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Sirup: Roman (German Edition)

Sirup: Roman (German Edition)

Titel: Sirup: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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in Frieden tun dürfte.«
    Cindy hockt sich neben mich und läßt nicht locker. »Würde dir vielleicht der Besuch einer ganz speziellen jungen Dame wieder auf die Beine helfen?«
    »Komm, machen wir Sex«, sage ich plötzlich. Ich strecke flehend die Arme nach ihr aus.
    »Scat«, sagt sie und wird jetzt wirklich böse. Blitzartig wird mir klar, wie tief ich bereits gesunken bin. Noch vor drei Monaten hab ich mir sonstwas darauf eingebildet, daß ich meine Freundschaft mit Cindy nie ausgenutzt habe. Jetzt läßt sie mich einfach abblitzen.
    »Scat«, sagt Cindy. »Wir haben keine Zeit. Sie muß jeden Augenblick hier sein.«
    »Wer?«
    »Die junge Dame , von der ich gesprochen habe.« Cindy steht auf, stützt die Hände in die Hüften und sieht mich an. »Wird allmählich Zeit, daß du wieder auf die Beine kommst.«
    »Und wer ist diese junge Dame, Cindy?«
    »Schließlich ist es gar nicht so einfach«, sagt sie und geht Richtung Küche, »ständig auf dich aufzupassen, weißt du.« Sie gießt sich irgendwas in ein Glas, kippt es runter und schenkt sich gleich nach. »Offen gestanden, manchmal finde ich’s richtig langweilig.«
    »Cindy«, sage ich geduldig, »du hast die Wahrheit gesprochen und nichts als die Wahrheit. Ich bin dir dafür sehr verbunden. Recht hast du, ich bin wirklich ein Langweiler. Trotzdem muß ich noch mal kurz das Thema wechseln, denn wenn ich Besuch bekomme, muß ich doch wenigstens ein paar Klamotten am Leibe tragen.«
    »Oh, natürlich!« keift sie total entnervt. »Mach du nur, wonach dir gerade zumute ist! Meine Bedürfnisse sind dir natürlich völlig egal!«
    Es läutet an der Tür. Ich sitze einen Augenblick etwas ratlos da und befummle meine Calvins, doch als Cindy dann sagt: »Ja, 6, kommen Sie doch herauf«, hechte ich ins Schlafzimmer.
    6 gibt sich die ehre

    Sie ist noch immer umwerfend. Daran gibt es nichts zu deuteln.
    Ich meine, haben wir nicht alle unsere kleinen Fantasien? Aber meistens sind sie nicht von Dauer. Du siehst das Objekt der Begierde ein Jahr später und denkst: Mein Gott, darauf bin ich mal abgefahren? Alles in allem ziemlich kurzlebig, unsere Fantasien – jedenfalls ist das meine Überzeugung. Eine vorübergehende Wahrnehmungstrübung.
    Doch 6 steht da in ihrem blendendweißen Minirock und ihrem eleganten schwarzen Blazer und mit diesem wundervollen schwarzen Haar, und sie ist einfach hinreißend .
    »Scat«, sagt sie. Nur zur Erinnerung: dunkle Augen, unvorstellbar sinnliche Lippen.
    Meine Hose, mein Hemd und mein Jackett passen sowenig zusammen, daß ich hoffe, daß 6 meinen Aufzug aus irgendeinem unerfindlichen Grund für cool hält. Ich hab nicht mal Zeit gehabt, Schuhe anzuziehen, doch am rechten Fuß trage ich immerhin eine Socke, und die andere halte ich in der linken Hand.
    »6, ich bin… total überwältigt, Sie wiederzusehen.«
    Sie ignoriert meinen Ausbruch und findet ein paar lobende Worte für die Wohnung. »Können wir vielleicht irgendwo hingehen?«
    »Nehmen Sie mich mit sich fort«, sage ich, als ob das nicht bereits geschehen wäre.
    kaffeehausoffenbarungen

    »Also gut«, sagt sie und mustert mich von oben bis unten. Ich unterdrücke ein mittelschweres Schaudern. »Und wie ist es Ihnen in der Zwischenzeit ergangen?«
    Im ersten Augenblick weiß ich nicht recht, ob ich lügen oder die Wahrheit sagen soll, doch dann reiße ich mich zusammen. Noch vor drei Monaten hätte ich nicht eine Sekunde gezögert. »Oh, fantastisch. Die Sache mit Fukk war natürlich ein harter Schlag, klar, aber inzwischen habe ich das unter dem Stichwort Lernerfahrung abgelegt.« Ich zucke mit den Achseln. »Natürlich bin ich noch an etlichen weiteren Projekten dran, Fukk war schließlich nicht das einzige.«
    »Gut.« 6 wirkt erleichtert und nippt an ihrem Caffé latte. Vielleicht hat sie befürchtet, ich würde ihr die Wahrheit sagen.
    »Und Sie?« erkühne ich mich.
    »Na ja«, sagt sie vorsichtig, »Fukk ist ’n verdammter Haufen Arbeit – neunzig Stunden die Woche.« Sie wirft mir einen fragenden Blick zu, aber ich habe das Gefühl, mir nichts anmerken zu lassen. »Wahnsinnige Schinderei, dieses Produkt bis zum Sommer marktreif zu machen.«
    Sie braucht es mir gar nicht ins Gesicht zu sagen. Ich schätze mal, man hat ihr inzwischen den stolzen Titel einer Entwicklungs- und Produktmanagerin verpaßt, ihr Gehalt auf 200000 Dollar angehoben und sie höflich ersucht, sich auf Kosten der Firma doch bitte schön ein hübsches Auto auszusuchen.
    Ich ermanne mich zu der

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