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Sister Sox

Titel: Sister Sox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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Carmello, babbo, begann er seine kurzen Ausführungen.
    Nachdem gesagt worden war, worum ich ihn gebeten hatte, beendete ich das Gespräch.
    – Den Rest der familiären Auseinandersetzung macht ihr selber ab.
    Resigniert, mit hängenden Schultern saß Dimauro da.
    – Hallo Signore, sagte ich, er lebt, ist gesund und in Sicherheit. Das ist eine gute Nachricht. Aber jetzt hören Sie sich mal meine Geschichte an.
    Ich begann zu erzählen. Zwischendrin brachte uns Sabatino Kaffee und Wasser. Er klopfte mir kumpelhaft auf die Schultern. Aber bis ich diesem Verräter wieder einen freundlichen Blick schenkte, musste noch deutlich mehr passieren. Es stimmte mich mehr als zuversichtlich, dass Dimauro einen feinen Grappa orderte und mich wie einen Bruder umarmte. Ich durfte also hoffen, dass die Vendetta gegen mich aufgehoben war. Bedauernd schüttelte Dimauro den Kopf.
    – Wie soll ich Ihnen das erklären? Wir arbeiten hier vollkommen unabhängig. Unsere Geschäfte sind bis ins Detaillegal und sauber. Das ist das Prinzip. Wenn jemand von Italien aus losgeschickt wird, auch wenn es darum geht, uns hier zu helfen, dann handeln diese Personen auf eigene Faust. Wir haben keinerlei Einfluss auf irgendjemand. Wir wissen noch nicht einmal, um wen es sich handelt.
    Ich setzte den anmutigen Grappakelch krachend aufs Rauchglas.
    – Dann bemühen Sie Ihren heißen Draht oder was Ihnen sonst zur Verfügung stehen mag. Keiner kann ein Interesse daran haben, dass ich mit meinen Erkenntnissen hausieren gehe, um das abzustellen.
    Ich hatte den Eindruck, tauben Ohren zu predigen. Als ich meine Kutte raffte und ging, war die Verabschiedung durch die Herren sentimental und tränenselig, als sei ihnen das Bedauern über meinen unglücklichen Tod schon ins Gesicht geschrieben. Ave Cäsar, moriturus te salutat!

39
    Auf dem Weg zu meinem Laden fiel mir ein, dass ich dringend mit Julius knutschen musste. Der arme Kerl konnte seit einiger Zeit nicht mehr kapieren, was eigentlich gespielt wurde. Das ganze Ausmaß seiner Angst wurde mir klar, als ich den Hinterhof betreten wollte. Die Tür war abgeschlossen. Ich klingelte, und Julius meldete sich über die Sprechanlage.
    – Endlich, sagte er. Ich habe ziemlich lange auf dich gewartet. Wo warst du eigentlich?
    Julius hauste inzwischen wie ein Maulwurf. Die Fenster waren verrammelt, und seine Tür war abgesperrt. Ich öffnete sämtliche Luken nach draußen und gab ihm einen kurzen Bericht, in einer für ihn und sein Nervenkostüm verträglichen Form. Das reichte, um ihm deutlich zu machen, dass zwar die Russen auf die Italiener und umgekehrt einschlugen, dass aber niemand ihn auf der Rechnung hatte. Julius atmete tief durch und schien einer schweren Last ledig. Erst jetzt betrachtete er mich genauer.
    – Was haben sie eigentlich mit dir angestellt und warum trägst du eine Kutte?
    – Pscht, machte ich. Lassen wir das. Halten wir einfach fest, dass du aus der Sache raus bist.
    Julius sah mich zweifelnd an.
    – Hast du ein Telefonbuch für mich?
    – Was brauchst du?
    – Rocket Records . Die Adresse.
    Julius’ Keyboard klapperte.
    – Dachauer Straße 671. Das ist jwd. Offenbar Höhe MAN.
    – Ach du Scheiße. So eine miese Adresse.
    Bevor Julius Fragen stellen konnte, legte ich noch mal den Finger auf den Mund und verabschiedete mich.

40
    Die Dachauer Straße bezeichnet den Weg, den der Dachauer Bauer nehmen musste, um seine Kartoffeln schnurgerade in die Münchner Innenstadt zum Viktualienmarkt zu karren. Heute fährt man wie auf einem amerikanischen Boulevard Kilometer um Kilometer dahin und kann sich an den links und rechts aufgereihten Einkaufszentren und Tankstellen erfreuen. Kurz vor Karlsfeld verändert die Dachauer ihren Namen in Münchner Straße. Nun hat der Gegenverkehr mit seinen Orientierungswünschen die Oberhand gewonnen. An dieser Nahtstelle sind die beiden Münchner Industrieschmuckstücke MAN und mtu angesiedelt, in denen seit fast einem Jahrhundert mit Erfolg Kriegsgerät für aller Herren Länder gefertigt wird. Ich parkte meinen Bus und wollte den Rest zu Fuß gehen. Jeder Ordensmann mit Ausnahme von Pater Leppich würde in dem angegammelten Gefährt wie ein bunter Hund wirken. Ich stellte den Wagen ein wenig ins Gebüsch, steckte den Totschläger, sicherheitshalber auch die Hundegerte in die Kutte und marschierte los.
    Schon bald war ich in einem Gequirle von Mädchen, die in großen Gruppen, singend und tanzend, in meiner Richtung gingen. Der Karlsfelder, der sich mit

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