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Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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lebte. Als sie die Polizeisirenen hörte, ließ sie ihn am Strand liegen und rannte durch die schwarze Nacht nach Hause. Sie huschte lautlos in ihr Zimmer und draußen konnte sie noch Guernseys aufgeregtes Bellen hören. Sie schälte sich aus ihren nassen Klamotten und stopfte sie sofort in die Waschmaschine, damit ihr Vater nichts mitbekam.
    Nichts hätte sich Zoe sehnlicher gewünscht, als Will davon zu erzählen, doch sie wusste einfach nicht, wie. Da war diese Angst, er könnte ihr die Schuld an Tims Tod geben. Und vielleicht war es ja sogar meine Schuld, dachte Zoe. Das war das Schlimmste an der ganzen Sache – keine Gewissheit zu haben.
    »Zoe!«, brüllte Angel. Zoe sprang erschrocken auf. Sie sah sich um und blickte in sein aufgebrachtes Gesicht.
    »Die Bestellung ist fertig!«
    Mit zittriger Hand nahm Zoe die drei belgischen Waffeln entgegen und brachte sie an Tisch vierzehn.
    Als sie zurück zum Tresen kam, sah sie, dass Asia ihr noch einen Eiskaffee eingefüllt hatte. »Danke«, sagte sie.
    »Bin wieder da!«, rief Lisette, die soeben zur Hintertür hereingerannt kam. »Hier sind deine Kaugummis, du Trottel.« Sie steckte die Packung in die Gesäßtasche von Angels furchtbar hässlicher, schwarzweiß gefleckter Hose. Dann legte sie ihre Geldbörse unter dem Tresen ab und zog ihre Schürze hervor. »Hab ich irgendwas verpasst?«, fragte sie und band sich die Schürze um.
    Höchstens, wie ich Asia mein Herz ausgeschüttet habe, dachte Zoe.
    »Wir haben uns nur ein wenig unterhalten«, meinte Asia schließlich.
    »Tja, genug geplaudert, Schätzchen«, sagte Lisette an Asia gewandt. »Die drei Ladys da drüben gehören zu deinem Bereich.«
    »Dann zurück an die Arbeit«, sagte Asia und stand auf. Sie warf Zoe einen freundlichen Blick zu und klopfte ihr sanft auf die Schulter.
    Zoe sah Asia nach, als sie zu den Kundinnen hinüberschwebte. Die Damen strahlten sie an, als sei sie ihre beste Freundin.
    Ab und zu erzählen mir die Leute ein wenig von sich, hatte Asia gesagt.
    Leute, dachte Zoe. Ich zum Beispiel.
     
    »Gran!«, rief Angus, als sie durch die Hintertür direkt in die Küche gepoltert kamen. »Gran!«
    Ein weißer Nymphensittich begrüßte sie mit lautem Gekreische von seinem Käfig neben dem Kühlschrank aus. Im Haus roch es muffig, doch die Küche war aufgeräumt und sauber. Angus’ Großmutter kochte nicht sehr häufig.
    »Jetzt hör doch in Gottes Namen auf, hier so herumzubrüllen.« Mit einer Zigarette in der einen und einem Aschenbecher in der anderen Hand kam Angus’ Großmutter aus dem Wohnzimmer geschlurft. »Und hör auf, mich immer Gran zu nennen. Ich heiße Roberta.«
    Sie ließ sich steif auf einem mit Kissen bestückten Metallklappstuhl nieder und musterte Will argwöhnisch. »Und wer ist das?«
    »Das ist doch Will, Gran. Du hast ihn schon zigmal getroffen.« Angus hing mit seinem halben Arm in einer riesigen Keksdose, die die Form einer Erdbeere hatte.
    »Guten Tag, Mrs McFarlan.«
    Angus’ Großmutter zog einmal kräftig an ihrer Zigarette. Dann strich sie sich bedächtig mit einem ihrer langen, lackierten Fingernägel durch das gebleichte Haar. »Du bist doch der Archer-Junge«, stellte sie mit einem Blick auf seine Narbe fest.
    »Gran, das hier nennst du Kekse?«, empörte sich Angus, den Mund voller Kekskrümel. »Die sind ja steinhart!«
    »Die solltest du auch besser nicht essen, sie sind schon uralt. Wahrscheinlich stirbst du dran.«
    Angus schluckte. Er hatte bereits drei davon hinuntergeschlungen.
    »Ach, so schlimm sind sie nun auch wieder nicht. Auch einen?«, fragte er an Will gewandt.
    »Nein, danke.«
    »Also, was verschafft mir die Ehre?«, wollte Angus’ Großmutter wissen und blickte ihren Enkel mit zusammengekniffenen Augen an, während der Nymphensittich auf sein eigenes Spiegelbild einhackte. »Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du nur wegen der Kekse gekommen bist.«
    »Ich wollte fragen, ob du dich noch daran erinnerst, was Opa uns immer von früher erzählt hat – das mit den Seekriegern.«
    »Ach, diese alten Geschichten.« Mrs McFarlan drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus und die Funken stoben auseinander wie verglühende Sterne. »Ich sage euch, die Fischer aus Shelter Bay sind die abergläubischsten Männer, die mir je untergekommen sind.«
    Angus sah Will an und hob vielsagend eine Augenbraue. Hab ich’s dir nicht gesagt?
    »Also, wer oder was waren sie eigentlich?«, fragte Will. »Angus sprach von Meerjungfrauen.«
    Mrs McFarlan

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