden.
Täglich wurden Offiziere nach Preußen gesandt, um neue Soldaten anzuwerben. Kiejdane wimmelte von bewaffneten Leuten. Die Truppen bereiteten sich zum Ausmarsch vor. Radziwill beschloß deshalb die gefangenen Obersten ungesäumt nach Birze zu schicken, wo man sie sicherer in Gewahrsam halten konnte als in Kiejdane.
Eines Abends betrat ein Offizier, mit einer Laterne in der Hand, das Gefängnis der Obersten und sagte:
»Bereitet euch vor, mir zu folgen.«
»Wohin denn?« fragte unruhig Zagloba.
»Das werdet ihr schon nachher sehen. – Aber schnell, schneller.«
»Gehen wir!«
Im Flur empfingen sie mit Musketen bewaffnete schottische Soldaten. Zaglobas Unruhe wuchs mit jeder Minute.
»Sollte man uns wirklich ohne Geistlichen, ohne Beichte hinrichten lassen?« flüsterte er Wolodyjowski ins Ohr. Dann wandte er sich an den Offizier.
»Mit wem habe ich eigentlich die Ehre?«
»Was geht Sie das an?«
»Ich habe viele Verwandte in Litauen, und es wäre mir sehr interessant zu wissen, mit wem ich spreche.«
»Jetzt ist keine Zeit, Bekanntschaften zu machen! Doch ein Narr, wer sich seines Namens schämt. Ich bin Roch Kowalski, wenn Sie es gern wissen wollen.«
»Ein tapferes Geschlecht. Die Männer brave Krieger, die Frauen sanfte, gute Mütter. Meine Großmutter war auch eine Kowalska; sie starb leider schon vor meiner Geburt. Stammen Sie von den Wierusz – oder Korab Kowalskis?«
»Haben Sie die Absicht, mich noch lange auszufragen?«
»Wissen Sie, Sie scheinen mit mir verwandt zu sein; Sie haben denselben
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