Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe
dem Moment an, da er gut verschnürt an der Vorderwand der Hütte lehnte, verschwand nämlich der Gewehrlauf aus seinem Gesicht, und das war höchste Zeit, ehe sich noch ein Schuss löste. Sabbernden Hundemenschen gab man keine Feuerwaffe in die Pfote.
„Was hat dich, du deadbeat ?“, regte Cassel sich auf. „Etwa die falsche Flasche geküsst, was?“
Conny gab sich Mühe, eine Antwort zusammenzubekommen, aber es gelang ihm nicht. Jedes Wort wurde von einem Schwall Geifer begleitet. Phil wich angewidert zurück. „Das ist ja ekelhaft.“
Darren hätte ihnen ungefähr erklären können, was vorgefallen sein musste, aber erstens hatte Phil ihm eine Schlinge des Seils als Knebel durch den Mund geführt, sodass er kaum deutlicher sprechen konnte als der Cowboy, und zweitens wollte er nicht. Was hatte er davon? Was kümmerte ihn das Schicksal der Männer, die ihn eiskalt abserviert hatten? Viel mehr kümmerte ihn, was aus ihm selbst wurde. Falls Conny sich weiter in Richtung tollwütige Bestie veränderte, war er ihm in seinem gefesselten Zustand hilflos ausgeliefert. Würde es so weit kommen, dass der Cowboy zubiss?
Darren musste einen Plan fassen. Eine List, mit der er die Fesseln loswurde. Vielleicht konnte er den Männern weismachen, er kenne ein Gegenmittel und …
Conny brach zusammen und fiel auf alle Viere. Frog packte den Cowboy ohne Zögern an der Schulter und riss ihn hoch. Er zog seinen Kopf an den Haaren zurück und beobachtete sein Gesicht. Was genau er damit bezweckte, würde nie jemand erfahren. Eine Erschütterung lief durch Conny, und ehe der monumentale Russe ihn von sich stoßen konnte, hustete der Cowboy etwas in seine Richtung.
Es war ein dunkler Schwall Luft, der schwarze Finger eines Hurrikans, und er zuckte in Frogs Richtung, huschte über sein Gesicht, blieb an seinem Mund hängen und zwang die mächtigen Kiefer auseinander. Frog taumelte zurück, blieb mit dem Fuß an einem Stein hängen und setzte sich mit seiner ganzen Masse ungebremst auf den Hintern. Sein schmerzerfülltes Stöhnen wurde von dem Wirbelwind in seine Kehle zurück gespült und erreichte die Oberfläche nicht. Frog fiel nach hinten, schlug mit dem Hinterkopf auf den festgetretenen Erdboden und verdrehte die Augen. Seine blassen Lippen schienen nach Luft zu suchen und irgendwann einfach zu erstarren.
„Er ist tot“, behauptete Cassel, aber Phil, der mehr Erfahrung mit Sterbenden hatte, schüttelte den Kopf.
Frog drehte sich zur Seite und hievte seinen Körper dann in die Höhe. Stand auf Händen und Knien, keuchend, ein überfütterter Vierbeiner.
„Was war das?“, fragte Phil. „Diese dunkle … Schlange, meine ich? Ist sie wirklich auf Connys Mund gekommen? Ich … verstehe das … nicht …“
Frog sah zu ihm auf. Die beiden Männer behielten sich ein, zwei Minuten stumm im Auge. Während dieser kurzen Zeit schien Frogs Blick sich zu verändern. Als er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, tropfte Speichel heraus.
„Sie sind wie Tiere geworden“, stellte Phil fest. „Wir müssen sie in die Hütte sperren.“
Cassel hob die Schultern. „Oder zum Teufel jagen!“
Phil nickte. „Du hast recht. Los! Weg mit euch! Schert euch fort! Husch!“ Er streckte das Bein aus und tippte Frog mit der Schuhspitze an, dann ging er näher ran und versetzte ihm einen Tritt in die Seite, nur leicht, hauptsächlich um zu sehen, ob er überhaupt eine Reaktion darauf zeigte. Frog und Conny reagierten gleichzeitig auf den harmlosen Angriff. Was sie taten, war weniger harmlos, aber wahrscheinlich taten sie es gar nicht – etwas tat es mit ihnen.
Es kam aus ihrem Inneren und öffnete ihnen mit alles bezwingender Kraft die Kiefer, dass ihre Gesichter sich vor Schmerz verzerrten. Gewiss schrien sie, aber ihre Schreie wurden von den Stürmen in ihrem Inneren verschluckt. Dann wuchsen zwei dieser dunklen Staubwirbel aus ihren beiden Mündern, lautlos und absolut simultan, wie von einer äußeren Macht gesteuert. Einer dieser Wirbel reckte sich nach Cassel, der andere nach Phil.
Es wäre der Moment für einen Gentleman gewesen, sich abzuwenden. Darren verfolgte das Geschehen mit offenen Augen und sah dennoch nichts, was er nicht eben schon gesehen hatte. Die beiden Männer waren machtlos gegen die Attacke. Sie fielen, rollten über den Boden, kämpften gegen den Erstickungstod und gewannen ihn vollkommen entkräftet, nur um in ein vermutlich schlimmeres Schicksal hineingeboren zu werden. Langsam veränderten sich ihre Augen,
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