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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Die Vampirin schüttelte sich. Einen Moment lang ließen ihre Attacken nach. Franz-Josef stemmte die Knie gegen ihre Hüften, wollte sie von sich stoßen, aber sie krallte sich mit einer Hand in seine Brust.
    Wieso nur mit einer Hand?
    Er drehte den Kopf. Seine Augen weiteten sich, als er den abgebrochenen Ast in ihrer freien Hand sah. Sie holte aus und … explodierte!
    Asche und Schleim klatschten Franz-Josef ins Gesicht. Der Druck verschwand von seinem Körper. Er fuhr sich mit dem Ärmel über die Augen und blinzelte. Sissi stand über ihm. In einer Hand hielt sie ihren hölzernen Kamm. Die Zacken waren abgebrochen, Schleim tropfte von dem langen, spitzen Griff.
    »Bist du verletzt?«, fragte sie.
    »Nein.« Er war zerschlagen und zerkratzt, aber in der Dunkelheit konnte sie sein schwarzes Blut nicht sehen. Es vermischte sich mit der Asche und dem Schleim. »Und du?«
    »Nichts passiert.« Sie klang erstaunlich gelassen, fast schon fröhlich. »Hast du gesehen, wie schnell die war? Wenn ich nicht daran gedacht hätte, dass der Kamm …« Sie unterbrach sich. Einen Augenblick lang sagte sie gar nichts, dann begann sie plötzlich zu schluchzen und sackte neben ihm zusammen.
    »Oh mein Gott, oh Gott, wie entsetzlich! Was war das? Franz, was war das für eine schreckliche Frau?«
    Er setzte sich auf und nahm Sissi in die Arme. Ihre Tapferkeit beeindruckte ihn. Sie hatte ihm die Existenz gerettet. Kein Wunder, dass sie nach so einem furchtbaren Erlebnis zusammenbrach.
    Beruhigend strich er ihr über das lange Haar. »Du musst keine Angst mehr vor ihr haben. Sie ist ja fort.«
    Sissi hielt sich an ihm fest. Sie zitterte. »Aber wer war sie? Was wollte sie von uns?«
    »Es war bestimmt eine Verrückte. Ein paar Kilometer entfernt von hier gibt es eine Anstalt. Da muss sie ausgebrochen sein.«
    Es gab keine Anstalt in der Nähe, aber das wusste Sissi ja nicht. Er spürte, wie sie nickte, während er sie streichelte.
    »Und wieso ist sie …«, Sissi schluckte, »… geplatzt?«
    Franz-Josef zögerte. »Vielleicht, weil sie krank war?«
    Sissi barg ihr Gesicht an seine Schulter und schluchzte. Es klang beinah so, als lache sie.

 
    KAPITEL NEUN
    Die Kinder Echnatons glauben nicht, dass der gleiche Gott, der die Vampire erschuf, auch die Menschen erschaffen hat. Der Gedanke erscheint ihnen blasphemisch. Um fruchtlosen und langwierigen Debatten über den Ursprung beider Völker aus dem Weg zu gehen, hat es sich als praktisch erwiesen, allen Göttern, die nicht der Gott der Vampire sind, Respekt zu bezeugen. Dies mag Neulingen seltsam vorkommen, doch wer in den Orden hineingeboren wird, betet mit der gleichen Inbrunst zu den Göttern, die unsere Schöpfer sein könnten, wie andere zum Gott der Vampire.
    – Die geheime Geschichte der Welt von MJB
    Sissi gelang es nur mit Mühe, Franz davon abzubringen, sie nach Hause zu begleiten. Sie wollte weder, dass sie zusammen gesehen wurden, noch dass er erfuhr, wo sie lebte. Obwohl sie die halbe Nacht miteinander geredet hatten, wusste Sissi nicht mehr über ihn als zuvor. Er hielt sein Leben vor ihr geheim. Es erschien ihr nur gerecht, umgekehrt dasselbe zu tun. Sosehr sie ihn auch mochte und sich zu ihm hingezogen fühlte.
    Wer bist du?, dachte sie, als sie durch den Efeu zu ihrem dunklen Zimmer hinaufkletterte. Warum gibst du nichts von dir preis?
    Das Fenster stand immer noch offen. Sie stieg hindurch, setzte sich auf einen Hocker und zog ihre Stiefel aus. Es polterte, als sie sie achtlos in eine Ecke warf.
    Auf ihrem Bett fuhr eine Gestalt in die Höhe. »Sissi?«, fragte eine verschlafene Stimme.
    »Néné?« Sissi stand auf. Sie war sich sicher, im richtigen Zimmer zu sein. »Was machst du denn hier?«
    Sie hörte, wie ihre Schwester ein Streichholz anriss. Eine kleine Flamme tauchte ihr Gesicht in gelbliches Licht, dann zündete Néné die Kerzen auf dem Nachttisch an. Sie trug einen Morgenmantel über ihrem dünnen Nachthemd.
    »Ich wollte dir etwas von unserem Nachtisch abgeben«, sagte Néné, während sie sich aufsetzte. »Mutter sagte zwar, man solle dich bei Wasser und Brot halten wie eine Verbrecherin, aber das fand ich zu streng.« Sie nahm einen in eine Serviette eingeschlagenen Teller vom Nachttisch und streckte ihn Sissi entgegen. »Hier. Das ist Kuchen aus Wien.«
    Sissi spürte auf einmal, wie hungrig sie war. »Was würde ich nur ohne dich machen?«, sagte sie grinsend und setzte sich neben Néné aufs Bett. Gierig packte sie den Teller aus. Zwei Kuchenstücke

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