Sirup: Roman (German Edition)
gut…?«
»Inzwischen hab ich begriffen, daß ich dich so nehmen muß, wie du bist«, entgegnet sie. Sie sagt das so bestimmt, daß es fast ein bißchen eingeübt klingt. »Wenn du nicht manchmal irgendeinen Unsinn anstellen würdest, dann wärst du nicht Scat.«
Ich starre sie an. »Und wenn 6 nicht knallhart wär, dann wär sie nicht 6.«
Cindys Lächeln ist wie weggewischt. »Scat, das kann man doch nicht vergleichen.«
»Und wieso nicht?«
Cindy sieht mich einen Augenblick fragend an. Dann fängt sie an zu lachen. »Weißt du, wie mir das alles vorkommt? Wie ein Film, in dem der Held einem weiblichen Phantom hinterherrennt. Dabei ist das Mädchen, zu dem er wirklich gehört, die ganze Zeit in seiner Nähe – verhält sich wie eine echte Freundin und ist immer da, wenn er sie braucht. Nur, daß er das erst ganz am Ende kapiert. Und dann kommen sie endlich doch noch zusammen.«
»Ich versteh nicht ganz, daß ausgerechnet du hier die übliche Film logik ins Spiel bringst«, sage ich.
»Scat«, sagt Cindy genervt. »Schau dir doch nur an, was aus dir geworden ist, seit du hier weg bist. In genau zwei Tagen werden sie dich bei Coke feuern. Das Mädchen, mit dem du zusammenlebst, hat dich verraten.« Sie schaut mir tief in die Augen. »Nicht gerade ein gesunder Lebensstil.«
»Hmf«, sag ich.
»Du kannst wieder bei mir einziehen«, säuselt sie zärtlich. »Am besten, du vergißt 6 und Coke. Und dann ist es wieder wie früher.« Ihre Augen durchforschen mich. »Außerdem könnte meine Karriere deine Hilfe gut gebrauchen. Und… ich auch.«
Merkwürdigerweise gerate ich echt in Versuchung. Klingt verdammt verlockend. Warum soll ich nicht einfach einen Schlußstrich ziehen? Interessanter Gedanke. Klar – Coke würde mir ein Verfahren an den Hals hängen. Aber wenn sie es nicht gerade auf meine Unterwäsche als Schadensersatz abgesehen haben, können sie es auch gleich lassen. Ja, klingt wirklich ziemlich realistisch. Warum soll ich das alles nicht einfach hinter mir lassen: Sneaky Pete und 6 und Jamieson und irgendwelche obskuren Sitzungen in Stripteasebars – und mich wieder um Cindys Modelkarriere kümmern? Ja, ich bin sicher, ich würde sogar Erfolg haben.
Klar, die Werbung und alles, was damit zu tun hat, könnte ich dann ein für allemal vergessen. Und mit Filmstars würde ich keinen Umgang mehr haben. Und berühmt würde ich sicher auch nicht werden.
»Nein«, sage ich.
abfuhr
»Oh«, sagt Cindy. »Oh, verstehe. Alles wie gehabt. Du bist noch ganz der alte.« Sie entzieht mir ihren Arm und steht auf.
»Cindy«, sage ich. »Ich kann einfach nicht. Das paßt nicht zu mir.«
»Klar«, sagt sie jetzt schon etwas lauter. »Paßt nicht zu dir. Natürlich. Ich will dir bei deiner idiotischen Selbstfindung oder wie du den Schwachsinn nennst nicht länger im Weg stehen.«
Ich sehe sie an. »Noch vor fünf Minuten wolltest du mich akzeptieren, wie ich bin. Was ist jetzt damit?«
»Ach, hör doch auf«, sagt Cindy.
»Cindy…«, fange ich gerade an, als es läutet. Wir starren beide Richtung Tür.
»Oh, toll«, sagt Cindy.
»Soll… ich hingehen?«
»Wieso nicht?« sagt sie und gerät erst recht in Rage. »Wir wissen ja ohnehin beide, wer es ist.«
»Bist du sicher?« sage ich und beiß mir in die Unterlippe.
»Klar«, sagt Cindy und schlenkert bedrohlich mit den Armen. »Warum läßt du sie nicht einfach raufkommen. Ich kann ja solange in der Küche warten, bis ihr zwei…«
»Ich geh nach unten«, sage ich schnell.
»Du mieser Scheißer !« kreischt Cindy.
Ich sprenge fast die Tür aus dem Rahmen und knall sie hinter mir zu. Auf der anderen Seite des Treppenhauses seh ich in einem Türspalt den Mann, der schon vor zwei Wochen Zeuge geworden ist, als Cindy mich rausgeschmissen hat. »Hallo«, sage ich. Er steht nur reglos da. Ich renne die Treppe hinunter. Unten vor der Tür im Regen steht 6.
versöhnung
Es gießt jetzt in Strömen, und 6, die in ihrem roten Pyjama auf der Straße steht, ist klatschnaß. Sie sieht mich durch die Glastür an. Aus ihrem wirren Haar fallen dicke Regentropfen, und sie ist total hinreißend. Sie ist ungeschminkt, ihr Haar das reinste Chaos, und richtig angezogen ist sie auch nicht, doch sie ist umwerfend schön.
Ich mache die Tür auf. Sie rührt sich nicht von der Stelle. Sie steht nur im prasselnden Regen da und sieht mich an.
»Komm doch rein«, sage ich. »Steh nicht draußen im Regen rum.«
Sie schüttelt den Kopf und beißt sich auf die
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