Sir Darrens Begräbnis - Magie - Engel, Gift, Diebe
Panthermann. „Leise.“
Ihre Gruppe war schon beinahe unter dem Felsen hindurch, als Melana zu kreischen begann. Es klang wie das Brüllen eines hungrigen Säuglings, und trotz ihrer geringen Größe schaffte es die Blutelfe, einen Ton zu erzeugen, der allen Anwesenden durch Mark und Bein ging. Ohne Zweifel war er weithin zu hören.
„Lass sie frei“, zischte Felinep. „Soll sie sich etwas zu essen suchen. Sie bringt uns mit ihrem Geschrei in Lebensgefahr.“ Er blieb stehen, hob den Kopf und sah unruhig zu dem Felsen zurück. Jaque lenkte ihren Blick an dieselbe Stelle, konnte jedoch nichts erkennen als einen grob kugelförmigen steinernen Überhang.
„Sie wird keine Nahrung finden außer uns“, hielt Jaque dagegen.
„Dann soll sie unser Blut saugen“, knurrte der Panthermann. „Es wird uns nicht umbringen.“
Sunray, das Schlangenmädchen, zögerte. Sie hielt den Käfig an einer kleinen Kette, während die rote Blutelfe versuchte, ihren Kopf durch die Stäbe zu quetschen. Sie hatte die Zähne gebleckt, und ihr weißes Gebiss mit den überlangen nadelfeinen Augzähnen war deutlich zu sehen.
„Warum muss sie ausgerechnet jetzt Hunger bekommen?“, regte sich Jaque auf.
„Sie ist die ganze Zeit über schon hungrig“, meinte Sunray. „Es ist unsere Schuld. Wir hätten ihr etwas zu essen besorgen sollen.“
Die bestürzten Mienen der anderen schienen die Elfe anzustacheln. Sie stemmte die fingerlangen Beinchen gegen die Ecken des Käfigs, hielt sich an den Stäben fest und brüllte aus vollem Halse ihren durchdringenden Schrei.
Felinep machte einen Satz auf das Schlangenmädchen zu und warf es zu Boden. Der Käfig fiel Sunray aus der Hand, der Panthermann fing ihn mit den Vorderpfoten auf und versuchte den kleinen Verschluss zu öffnen. Es gelang ihm nicht, und er fauchte erregt.
„Lass mich das machen“, sagte Jaque, schob seinen halb menschlichen Kopf vorsichtig zur Seite und löste die winzigen Haken, die den Käfig verschlossen. Als sie entfernt waren, fiel der Boden herab. Zunächst purzelte die Elfe hilflos heraus, da sie im Käfig ihre Schmetterlingsflügel nicht hatte entfalten können. Doch im nächsten Moment erhob sie sich mit flirrenden Flügeln vom Boden. Sunray rappelte sich auf und suchte Schutz hinter Arthuris.
Während Melana vom einen zum anderen flog, um sich einen leckeren Happen auszusuchen, kam Bewegung in den Felsen, unter dem sie eben hindurchgegangen waren. Jaque sah, dass sie sich getäuscht hatte. Nur der untere Teil dessen, was sie für einen Felsen gehalten hatte, bestand wirklich aus festem, totem Stein. Die obere Hälfte (nein, mehr als die Hälfte) setzte sich aus kleinen grauen Körpern zusammen, die sich ineinander gekrallt hatten und sich nun vor ihren Augen zerstreuten. Es mochten Hunderte sein. Sie konnten nicht fliegen, aber sie krabbelten die Bergwand in schwindelerregender Geschwindigkeit herab, fächerten sich auf und kamen auf die Gruppe zu wie eine graue Flut.
„Weg hier!“, schrie Arthuris. „Hinter mich!“ Er hob sein Schwert gegen die Feinde, doch als er sich eben in Position gebracht hatte, klatschte die Blutelfe gegen seinen ungeschützten Nacken. Melana krallte sich in seine Haut und grub ihre Zähne in sein Fleisch. Arthuris ließ das Schwert sinken, um sich die lästige Parasitin vom Leib zu pflücken. Doch so einfach ging das nicht. Die zerbrechlich wirkenden Schmetterlingsflügel einer Blutelfe endeten in rasierklingenscharfen Kanten. Melana bewegte diese Flügel blitzschnell gegeneinander, und schon spritzte das Blut aus der Handfläche des Ritters. Das Geschöpf löste die Lippen vom Nacken des Mannes und fing einige Blutstropfen mit dem Mund auf. Ihr Gesicht und ihr nackter Körper waren von blutigen Schlieren bedeckt, die harmlos und unschuldig wie Schweiß auf ihrer roten Haut glitzerten.
Jaque erkannte ihren Fehler. Es war unklug gewesen, die Blutelfe zu befreien. Die Bestien, die sie nun attackierten, waren bereits aufgeschreckt gewesen, und Melana behinderte die Gruppe noch bei ihrer Gegenwehr.
Aber war überhaupt eine Gegenwehr möglich?
Handgroße, eidechsenartige Tiere, grau und hässlich, wogen über den Fels herab. Sie bildeten Flanken, schickten sich an, ihre Beute zu umschließen. Jaque hatte von diesen Geschöpfen gehört. Man bekam sie selten zu Gesicht, denn wenn sie gefressen hatten, konnten sie monatelang ruhen, unbeweglich, von Steinen kaum zu unterscheiden. Doch wenn sie hungrig waren …
Felinep tanzte
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