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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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tauchte er wieder auf und verneigte sich. »Die Erzherzogin ist bereit, Sie zu empfangen.«
    »Das sollte sie besser auch. Ich bin der Kaiser. Ich kann sie aufsuchen, wann immer ich will.«
    Seine Wut prallte an dem Vampir ab. »Wie Sie meinen.«
    Franz-Josef betrat den kleinen Salon, in den sich Sophie meistens zurückzog, wenn der Morgen nahte. Seine Stiefel versanken in den dicken Teppichen. Auf der fast zwei Meter langen Landschaftsmalerei, die über dem Kamin hing, war eine mondbeschienene Ebene zu sehen, über die riesige Elefanten zogen. Im Hintergrund stand ein Turm. Franz-Josef hatte Sophie einmal nach diesem Bild gefragt, aber sie hatte nur ausweichend geantwortet. Es schien ihr jedoch wichtig zu sein, denn sie ließ es jedes Jahr aus Wien in die Sommerresidenz bringen.
    Karl stand seitlich vor dem Kamin, den rechten Ellenbogen auf den Sims gelegt, den Rücken kerzengerade. Die Knöpfe seiner dunklen Uniform waren poliert, die Ordensleiste an seiner Brust so groß, dass Franz-Josef befürchtete, der Stoff würde nachgeben. In der linken Hand hielt er ein Buch, aber sein Blick war in die Ferne gerichtet. Es sah aus, als wolle er sich porträtieren lassen.
    Und genau das war der Fall, erkannte Franz-Josef, als er zur Seite blickte und die Staffelei entdeckte. Der Vampir, der dahinter stand, trug einen mit Farbklecksen übersäten Kittel und hielt einen Pinsel in der Hand. Sein Gesicht wirkte verbissen. Die Spitze seiner Zunge ragte über die Lippen. Er schien keine Freude an seiner Arbeit zu haben.
    Franz-Josef warf einen Blick auf das Porträt, während er darauf wartete, dass Sophie, die auf dem Sofa saß und stickte, ihn begrüßte.
    Das Bild war schlecht, wie er es erwartet hatte. Niemand hatte eine Erklärung dafür, dass es unter Vampiren keine guten Künstler gab.
    Sophie legte ihre Stickerei neben sich aufs Sofa. »Du wirkst ungehalten«, sagte sie.
    »Ich bin nur müde.«
    »Hast du schon getrunken?«
    Er schüttelte den Kopf. Sophie läutete die kleine Glocke, die vor ihr auf dem Tisch stand. Ein Diener trat aus dem Nebenraum ein und stellte ein Tablett mit drei Teetassen und einer großen Kanne auf den Tisch. Er goss etwas Blut in jede Tasse, dann zog er sich wieder zurück.
    Franz-Josef runzelte die Stirn. Sophie hatte in seiner Gegenwart kein Wort gesprochen. Woher also hatte der Diener gewusst, was er tun sollte?
    Er schob den Gedanken beiseite, als Sophie ihn mit einer Geste aufforderte, sich zu setzen.
    »Was führt dich heute zu mir?«, fragte sie. »Hat schon wieder jemand die Vermessenheit besessen, dich umbringen zu wollen?«
    Karls Mundwinkel zuckten.
    »Um ehrlich zu sein, ja.« Franz-Josef genoss die Überraschung auf Sophies Gesicht. Betont langsam trank er das heiße Blut aus seiner Tasse. Es schmeckte jung und frisch, aber noch etwas war darin, was er nicht einordnen konnte.
    »Ein wenig Chinese«, sagte Sophie, ohne dass er fragen musste. »Der Geschmack ist sehr angenehm, wenn man sich daran gewöhnt hat.«
    »Ja, das ist er.« Franz-Josef wartete, aber Sophie sprach ihn nicht auf seine erneute Begegnung mit dem Tod an. Es war ein Machtspiel. Sie wollte kein Interesse an etwas bekunden, was ihm widerfahren war. Also zwang sie ihn, ohne Aufforderung davon zu sprechen.
    Er schluckte seinen Stolz herunter. »Es war eine wilde Vampirin«, sagte er. In Gedanken sah er sie wieder vor sich stehen, in all ihrer Verlorenheit. »Ich glaube nicht, dass sie mich wirklich töten wollte. Eher, dass sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte.«
    Sophie stellte ihre Tasse auf den Tisch und tupfte sich mit einem Seidentuch das Blut von den Mundwinkeln.
    Karl schickte den Maler mit einem Kopfnicken aus dem Salon und setzte sich zu ihnen. »Ich dachte, ihr hättet sie gestern Nacht schon gejagt«, bemerkte er.
    »Nein. Der Vampir, den wir gestern gejagt haben, ist uns entkommen. Die Vampirin von heute habe ich getötet.«
    Es war nicht ungefährlich, Sophie anzulügen. Sie neigte dazu, Lügen aufzuspüren und so lange nachzubohren, bis sie die Wahrheit herausfand. Doch dieses Mal fragte sie nicht nach. Stattdessen warfen sie und Karl sich einen kurzen Blick zu.
    »Das sind vier wilde Vampire in nur zwei Tagen«, stellte Sophie fest.
    »Vier?« Von den anderen hatte Franz-Josef nichts gehört.
    »Es sind noch zwei in Hessen aufgetaucht.« Karl roch an dem Blut in seiner Tasse und verzog das Gesicht. »Wir haben eben ein Telegramm erhalten.«
    »Aber ich dachte, sie seien fast ausgestorben.«

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