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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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denn wenn die Arbeit deiner Sporen getan ist und ich die Armee der wilden Stämme, die noch im Norden schläft, erweckt und über den Rest der Welt gebracht habe, wird es keine Fragen mehr geben, nur noch Frieden.«
    Seine Umgebung verschwamm vor Friedrichs Augen. Die Höhle verschwand, wurde zu einer verfallenen Ruine, an deren Wänden Schimmel wuchs. Stroh lag am Boden, alles war voller Kot. Roderick und Gunther waren nicht mehr zu sehen; plötzlich war er sicher, dass es sie nie gegeben hatte. Nur sein Labor blieb unverändert – und die Maschine darin.
    Ich werde sie zerstören . Es war der erste klare Gedanke, zu dem er fähig schien. Friedrich wusste, dass er betört worden war, achtzehn lange Jahre, doch er drängte das Entsetzen darüber zurück.
    Zitternd setzte er einen Fuß vor den anderen, streckte die Hand nach dem Hammer auf einem der Labortische aus.
    »Ihr werdet glücklich sein«, sagte Seine Eminenz. Es klang nicht ironisch. »Kein Nachdenken mehr, keine Wünsche, kein Hass, nur noch essen, schlafen, vermehren und die stumme Verehrung für eure Herren. Sag mir, ist das nicht ein besseres Schicksal als das, was euer Schöpfer euch beschieden hat?«
    Friedrich spürte, wie Seine Eminenz seine Zunge freigab, aber er machte sich nicht die Mühe, zu antworten. Er war nicht sicher, ob sein Gehirn dazu noch in der Lage war. Seine Gedanken wurden bereits wirr, das Zittern in seinen Beinen schlimmer. Nicht mehr lange und sein zerfressenes, geschundenes Gehirn würde versagen.
    Der Hammer war so schwer, dass Friedrich ihn kaum heben konnte. Er brauchte beide Hände, um ihn überhaupt zu bewegen, mit ihm auszuholen und …
    »Dreh dich um.« Die Stimme Seiner Eminenz klang nicht mehr weich, sondern knirschend und kratzend wie Nägel, die man über Holz zog.
    Er drehte sich um. Das Gesicht Seiner Eminenz verschwamm durch seine Tränen der Enttäuschung, aber er glaubte zu sehen, wie es sich verzerrte und zerfloss, zu etwas wurde, mit dem sein Gehirn nicht umgehen konnte.
    »Lass den Hammer fallen.«
    Er befolgte den Befehl, ohne es zu wollen.
    Seine Eminenz wandte sich von ihm ab. »Lauf«, sagte die fremde Stimme. »Lauf, bis du stirbst.«
    Und Friedrich lief.

 
    KAPITEL DREIUNDDREISSIG
    Vampire kontrollieren den Buchdruck und die Zeitungen und durch sie die öffentliche Meinung. Über Jahrhunderte haben sie auf diese Weise unsere Sicht der Welt geprägt und uns Schritt für Schritt von der Wahrheit entfernt. Dank unserer Besessenheit für das geschriebene Wort fiel ihnen das leicht, denn wir schätzen das, was wir lesen, stets höher als das, was wir nur hören. Die Kinder Echnatons haben diesen Umstand bisher vernachlässigt, ein Problem, das dieses Buch zu lösen versucht.
    – Die geheime Geschichte der Welt von MJB
    Er starb in Sissis Armen.
    Sie ließ ihn behutsam zu Boden sinken, während die Passanten, die eben noch vor ihm geflohen waren, zurückkehrten und einen Kreis um die Leiche bildeten.
    »Lass uns gehen, bevor jemand die Gendarmen ruft«, sagte Franz-Josef leise.
    Sissi nickte und stand auf. Ein Mann fragte sie, ob sie den Toten gekannt hätten, aber sie schüttelte nur den Kopf, bahnte sich einen Weg durch die Neugierigen und ging an Franz-Josefs Seite zurück zur Herberge.
    »Ihre Augen machen uns zu Vieh«, zitierte sie, als er die Eingangstür hinter ihnen schloss. »Er meinte die Augen der Vampire, oder?«
    »Ich weiß es nicht, wahrscheinlich schon.«
    Franz-Josef wirkte unruhig. Er lief vor den verhängten Fenstern auf und ab wie eines jener Raubtiere, die man im Tierpark der Hofburg hielt.
    »Du hast noch nicht getrunken«, sagte Sissi. Sie sprach es nur ungern an. Die Jagd, wie Franz-Josef seine nächtliche Suche nach Blut nannte, war eines der wenigen Themen, über das sie nie sprechen konnten, ohne sich zu streiten.
    »Ich werde später gehen«, sagte er. »Es ist noch genug Zeit.«
    Anfangs hatte Sissi geglaubt, es wäre Scham, die ihn davon abhielt, in ihrer Gegenwart zu jagen, aber mittlerweile hatte sie erkannt, dass er das aus reiner Höflichkeit tat. Er sah sich selbst als Raubtier, warum also sollte er sich schämen? Sie verstand es, aber es gefiel ihr nicht. »Wenn es hilft, könntest du von mir …«
    Er ließ sie nicht ausreden. »Niemals.« In seinem Blick lag Unverständnis, als sei es ihm unbegreiflich, wie sie so etwas vorschlagen konnte. »Niemals«, wiederholte er. Dann räusperte er sich und wechselte abrupt das Thema. »Er war betört«, sagte er. »Bis kurz vor

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