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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Hoheit duzte.
    Um ihn herum ging die Unterhaltung weiter, aber er schenkte ihr keine Beachtung mehr, bedankte sich nur kurz und ging weiter.
    »Hunderte?«, fragte Sissi. Sie hatte anscheinend genug verstanden, um das Problem zu erkennen.
    »Und Tausende von Schaulustigen«, sagte Franz-Josef. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, aber sicherlich kein Volksfest.
    »Wie sollen wir da etwas finden, von dem wir noch nicht einmal wissen, was es ist?« Sissi blieb stehen.
    »Wir müssen es versuchen.«
    Seine Stimmung trübte sich, als er und Sissi den Rückweg antraten. Er hatte sich alles so einfach vorgestellt: Mit Sissi nach Versailles fahren, herausfinden, was Seine Eminenz plante, alles Sophie verraten und wieder in Ehren am Hof aufgenommen werden. Doch nun musste er sich der Frage stellen, was geschehen würde, wenn er scheiterte.
    Wäre das wirklich so schlimm?, fragte er sich. Er vermisste niemanden, am allerwenigsten Sophie. Zum ersten Mal seit seiner Ankunft in der Hofburg vor so vielen Jahren schwebte ihr Schatten nicht über ihm. Er fühlte sich freier als je zuvor.
    Könntest du dir ein ganz anderes Leben vorstellen als das, was du bisher geführt hast?, wollte er Sissi fragen, doch im gleichen Moment sah er den Mann.
    Er taumelte zwischen den Bäumen am Wegesrand hervor. Auf den ersten Blick hielt Franz-Josef ihn für einen wilden Vampir, doch dann roch er den Gestank, der an ihm haftete, und sah, wie alt der Mann war.
    Passanten wichen vor ihm zurück, als er ihnen entgegenwankte, die dürren Arme ausgestreckt, den Mund weit aufgerissen. Er war fast kahl, die wenigen Haare, die ihm geblieben waren, standen wirr vom Kopf ab. Sein verfilzter grauer Bart bedeckte fast den gesamten Oberkörper. Er trug Lumpen und ging barfuß.
    »Ihre Augen!«, schrie er. Franz-Josef bemerkte überrascht, dass er Deutsch sprach. »Ihre Augen machen uns zu Vieh!« Er sank auf die Knie, begann zu schluchzen. Franz-Josef konnte ihn kaum noch verstehen. »Wenn sie fliegen«, hörte er ihn zwischen keuchenden Atemzügen hervorstoßen, »wenn sie … Lasst sie nicht fliegen … oh Gott, lasst sie nicht fliegen!«
    Franz-Josef sah Sissi an. Es war, als spräche der Mann zu ihnen.

 
    KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG
    Der Bau der Pyramiden war nur durch den Größenwahn vampirischer Herrscher und das Leid menschlicher Sklaven möglich. Das Gleiche kann man über fast jede übermenschlich erscheinende Leistung sagen, da sie im Zweifelsfall denen abgerungen wurde, die durch Betörung weder freien Willen noch Lebenswillen besaßen.
    Bedeutet dies, dass die Kinder Echnatons die Pyramiden abreißen würden, wenn sie es könnten?
    Ja.
    – Die geheime Geschichte der Welt von MJB
    Zwei Stunden zuvor
    Die Augen der Vampire schienen Friedrich zu folgen, als er durch das Labor zu seinem Projekt ging, dem Weltenveränderer, wie Gunther und Roderick es immer noch nannten, obwohl er ihnen erklärt hatte, wie arrogant das klang.
    In Gläsern auf den Labortischen trieben die Augen von mehr als fünfzig Vampiren wie Soleier. Jedes einzelne hatte Friedrich berührt, sie waren zu so etwas wie seinem Schatz geworden.
    Ohne euch, dachte er beinah liebevoll, wäre das Experiment niemals geglückt.
    Seine beiden Assistenten standen rechts und links neben der Maschine. Sie trugen dunkle Anzüge und polierte Schuhe. Friedrich warf einen kurzen Blick an sich hinab. Sein Anzug saß, die Schuhe glänzten. Es hätte Seine Eminenz sicherlich nicht erfreut, wenn der Leiter seines großen Projekts weniger elegant erschienen wäre als die Helfer.
    Gunther und Roderick schlugen die Hacken zusammen, Friedrich nickte knapp und stellte sich vor sie, mit dem Rücken zur Maschine. Gerade mal drei Meter lang war sie nach den Umbauten noch. Er fragte sich, wie er je auf die Idee gekommen war, sie größer zu machen. Hatte er das überhaupt? Einen Moment lang kamen ihm Zweifel. Nervös drehte er an seinem Manschettenknopf. »Ist Seine Eminenz unterwegs?«
    Gunther nickte. »Ja, Professor.«
    Seit der letzten Sporenentnahme hatte er ein blaues und ein braunes Auge, was ihm ein unerfreulich verschlagenes Aussehen gab.
    »Gut.«
    Er hörte, wie die Tür zum Labor geöffnet wurde und sah zur Treppe. Seine Eminenz hatte sich ebenfalls dem Anlass entsprechend gekleidet. Sein dunkler Anzug erinnerte entfernt an eine Uniform mit angedeuteten Ordensleisten und Schulterklappen, während seine spitzen Schuhe höfischer erschienen, ohne aufdringlich zu sein. Er wirkte beinah hoheitlich in

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