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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Menschen ließen sich nicht betören.
    Er ging an den geschlossenen Türen des Ballsaals vorbei und wollte gerade zu dem Trakt abbiegen, in dem sich Sophies Gemächer befanden, als er Geräusche hörte – ein Poltern, Klirren und Murmeln. Es kam aus dem Ballsaal.
    Franz-Josef blieb vor einer der Türen stehen und lauschte. Sein Gehör war besser als das eines Menschen, aber die Türen bestanden aus einem halben Meter massivem Holz und waren auf der Innenseite zusätzlich mit schweren Vorhängen verkleidet. Sophie benutzte den Saal auch für politische Gespräche, bei denen Zuhörer unerwünscht waren.
    Franz-Josef öffnete die Tür einen Spaltbreit und zuckte zusammen, als Musik, Stimmengewirr und starker Eisengeruch ihm entgegenschlugen. Hunger zog seinen Magen zusammen. Seit der vergangenen Nacht hatte er nicht mehr getrunken.
    Er schob den schweren Stoff zur Seite und ließ den Anblick, der sich ihm bot, einen Moment lang auf sich wirken.
    Gut zwei Dutzend Vampire hielten sich in dem Saal auf. Zigarrenrauch hing wie eine Nebelbank über ihnen. In einer Ecke standen menschliche Musiker, die ihre Instrumente mit dem entrückten Blick Betörter spielten. Pierre hockte hinter einem Geiger am Boden und trank Blut aus dessen Oberschenkel. Der Mann schien ihn nicht einmal zu bemerken.
    Eine kleine Gruppe Adliger hatte sich unter einem Kronleuchter versammelt, auf den jemand ein totes Schwein geworfen hatte. Blut tropfte aus seinen Wunden auf Gesicht und Kleidung der Vampire. Zwischen ihnen am Boden hatte sich eine Blutlache gebildet, in der sich eine ältere, übergewichtige Vampirin suhlte. Ferdinand saß etwas abseits von ihnen an einem Tisch und spielte Schach. Auf dem Stuhl ihm gegenüber lag eine Melone. Ab und zu sah er von dem Brett auf und sagte etwas zu ihr.
    Eine Vampirin, die Franz-Josef nicht kannte, tanzte vor den Musikern mit einem nackten Diener, der aus dem Hals blutete und immer wieder in den dunklen Pfützen am Boden ausrutschte. Einige andere sahen ihr zu.
    »Hey, Kaiser!«
    Franz-Josef drehte sich um und sah, wie Edgar die Zofe, von der er getrunken hatte, fallen ließ und mit unsicheren Schritten auf ihn zukam. In einer Hand hielt er eine halb volle Schnapsflasche. Alkoholisierte Menschen gaben ihren Rausch mit ihrem Blut weiter.
    Edgar blieb vor ihm stehen. »Willst du sie weiter abfüllen?«, fragte er. »Ich überlasse sie dir, wenn du willst. Sie hat genau den richtigen Pegel.«
    »Nein, danke.« Franz-Josef blickte sich um. »Hast du Sophie gesehen?«
    Auch untereinander redeten sie sich nur mit den Namen an, die sie in der Öffentlichkeit verwendeten. Das half, Fehler zu vermeiden.
    Edgar lachte. »Glaubst du etwa, dass wir so feiern würden, wenn sie hier wäre? Da hätten doch alle einen Stock im Arsch.«
    Das stimmte allerdings. Sophies Anwesenheit lockerte niemals die Stimmung auf. Zumindest aber wäre sie so klug gewesen, keine Blutorgie in einem Saal zu feiern, der in nur wenigen Stunden für einen Ball geschmückt werden sollte – von menschlichen Dienern, die ausnahmsweise die Residenz betreten durften.
    Nicht mein Problem, dachte Franz-Josef. Er sah Edgar an. »Ich muss leider zu Sophie. Es gibt bis heute Abend noch viel zu regeln.«
    Er wollte sich abwenden, aber Edgar legte ihm die Hand auf die Schulter und stützte sich schwer auf.
    »Hab schon gehört, dass du heiraten wirst.« Er schüttelte den Kopf. »Ich würde mir eher die Eckzähne abfeilen, als mich zu einer Menschenfrau ins Bett zu legen. Aber wer dank Sophies Gnaden den Kaiser spielen darf, muss wohl gewisse Kompromisse eingehen.«
    »Ich spiele den Kaiser nicht. Ich bin der Kaiser.«
    Sie wussten beide, dass das eine Lüge war.
    »Dann heiratest du sie also freiwillig.« Edgar hob die Schultern. »Dass du eine Vorliebe für Menschenfrauen hast, haben wir ja gestern Nacht schon gesehen.«
    »Ich habe keine Vorliebe für Menschenfrauen!« Die Bemerkung traf Franz-Josef tiefer, als er gedacht hätte. Einige Vampire drehten sich zu ihm um. Er hatte zu laut gesprochen.
    »Na, bravo!«, rief Ferdinand.
    Franz-Josef schüttelte Edgars Hand ab, ging zur Tür und schlug sie hinter sich zu. Die plötzliche Stille hallte in seinen Ohren wider.
    Ich bin nicht so schwach, wie er glaubt. Ich könnte jede Vampirin haben, wenn ich nur wollte. Er zögerte, bevor er den Gedanken zu Ende brachte. Aber ich will nicht.
    Der Leibwächter, der vor Sophies Gemächern stand, verschwand im Innern, als er Franz-Josef kommen sah. Kurz darauf

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